Stahlklau bei Benteler: Tadel für Paderborner Firma und milde Strafen für Angeklagte

Paderborn. In Strafprozessen fällt gemeinhin kein böses Wort über Menschen, Firmen oder Institutionen, denen Unrecht angetan wurde. Das Sprechen über eine mögliche Mitschuld oder gar Vorwürfe haben hier eigentlich keinen Platz. Anders im Fall der vier Männer, die sich seit sechs Monaten vor der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn verantworten müssen. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft vor, innerhalb von vier Jahren über 4.500 Tonnen Stahl der Firma Benteler auf eigene Kappe nach Holland verkauft zu haben. Nach umfangreicher Beweisaufnahme gibt es für die Angeklagten milde Strafen, für das Großunternehmen aber Tadel von allen Seiten. Wie berichtet, hatten Ende April die vier Männer reinen Tisch gemacht und genau geschildert, wie sie von 2012 bis 2015 Stahlrohre, die bei der Bentelerschen Produktion als Ausschuss angefallen waren, nach Holland schafften und zugunsten des eigenen Portemonnaies verkaufen konnten. Dabei hatten sie in dem Großkonzern augenscheinlich beste Bedingungen vorgefunden. Denn dort lagen frisch produzierte Stahlrohre, die nicht die Qualitätskontrolle passierten, einfach so als Schrott herum, wie Zeugen bekundeten. Eine Inventarisierung habe nicht stattgefunden, so Oberstaatsanwalt Thomas Heinz in seinem Plädoyer. Das hatten lange vor dem Quartett augenscheinlich bereits andere Personen festgestellt und ausgenutzt, um einen lukrativen, aber illegalen Handel zu betreiben. &bdquo;Die Angeklagten“, betont Heinz, &bdquo;haben das System nicht erfunden, sondern es nur professionalisiert“. Tatsächlich fiel es Robin B. (Namen geändert) als Mitarbeiter eines für die Benteler-interne Logistik verantwortlichen Unternehmens besonders leicht, die für einen Abtransport notwendigen Papiere zu erstellen, indem er ganz einfach alte Transportscheine erneut ausdruckte. Und sicherlich hatte er in dem Schrotthändler Emil L. einen versierten Mitstreiter gefunden, der in Holland einen geeigneten Abnehmer ausmachte und Fahrer für die Touren gewann. Auch Lastwagenfahrer Gerd T. und Spediteur Marten C. trugen zeitweise dazu bei, dass Stahl im Wert von insgesamt rund 900.000 Euro Richtung Holland verschwand. Möglicherweise wurden dem Unternehmen Kosten erspart Doch immer wieder kommen an diesem letzten Tag der Verhandlung die Beteiligten auf Firma Benteler zu sprechen. Dort war man nämlich erst durch Ermittlungen des Zolls darauf aufmerksam gemacht worden, dass Stahl aus Paderborn in großen Gebinden auf einem holländischen Schrottplatz verkauft wurde, hatte aber nicht mit Unterstützung der Ermittlungen geglänzt. &bdquo;Da hätte mehr kommen können“, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Heinz, während Verteidiger Martin Mauntel präzisiert, das Verfolgungsinteresse bei Benteler sei &bdquo;gleich null“ und die Zeugenaussagen der Verantwortlichen des Unternehmens eine &bdquo;Frechheit“ gewesen. &bdquo;Gelegenheit macht Diebe“, bilanziert Verteidigerin Carina Tofall. Sie fragt sich, wie es habe sein können, dass der Schwund eine so lange Zeit unbemerkt geblieben sei. Anscheinend habe sich niemand dafür interessiert. Ihr Kollege Mauntel vermutet gar, dass durch die illegalen Geschäfte dem Großkonzern möglicherweise sogar die Kosten für Transport und Aufarbeitung des Stahlschrotts erspart geblieben seien. Umfängliche Geständnisse Auch das Gericht kommt in der Urteilsbegründung auf das &bdquo;fehlende Strafverfolgungsinteresse“ des Unternehmens Benteler zu sprechen. Dieser Aspekt müsse den Angeklagten zugutegehalten werden, ebenso wie das umfängliche Geständnis, das jeder der Männer ablegte, nachdem ihnen milde Strafen in Aussicht gestellt worden waren. Es habe sich &bdquo;am Ende herausgestellt, dass manches nicht so war, wie man anfangs hätte vermuten können“, sagt die Vorsitzende Richterin Anne Zacharias. Und so erklärt sich auch, dass alle Angeklagten zu Bewährungsstrafen zwischen zwölf und 23 Monaten verurteilt werden. Davon sollen zwei Monate bereits als verbüßt gelten, sagt Zacharias, weil sich das Verfahren über viele Jahre hingezogen und die Angeklagten entsprechend stark belastet habe. Als Bewährungsauflage müssen Robin B. 30.000 Euro und Emil L. 10.000 Euro auf ihre jeweilige Steuerschuld bezahlen, sie hatten nämlich ihre illegalen Einnahmen vor dem Fiskus verborgen. Der Rentner Gerd T. hat 120 Sozialstunden abzuleisten, während der Spediteur Marten C. 2.000 Euro an eine soziale Einrichtung zahlen muss.

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