Ungewöhnlich: DLRG-Taucher suchen im Lippesee nach 90.000-Euro-Beinprothese

Paderborn. Den Ruderern auf dem Lippesee sowie den Besuchern des nahe gelegenen Salitos Beach bietet sich am Montagabend ein ungewöhnlicher Anblick: Boote pendeln regelmäßig von der Basis der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) am Ufer zu einem mit Bojen markierten Gebiet zwischen Strand und der größten Insel des Sees. Dort schwimmt eine mobile Einsatzplattform, von der aus die Suchaktion koordiniert wird. Im Wasser sind Taucher, die den Grund des Sees systematisch abtasten. "Zum Glück nicht nach einer vermissten Person", sagt Dominik Lossen, als er das rot-gelbe Motorboot der DLRG in Richtung des 50 mal 200 Meter großen Suchkorridors steuert. Der Technische Leiter Einsatz bei der DLRG Paderborn berichtet, dass am vergangenen Wochenende zwei Männer mit ihrem Stand-Up-Paddle-Board auf dem See unterwegs waren. Dabei seien sie umgekippt, wobei einer der beiden seine 15 Kilogramm schwere und rund 90.000 Euro teure Beinprothese in dem nun markierten Gebiet verloren hätte. Sechs Rettungstaucher sind im Einsatz "Der hohe Wert hat aber nichts mit der Suchaktion an sich zu tun", klärt Lossen auf. Ob die DLRG im See nach verlorenen Gegenständen suche, hinge vielmehr von der personellen Lage der ehrenamtlich tätigen Wasserretter ab. "In der Regel versuchen wir Dinge aber zeitnah zu finden. Im Stegbereich fischen wir zum Beispiel regelmäßig nach reingefallen Handys", sagt der 40-jährige Einsatzleiter. Tauchen nach einer Prothese ist für die Männer der DLRG aber tatsächlich Neuland. Dementsprechend groß ist der personelle Aufwand. 20 Kräfte sind an diesem Abend auf dem Lippesee im Einsatz. Unterstützt wird die Paderborner Ortsgruppe dabei von den Kollegen aus Delbrück. Unter ihnen Markus Fortmeier, der ebenfalls mit an Bord des von Dominik Lossen gesteuerten Bootes ist. Er ist einer von sechs Rettungstauchern, die sich bei der Suche abwechseln. Für 30 bis 35 Minuten reicht die Atemluft in der Flasche auf dem Rücken von Fortmeier. Nach dem Eintauchen ins Wasser folgt der Blindflug Viel länger dürfte der Tauchgang aber sowieso nicht dauern. Denn der Job ist anstrengend. Eine dicke Schlamm- und Sandschicht auf dem Grund erschwert die Arbeit. "Die Sicht ist auch aufgrund des aufwirbelnden Sandes auf dem Grund sehr schlecht", sagt Fortmeier, bevor er sich rückwärts vom Boot ins Wasser fallen lässt und von da an quasi im Blindflug unterwegs ist. Daher müssen sich die Taucher auf den sogenannten Leinenführer verlassen. Dieser sitzt auf einem Schlauchboot und führt den Mann unter Wasser anhand einer Leine durch das Suchgebiet. Zweimal an der Leine ziehen, heißt "nach links", dreimal ziehen "nach rechts". Das "gegen die Leine tauchen", um diese auf Spannung zu halten, kostet zusätzlich Kraft. Ist aber wichtig, da der Taucher so Zeichen geben kann, sollte er einmal in Not geraten. Für diesen Fall stehen Sicherungstaucher bereit, die an der Wasseroberfläche schwimmen und sofort eingreifen, wenn etwas schief gehen sollte. Mit Einbruch der Dunkelheit endet Suchaktion Als die Dunkelheit einbricht, beenden die Helfer der DLRG schließlich den Einsatz und kehren zu ihrer Basis ans Ufer zurück. Allerdings ohne die wertvolle Prothese im Gepäck. "Wenn es um Leben und Tod gehen würde, dann könnten die Taucher auch nachts suchen", erklärt Dominik Lossen. Ein Einsatz bei Dunkelheit berge jedoch immer auch ein Restrisiko. Und da kein Leben auf dem Spiel steht, geht die Einsatzleitung dieses Risiko nicht ein. Die Hoffnung aufgeben muss der Besitzer der verlorenen Prothese deswegen nicht: Voraussichtlich am kommenden Wochenende versuchen die DLRG-Taucher erneut ihr Glück. Ob das künstliche Bein nun gefunden wird oder nicht - Kosten kommen auf den Mann übrigens nicht zu. "Wir machen das rein ehrenamtlich. Über einen Finderlohn für die Kaffeekasse freuen wir uns natürlich trotzdem", sagt Lossen. Angesichts der im Raum stehenden Summe von 90.000 Euro dürfte dieser im Erfolgsfall wohl höher als üblich ausfallen.

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