Stahldiebstahl bei Benteler: Kriminelle machen große Kasse

Paderborn. Vor fünf Jahren kam ans Tageslicht, dass in einem Großunternehmen über einen langen Zeitraum stattliche Bestände an Stahl vom Werksgelände verschwunden waren. Eine Gruppe von fünf Männer geriet unter den Verdacht, damit große Kasse gemacht zu haben. Jetzt beginnt die Aufarbeitung des Falles vor der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn. Auch sie wird wahrscheinlich einige Zeit in Anspruch nehmen - denn schließlich stehen 135 Taten an, die aufgeklärt und bewertet werden müssen. Der Saal 205 ist der größte im Landgericht. Doch die Prozessbeteiligten kann er nur mit Mühe fassen. Jeder der fünf Angeklagten ist mit zwei Verteidigern erschienen. Diese Doppelbesetzung hat das Gericht angeordnet, damit es weiter verhandeln kann, sollte ein Rechtsanwalt krankheitsbedingt ausfallen. Außerdem haben die Richter einen zusätzlichen Schöffen berufen, der alle Verhandlungstage verfolgen wird. Falls einer der zwei ehrenamtlichen Richter ausfallen sollte, kann er einspringen. Und so dauert es ein bisschen, bis alle ihren Platz gefunden haben und Oberstaatsanwalt Thomas Heinz mit der Verlesung der Anklage beginnen kann. Sie ist rund 60 Seiten stark, ist am Rande der Verhandlung zu erfahren. Den größten Teil nehmen Tabellen ein, in denen die einzelnen Taten aufgelistet sind. Heinz geht davon aus, dass zwischen 2012 und 2015 vom Betriebsgelände der Firma Benteler über 130 Chargen mit dem Gesamtgewicht von rund 4.553 Tonnen an Stahl verschwanden. Vertrauensstellung ausgenutzt Er ist der festen Überzeugung, dass ein Brüderpaar dafür falsche Transportscheine erstellt hat. Die beiden 40 und 46 Jahre alten Paderborner waren für ein Unternehmen tätig, das Benteler mit der internen Logistik beauftragt hatte. Laut Anklage hatten Barry und Robin B. (alle Namen geändert) die Berechtigung, Transportscheine zu erstellen, mit denen Material etwa zu anderen Standorten verbracht werden konnte. Diese Vertrauensstellung sollen die beiden ausgenutzt haben, um falsche Papiere zu erstellen. So sei es dann möglich gewesen, Stahl aus dem Lager abfahren zu lassen. Die teuere Fracht - laut Anklage meist Rohrbündel mit einem Gewicht von 32.000 Kilogramm - wurde jeweils anscheinend noch auf Paderborner Gebiet auf andere Lastwagen umgeladen und nach Holland zu einem Schrotthändler gebracht. Die Fäden im Hintergrund soll Emil L. gezogen haben. Er organisierte nach Auffassung der Ermittler die Transporte, die er auch schon mal im eigenen Auto begleitete. Der 44-Jährige soll einen heute 68 Jahre alten Paderborner für die Fahrten gewonnen haben. Ab Februar 2015 übernahm ein 42 Jahre alter Transportunternehmer die Touren nach Holland. Laut Anklage wusste auch Marten C., dass er da in illegalem Auftrag unterwegs war. 1.700 Euro soll sein Betrieb pro Fahrt zu niederländischen Schrotthändler verbucht haben. Prozess wird im Dezember fortgesetzt Die Geschäfte gingen in bar über die Bühne, aber wohl unter Wahrung eines gewissen Scheins, ist doch in der Anklage die Rede davon, dass Emil L. zusammen mit dem Brüderpaar Barry und Robin B. eine Gesellschaft gründete, um den kriminellen Stahlhandel abzuwickeln. Steuern zahlte diese Firma indes nicht, ebenso wenig wie deren Gesellschafter. Auf über 430.000 Euro beziffert Oberstaatsanwalt Heinz den Schaden, der dem Fiskus entstand. Lesen Sie auch: Stahldiebe bei Benteler: Prozessauftakt in Paderborn Mit einem raschen Verfahren ist nicht zu rechnen. Die Angeklagten möchten sich zu den Vorwürfen zumindest zunächst einmal nicht äußern, wie ihre Verteidiger unisono mitteilen. Verteidiger Martin Mauntel, der Robin B. vertritt, geht mit der Anklage selbst hart ins Gericht. Mindestens 72 Taten seien verjährt, sagt er. Und außerdem böte die Anklage "zu wenig Konkretes, um eine Verteidigung zu führen". Die Taten seien nur tabellarisch aufgeführt, aber nicht konkret beschrieben worden, prangert Mauntel an. "Das kann so nicht durchgehen", findet er. Die 8. Große Strafkammer wird am Mittwoch, 7. Dezember, in die Beweisaufnahme einsteigen. Sie hat bis Ende Mai 18 weitere Verhandlungstage angesetzt.

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