Ralf Kabelka: "Bei der Heute-Show kann ich dem Affen Zucker geben"

Herr Kabelka, Sie leben ja schon lange nicht mehr in Paderborn. Haben Sie trotzdem noch Verbindungen in die alte Heimat? Ralf Kabelka: Libori ist natürlich ein heiliger und fester Termin. Seit dem Abi 1984 am Reismann-Gymnasium haben wir eine Clique, die über all die Jahrzehnte befreundet geblieben ist. Mit denen treffe ich mich jedes Jahr vorm Theo an der Bierbude. Ich liebe einfach das mediterrane Flair, so wie dieses Jahr, wenn man nachts um vier Uhr stockbesoffen über den Kamp laufen kann. Dennoch haben Sie die Stadt recht früh verlassen... Nach dem Zivildienst habe ich es erst mit Jura in Bielefeld versucht. Nach einer Woche habe ich aber gedacht: 'Junge, schmeiß dein Leben nicht weg.' Dann bin ich nach Berlin, wo man natürlich standesgemäß Theaterwissenschaft und Publizistik studiert. Während des Studiums habe ich aber schon für Harald Schmidt in Köln gearbeitet. Irgendwann hat Schmidt gesagt, dass ich ganz bleiben soll. So eine Chance bekommt man so schnell nicht wieder. Daher lebe ich seit 1999 in Köln. Haben Sie noch Kontakt zu Harald Schmidt? Sie waren ja immerhin für drei Jahre sein Redaktionsleiter. Im Sommer ist auf Amazon Prime ein Format mit dem Namen One Mic Stand gestartet. Da war ich Head-Autor und da hat auch Harald Schmidt mitgemacht. Seitdem ich vor zehn Jahren bei ihm aufgehört habe, habe ihn nicht gesehen. Es war eine vergnügliche Sache, dass ich mal wieder mit ihm zu tun hatte. Versucht man eigentlich den inneren Ostwestfalen zu unterdrücken, wenn man so lange in der Comedyszene unterwegs ist? Ganz im Gegenteil. Man muss das pflegen, denn das ist ein kostbares Gut. Klar, die hektische Aufgeregtheit ist nicht so unsers. Aber wenn ich zum Beispiel auf irgendwelchen Demonstrationen bin, wo Aufgeregtheiten herrschen, hilft das, um mit den Leuten umzugehen. Außerdem habe ich den Eindruck, dass es eine gewisse Form von trockenem Witz gibt, die eigentlich ganz gut passt zur Comedy. Daher bin ich nach wie vor aus tiefstem Herzen Ostwestfale. Seit 2012 sind Sie nicht nur Autor bei der Heute-Show, sondern treten auch als Reporter vor der Kamera auf. Müssen Sie sich als Ostwestfale da nicht immer noch überwinden? Privat bin ich ein Typ, der sofort die Straßenseite wechselt, wenn irgendwo ein Fernsehteam eine Umfrage macht. Aber das bei der Heute-Show ist dann Job. Schalter umlegen und kamikazemäßig Augen zu und durch. Ich bin ja als Reporter, gerade auch durch die Kamera und das ZDF-Mikro, in einer Rolle. Bei der Heute-Show kann ich dem Affen Zucker geben. Als Reporter haben Sie viel mit Politikern zu tun. So wie im April beim Parteitag der FDP. Versuchen Lindner und Co. auch die Straßenseite zu wechseln, wenn Sie dort auftauchen? Ich weiß, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing dort die ganze Zeit vor mir geflohen ist. Man kann sich aber so hinstellen, dass er einem nicht mehr ausweichen kann und man seinen O-Ton bekommt. Es gibt aber auch Politiker, die es geradezu darauf anlegen, von der Heute-Show interviewt zu werden. Wolfgang Kubicki ist immer ein einfacher Gesprächspartner. Der ist dem Format gewogen. Man muss dann aber aufpassen, dass das nicht zu kumpelig wird. Und abseits der FDP? Es ärgert mich, dass es mir im Rahmen der Heute-Show nie gelungen ist, an Angela Merkel ranzukommen. Einmal stand ich zufällig an dem Seiteneingang, wo sie in den Bundestag reingekommen ist. Aber dann rennt man neben der her und bombardiert sie mit Fragen, aber sie geht stoisch weiter. Es gab mal einen Pressesprecher, der den Mitgliedern im Kabinett gesagt hat, dass sie uns lieber nichts sagen sollen. Wobei sich der ein oder andere aber nicht so richtig dran halten kann oder will. Karl Lauterbach ist ja fast schon ein Mitarbeiter unserer Show. Am schönsten ist es aber immer, wenn Politiker gar nicht wissen, dass sie vor einem Heute-Show-Mikrofon stehen und sich über die Fragen empören. Das bringt von der humoristischen Perspektive aus gesehen die schönsten Erträge. Geht Ihnen Satire angesichts der aktuellen Weltlage noch leicht von der Hand? Dafür ist Satire ja da, um die Wirklichkeit auf eine gewisse Art und Weise erträglicher zu machen. Ist ja auch eine gesunde Methode mit der ganzen Scheiße auf der Welt umzugehen. Über Kriegsopfer in der Ukraine macht man natürlich keine Witze. Aber bei den ganzen Begleiterscheinungen bei uns setzt der Comedy-Hebel an. Jetzt ist ja gerade die Frage, wo wird gespart, wer darf sparen und wer lässt es aber noch krachen? Wenn auf der einen Seite über zwei Minuten Duschen geredet wird und der Waschlappen wieder rausgeholt werden muss, auf der anderen Seite aber die Aktienkurse von Luxusartikelherstellern nach oben schießen. Ist schon lustig zu beobachten, wenn Christian Lindner von einer Gratismentalität spricht und dann den Leuten, denen es nicht so gut geht, einen auf den Deckel haut. Was müsste eigentlich passieren, damit sie zurück nach Paderborn ziehen? Vor dem Hintergrund der durch die Decke schießenden Strompreise müsste Paderborn ja bald dank der ganzen durch die Windräder reich gewordenen Bauern das neue Dubai werden. Wenn ich den ersten Paderborner Scheich sehe, überlege ich es mir, zurück an die Pader zu ziehen.

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