Pandemie-Situation Mehr Patienten in den Krankenhäusern: Corona-Herbstwelle rollt durch Paderborn

Paderborn. Herbst Nummer drei mit Corona: Wie in den Vorjahren steigt im Kreis Paderborn wieder die Inzidenz. "Die Herbstwelle rollt an", sagt Christoph Robrecht, Regionalleiter und Hausoberer im Brüderkrankenhaus St. Josef. Dort, wie auch in den anderen Paderborner Krankenhäusern, sind die Auswirkungen zu spüren. Die Impfnachfrage steigt zudem. Die Corona-Zahlen Erstmals seit sechs Wochen wurde am Dienstag ein weiterer Todesfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus gemeldet. Eine Person aus Hövelhof ist verstorben. Die Zahl der Todesfälle steigt damit auf insgesamt 232. Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt dem Robert-Koch-Institut zufolge für den Kreis Paderborn 601,2 (Stand: 18. Oktober). Ulrich Polenz, Paderborner Arzt und Bezirksstellenleiter der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, blickt besorgt auf die aktuelle Situation. Zum einen, da in die Inzidenz nur PCR-Test-bestätigte Corona-Fälle einfließen. Aufgrund von Erfahrungen aus seiner Praxis schätze er die "tatsächliche Inzidenz" vier Mal so groß. Damit es nicht schlimmer werde, empfehle er dringend das Maskentragen. Zudem sei die Lage in den Krankenhäusern "dramatisch". Mehr Corona-Patienten Denn dort befinden sich nach Zahlen der Kreisverwaltung wieder mehr positiv getestete Patienten. 58 Menschen mit einer Corona-Infektion liegen derzeit in Krankenhäusern im Kreis Paderborn, drei Mal so viele gegenüber Ende September. Drei der Corona-Patienten befinden sich auf der Intensivstation (Stand: 18. Oktober). "Eine zunehmende Zahl an Patienten werden beim Aufnahmescreening 'herausgefischt'", sagt Martin Baur, Ärztlicher Direktor der St.-Vincenz-Kliniken, auf NW-Nachfrage. "Die Isolierstation ist schon seit vielen Wochen voll belegt." Im Brüderkrankenhaus muss etwa die Hälfte der Corona-Erkrankten aufgrund ihrer Infektion behandelt werden. Aber auch diejenigen, die mit anderen Grunderkrankungen kommen, müssen isoliert werden, sagt Christoph Robrecht. "Der Betreuungsaufwand für diese Patienten und der organisatorische Aufwand bleiben eine anspruchsvolle Herausforderung." Personalausfälle in den Krankenhäusern Eine weitere Herausforderung sind vermehrte Personalausfälle, von denen auf Anfrage neben dem Brüderkrankenhaus und den St.-Vincenz-Kliniken auch das St. Johannisstift berichtet. "Pflegepersonal und medizinisches Personal sind ein Spiegel der Gesellschaft und von den steigenden Infektionszahlen nicht ausgenommen", sagt St.-Johannesstift-Sprecherin Kristina Schütze. Im Brüderkrankenhaus etwa sind aktuell 13 Mitarbeitende unterschiedlicher Berufsgruppen in Quarantäne. Hinzu kommt der übliche saisonale Krankenstand. Insbesondere in Kitas kursierten derzeit Erkältungskrankheiten und Magen-Darm-Infekte, so Martin Baur von den St.-Vincenz-Kliniken. "Die personelle Situation im ärztlichen und pflegerischen Bereich ist anhaltend angespannt und die Arbeitsbelastung hoch." Vereinzelt verschobene Operationen Im Tagesgeschäft sei der Personalausfall zu spüren, heißt es aus den Krankenhäusern. "Einzelne OPs mussten bereits verschoben werden", sagt Baur. "In aller Regel findet die verschobene OP innerhalb der nächsten Tage statt. Dabei handelt es sich um planbare Eingriffe." Auch die anderen beiden Krankenhäuser sprechen von Einzelfällen, bei denen Eingriffe neu terminiert werden müssen. "Im OP- und Intensivbereich können wir die Ausfälle am schwierigsten kompensieren", sagt Kristina Schütze vom St. Johannisstift. "Dass dies belastend für die Patientinnen und Patienten ist, wissen wir und bedauern das sehr." Martin Baur betont für die St.-Vincenz-Kliniken, dass es aktuell zu keinen Engpässen in der Intensivmedizin käme. Impfpflicht ohne Auswirkungen Seit März gilt eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Auf die drei Krankenhäuser hatte sie bislang keine Auswirkungen, da keine Beschäftigungsverbote ausgesprochen seien, heißt es von allen drei Stellen. Brüderkrankenhaus-Sprecherin Simone Yousef ergänzt: "Im November bieten wir unseren Mitarbeitenden im übrigen Termine zur Boosterimpfung an. Auch die Grippeschutzimpfung hat bereits stattgefunden." Neuer Impfstoff am gefragtesten Auch außerhalb der Krankenhäuser geht das Impfen weiter, zum Beispiel in der Impfstelle in Salzkotten. "Die Termine, welche angeboten werden, sind sehr gut gebucht", sagt Kreis-Sprecherin Leah Laven auf NW-Nachfrage. Wöchentlich würden etwa 400 bis 500 Impfungen vorgenommen. Personen, die für eine Biontech-Auffrischungsimpfung kommen, haben seit ein paar Wochen die Wahl zwischen dem an die Omikron-Variante BA.1 angepassten Impfstoff und dem an die Omikron-Variante BA.4/5. Letztere sei überwiegend gefragt, so Laven. Das Angebot mit beiden Impfstoffen werde beibehalten. Eine zweite Auffrischungsimpfung erhalten in der Sälzerhalle nur Personen, die den Stiko-Kriterien entsprechen. Also gesundheitlich besonders gefährdete Menschen und das Personal in Medizin- und Pflegeeinrichtungen. Ob man selbst darunter fällt, können Bürgerinnen und Bürger über den Corona-Impfcheck unter www.infektionsschutz.de prüfen, empfiehlt Laven. Und: "Wer sich unsicher ist, kann sich vertrauensvoll an seinen Hausarzt wenden." Ulrich Polenz sieht die Hausärzte als die richtigen Ansprechpartner an. "Das Impfen ist mittlerweile eine ganz individuelle Entscheidung geworden", sagt er. Denn im dritten Corona-Herbst hätten die Menschen unterschiedliche Impf- und Genesenen-Hintergründe. Für eine Impfempfehlung "muss man über den Patienten Bescheid wissen", meint Polenz. Das könnten die Hausärzte besser als die Mitarbeitenden der Impfstelle. Er beobachte in seiner Praxis wieder eine gestiegene Impfnachfrage. Kreisverwaltung führt 40 aktive Teststellen Seit Juli sind die Bürgertests nicht mehr komplett kostenlos, in der Folge lassen sich weniger Menschen im Kreis Paderborn testen. Auch ist das Angebot an Teststellen kleiner geworden. Die Kreisverwaltung führt auf ihrer Internetseite www.kreis-paderborn.de/corona knapp 40 Teststellen, die aktuell geöffnet haben. Anmerkung: In einer früheren Version wurden an zwei Stellen versehentlich die Sprecherinnen Kristina Schütze und Simone Yousef den falschen Krankenhäusern zugeordnet. Dies haben wir korrigiert.

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