"Vegan geht auch ohne Mängel": Tipps für vegane Ernährung bei Kindern

Paderborn. Beim Thema pflanzliche Ernährung bei Kindern gehen die Meinungen auseinander: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine rein vegane Ernährung für Kinder bisher nicht. Dass vegan auch für Kinder kein Problem ist, davon ist die Paderborner Ernährungsexpertin Claudia Padberg überzeugt - für eine ausgewogene pflanzliche Ernährung bei Kindern hat die 48-Jährige ein paar Tipps für Familien auf Lager. In erster Linie aus Tierschutzgründen hat Claudia Padberg vor elf Jahren beschlossen, sich vegan zu ernähren. Davor hat die zertifizierte Ernährungsberaterin 20 Jahre lang vegetarisch gelebt. "Ich habe mich dann unter anderem intensiv mit der Milchindustrie befasst und konnte das nicht mehr unterstützen", sagt sie heute. Ihr Mann und ihre Tochter (14) leben mittlerweile auch vegan, die Tochter bereits seit ihrem dritten Lebensjahr. Zu Grundschulzeiten gab es von anderen Eltern und Kindern deshalb auch Kritik: "Aber mittlerweile wissen die Leute, wie fit wir und unsere Tochter sind und dass wir vorbildliche Blutwerte haben", sagt die ehemalige saarländische Marathon- und Duathlonmeisterin. Einen wissenschaftlichen Beweis, dass vegane Ernährung per se gesünder ist, gibt es nicht. Trotzdem hat Padberg das Gefühl, dass die vegane Lebensweise die gesündere ist, wenn auf eine ausgewogene Ernährung und eine ausreichende Nährstoffzufuhr geachtet wird. "Man nimmt automatisch mehr Obst und Gemüse zu sich, wenn man sich vegan ernährt", sagt sie. Besonders wichtig sei das Vitamin B12 durch Nahrungsergänzungsmittel zu ersetzen. B12 kommt lediglich in tierischen Lebensmitteln, also beispielsweise in Fleisch oder Käse, vor. Möglich sei es außerdem, andere sogenannte "kritische Nährstoffe" wie beispielsweise Eisen und Zink zu supplementieren, den fehlenden Nährstoff also zu ergänzen. "Es geht aber auch ohne Supplemente, wenn man weiß, worauf man achten muss", sagt die Ernährungsberaterin. Padberg empfiehlt neben klassischen Ergänzungsmitteln zudem die Kombination aus Proteinen und Nüssen. "Gut sind Hülsenfrüchte wie Bohnen und Linsen, verschiedene Nusssorten sowie Vollkorn und Obst und Gemüse". Eltern von Kindern, die vor "Grünzeug" eher zurückschrecken, rät sie Folgendes. "Es ist wichtig, Gemüse und Obst trotzdem immer wieder anzubieten." Hilfreich könne es auch sein, die Kinder beim Kochen miteinzubeziehen: "Wenn sie beim Kochen oder Verarbeiten der Lebensmittel helfen, probieren sie auch eher mal von selbst", erklärt die 48-Jährige. "Sojamilch mehr Eiweiß als Hafermilch" Eltern, die ihre Kleinkinder vegan ernähren wollen, empfiehlt die Ernährungsberaterin Brei mit Vollkorn, Nussmuss oder auch pürierte Hülsenfrüchte. Bei ältere Kindern könne man sich langsam herantasten. "Beispielsweise kann man bei ohnehin vegetarischen Gerichten die Sahne und die Butter durch pflanzliche Alternativen ersetzen", weiß Padberg. Mögliche Snacks seien etwa geschälte Hanfsamen oder "Energy Balls", gesündere Süßigkeitenalternativen, die beispielsweise aus Nussmuss, Datteln, Haferflocken und verschiedenen Nüssen bestehen. " Auch Shakes kann man den Kindern anbieten und einfach die Kuhmilch durch Sojamilch ersetzen", sagt die Ernährungsberaterin. Sojamilch sei besser als beispielsweise Hafermilch, weil der Eiweißgehalt hier am höchsten sei. Ansonsten seien vegane Ersatzprodukte zwar zum Umstieg geeignet, aber nicht alle von ihnen nährstoffreich: "Käse-Alternativen enthalten kaum Eiweiß und sollten deshalb nicht 1:1 ersetzt werden", rät Padberg. Aber: "Vegane Wurstprodukte sind als adäquater Ersatz sehr gut geeignet und auch nährstoffreich. Teilweise sind sie sogar nährstoffreicher als normale Wurst." Auch bei Kinderarzt Sebastian Dick hat die "Neue Westfälische" beim Thema vegane Ernährung bei Kindern nachgefragt. Eltern, die sich bei dem Thema beraten lassen wollen, empfiehlt der Kinderarzt grundsätzlich eine enge Absprache mit einem Ernährungsberater oder einer Ernährungsberaterin. "Fest steht, dass Kinder nicht jeden Tag Fleisch brauchen", räumt der Mediziner ein. Dennoch sei die vegane Ernährung eine sogenannte "Mangelernährung". "Eisen und B12 müssen supplementiert und die Blutwerte regelmäßig gecheckt werden", sagt er. Blutabnahme keine Kassenleistung Dies sei jedoch keine Kassenleistung, betont er. "Wenn man das wirklich durchziehen will, muss man das auch konsequent machen", sagt er und weist auf eine ausgewogene Ernährung hin. Doch nicht jedes Kind lasse sich gleich gut für Gemüse und Obst begeistern und das Ganze habe dann etwas Zwanghaftes, so seine Bedenken. Aus seiner Sicht sei eine vegetarische Ernährung vollkommen ausreichend. Für Padberg hingegen ist die vegane Ernährung von Kindern nicht zwangsläufig mit Druck verbunden. "Die Kinder ziehen oftmals gerne mit, während eher die Eltern Bedenken wegen einer Mangelernährung haben", sagt sie. "Hier hilft eben der Austausch mit einer Ernährungsberaterin." Kindern, die etwa allergisch auf sämtliche Nüsse und zusätzlich auf Gluten reagieren, würde sie eher von einer veganen Ernährung abraten.

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