"Unbefriedigend und unfassbar": Schüler aus Paderborn über Ausfall der Abiprüfungen

Paderborn. Justus Ruppel macht sich gerade sein Abendbrot, als er erfährt, dass seine erste Abiklausur am nächsten Tag ausfallen wird. Sein Vater hatte davon im Netz gelesen. Justus Ruppel, Stufensprecher der Q2 an der Heinz-Nixdorf-Gesamtschule in Paderborn, schreibt sofort seine Lehrer an und fragt nach. Ein paar Minuten später, gegen 20.45 Uhr, erreicht dann alle Schülerinnen und Schüler seiner Schule per Teams die offizielle Nachricht: Die Abiprüfungen am nächsten Tag finden nicht statt. Ruppel hätte am Mittwoch eine Informatik-Klausur geschrieben, er hatte sich den ganzen Tag darauf vorbereitet. "Ich war aber nicht so bestürzt wie manch andere Mitschüler, weil ich so einen Tag mehr für meine nächste Klausur in Sozialwissenschaften lernen konnte. Das war mir persönlich lieber", sagt er. Doch die Reaktionen im Whatsapp-Chat seiner Mitschülerinnen und Mitschüler waren negativer. "Viele haben sich sehr über das Schulministerium aufgeregt", erzählt er. Für die Mitschüler beispielsweise, die sich auf die besonders lernintensiven Biologie-Klausuren vorbereitet hätten, sei das ein Schlag in die Magengrube gewesen, sagt er. Zumindest sei die Kommunikation zwischen Schule und Schülerinnen und Schülern schnell und gut gewesen. Unbefriedigender Vorgang Ein guter Informationsfluss zwischen Ministerium und Schulen sieht aber offenbar anders aus. Als "unbefriedigend" bezeichnet Eva Sprenger, Leiterin des Gymnasiums Schloß Neuhaus, den Vorgang. Sie hätte sich eine frühere Deadline für eine verbindliche Entscheidung gewünscht. Peter Lütke Westhues, Leiter des Pelizaeus-Gymnasiums, bewertet die Situation aus Schülersicht als problematisch. Viele hätten bereits nachmittags durch Medienberichte mitbekommen, dass es ein Problem mit den Abiklausuren gibt. "Um 20.30 Uhr nicht zu wissen, ob die Prüfung stattfindet, ist natürlich eine belastende Situation", sagt er. An seiner Schule seien 96 Schülerinnen und Schüler von dem Ausfall betroffen gewesen, auch sie wurden erst gegen 20.45 Uhr informiert. Lars Schröder, Schulleiter der Heinz-Nixdorf-Gesamtschule, berichtet, dass die von den Abiklausuren betroffenen sieben Lehrerinnen und Lehrer den ganzen Tag in der Schule ausgeharrt hätten. Mehrere E-Mails vom Ministerium hätten sie immer wieder auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet, in der Hoffnung, dass doch noch alles funktioniere. "Viele freie Tage zum Verschieben gibt es nicht" "Die Kommunikation ist unglücklich gelaufen", sagt Schröder. Zwar hätten einige Schulen in Paderborn das Material herunterladen können. Aber die Aufgaben dann direkt weiterzugeben, sei nicht erlaubt. "Wir hoffen, dass es beim zweiten Mal besser läuft", sagt Schröder. "Denn viele freie Tage zum Verschieben gibt es nicht." Luca Fortmeier, Schüler der Friedrich-Spee-Gesamtschule und Stadtjugendratsvorsitzender, hatte von den Schwierigkeiten beim Download des Prüfungsmaterials zunächst nichts mitbekommen. Er hätte eine Biologie-Klausur geschrieben. Als die offizielle Meldung kam, dass die Prüfung nicht stattfindet, habe er sich ein wenig gefreut. "Für mich bedeutete es einfach zwei Lerntage mehr", sagt er. Doch viele andere Mitschülerinnen und Mitschüler, deren Lernpläne durchkreuzt wurden, stünden nun gewaltig unter Druck. "Und das alles ohne ein Wort der Entschuldigung", fügt er hinzu. Die Nachricht vom Schulministerium über den Ausfall hätte aus seiner Sicht früher kommen müssen. Aus der Coronazeit nichts gelernt In diesem Zusammenhang erinnert er sich an das Krisenmanagement des Schulministeriums der vergangenen Jahre während der Corona-Pandemie. "Es ist typisch", sagt er im Hinblick auf die kurzfristige Informationspolitik. "Es sieht so aus, als hätten die Verantwortlichen aus dieser Zeit nichts gelernt." Fortmeier schreibt am Freitag, 21. April, die Nachholklausur in Biologie. Die Woche darauf stehen am Mittwoch Deutsch und am Freitag Englisch an. Er will das Beste aus der Situation machen. "Ich werde den gewonnenen Tag zum Lernen nutzen und noch die ein oder andere Nachtschicht einschieben." Doch alles in allem sei das "unfassbar". Für den zweiten Prüfungstag am Donnerstag, 20. April, scheinen die Zeichen besserzustehen: Am frühen Nachmittag des Vortags vermelden das Gymnasium Schloß Neuhaus und die Heinz-Nixdorf-Gesamtschule erleichtert: "Es hat funktioniert."

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