Nur wenige Männer länger in Elternzeit - dieser Paderborner zeigt, wie es klappen kann

Paderborn. Männer in Elternzeit bleiben die Ausnahme. Der Grund dafür sei das Geld, vermuten alle bei der Recherche befragten Eltern und Expertinnen. Ein Vater berichtet, wie seine Entscheidung für die Elternzeit gefallen ist und ob er in seiner Rolle glücklich geworden ist. Kai Aßmann war 42 Jahre alt, als er sich entschied, für mehrere Jahre in Elternzeit zu gehen. Als Softwareentwickler und Projektleiter reiste er für den IT-Dienstleister Atos um die Welt. Vor über 20 Jahren hatte er seine Ausbildung bei dem Unternehmen - damals noch Nixdorf - gemacht und seitdem einen sicheren Arbeitsplatz gehabt. Die Elternzeit würde einen Einschnitt in seine Erwerbsbiografie bedeuten. "Das war mir völlig klar, es war eine bewusste Entscheidung", sagt er. Denn: "Wer Elternzeit nimmt, bekommt keine leitende Funktion." Er sei früh viel in seinem Beruf gereist, habe viel gesehen. "Es war auch eine Entscheidung gegen das Hamsterrad." Das Geld entscheidet, wer in Elternzeit geht Doch eine solche Entscheidung muss man sich leisten können. Um genau zu sein, müssen sie sich die Frauen leisten können. Nach Angaben des Kreises Paderborn haben 2022 nur 272 Männer im gesamten Kreisgebiet eine Elternzeit genommen, die länger als zwei Monate dauerte. Geboren wurden im gleichen Jahr 3.070 Kinder, wie das Statistische Landesamt IT.NRW in einem Schätzverfahren ermittelt hat. Das bedeutet, dass Frauen immer noch mehrheitlich die Kinderbetreuung übernehmen, obwohl Väter seit Einführung des Elterngeldes 2007 das Recht auf Elternzeit bei Ihrem Arbeitgeber einfordern können. >>> Lesen Sie auch unseren Kommentar zur Elternzeit für Väter: "Vorreiter brauchen Mumm" Die Entscheidung, wer Elternzeit nimmt, wird zuallererst aus finanziellen Gründen getroffen. So äußern sich Eltern und Expertinnen einheitlich. "Fast immer verdienen die Männer mehr", sagt Linda Faber, Leiterin der Beratungsstelle Pro Familia in Paderborn. Zu ihr kommen Paare, die sich zum Thema Elterngeld beraten lassen wollen. Es kämen Menschen aus allen sozialen Schichten, aber besonders viele Gutverdienende. In den Beratungen sehe sie viel Überforderung mit dem Thema Elterngeld, weil es nicht so einfach zu verstehen sei. Aus ihrer Sicht ist das Elterngeld kein geeignetes Instrument, um Männern mehr Zeit mit ihren Kindern zu ermöglichen und Frauen nach der Geburt stärker in den Beruf zurückzubringen, wie es vom Bundesfamilienministerium mit der Einführung 2007 gedacht war. Die klassische Bezugsdauer des Basiselterngelds von 14 Monaten sei zu kurz und 65 Prozent des Nettogehalts zu wenig. Sie beobachte, dass Väter grundsätzlich bereit wären, mehr Elternzeit als die Minimallösung mit zwei Monaten zu machen, wenn die Frau mehr verdienen würde. Sie arbeitet sechs Wochen nach der Geburt wieder Bei Kai und Susanne Aßmann gab nicht nur das Einkommen den Ausschlag, dass Susanne Aßmann als Erste voll in den Beruf zurückkehrte. Kurz bevor ihr zweites Kind Franziska 2020 geboren wurde, hatte sie eine Zahnarztpraxis übernommen. "Die eigene Praxis konnte sie nicht einfach so schließen. Sie hat damit ja einen Versorgungsauftrag zu erfüllen", sagt Kai Aßmann. Außerdem habe seine Frau beim ersten Kind David eine zweijährige Elternzeit eingelegt. Das habe ihr nicht so gut gefallen. Also ging Susanne Aßmann sechs Wochen nach der Geburt wieder arbeiten. Zuerst vier Stunden am Tag, mittlerweile 40 Stunden in der Woche. Kai Aßmann ist mittlerweile im dritten Jahr Elternzeit. Und wirkt so zufrieden, dass es fast schon beneidenswert ist. Er ist mittlerweile wieder mit 20 Stunden als Projektleiter für seine Firma tätig, fast ausschließlich im Homeoffice. Franziska sei ein Flaschenkind gewesen und pflegeleicht, sagt er. Für ihn sei die Elternzeit eine positive Erfahrung: "Man kriegt einfach viel mehr vom Kind mit." Natürlich müsse er viel organisieren, sich um den Haushalt kümmern. Er genießt den Alltag mit Kind Auch sei es nicht immer leicht gewesen, seine Arbeitszeiten mit den Betreuungszeiten von Franziska zu koordinieren. "Es kam vor, dass ich mit Headset und Kind auf dem Arm hier auf und ab gelaufen bin, weil Franziska während eines Meetings aufgewacht war", erzählt er. Doch insgesamt sei die Zeit entspannt gewesen. Er habe es genossen, die Entwicklung des Kindes zu beobachten, alltägliche Dinge wie Einkaufen mit Franziska zu erleben. "Das habe ich vorher bei David nicht so gemacht", sagt er. Sein Umfeld habe auf die Elternzeit zunächst skeptisch reagiert. In seinem Umfeld kenne er keine Männer, die länger in Elternzeit gewesen sind. "Es gibt da schon Hürden, meist geht es ums Finanzielle", sagt er. Doch für ihn und seine Frau funktioniert ihr Modell gut. Seine Frau versuche, trotz Arbeit so viel wie möglich am Leben der Kinder teilzuhaben. Ihm sei der Ausgleich durch Arbeit und Sport sehr wichtig. Im August enden die drei Jahre Elternzeit von Kai Aßmann. Die wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden will er jedoch nicht wieder erhöhen.

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