Dringender Investitionsbedarf: Paderborner Geburtshilfe schlägt Alarm

Paderborn. Die Balkone an einer ganzen Gebäudeseite sind marode, Patientinnen dürfen sie nicht betreten. Doch damit nicht genug: Die Frauen- und Kinderklinik St. Louise leidet unter Personalmangel, Raumknappheit, Modernisierungsbedarf. Daher haben die Verantwortlichen kurz vor der Wahl die Landtagskandidaten Norika Creuzmann (Die Grünen), Marc Lürbke (FDP), Daniel Sieveke (CDU) und Michael Sprink (SPD) eingeladen, um auf die prekäre Finanzlage aufmerksam zu machen. &bdquo;Das Thema interessiert sicherlich auch insbesondere junge Wählerinnen und Wähler“, sagt Josef Düllings, Hauptgeschäftsführer der St.-Vincenz-Kliniken. Nach dem Schließen der Geburtshilfe am St. Johannisstift ist die Geburtshilfe der St.-Vincenz-Kliniken mit ihren Standorten St. Louise in Paderborn und St. Josefs in Salzkotten die einzige im Kreis Paderborn. Und: Fördermittel des Landes bleiben seit Jahrzehnten aus, kritisieren die Verantwortlichen. Das steht in starkem Kontrast zu der hohen Nachfrage. &bdquo;Wir platzen aus allen Nähten“, warnt Michael Patrick Lux, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, und sein Kollege Friedrich Ebinger, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, stimmt ihm zu. "Die Zahlen sind so rasant gestiegen" Mit Blick auf die Geburten sagt Lux: &bdquo;Die Zahlen sind so rasant gestiegen, wir kommen kaum noch hinterher.“ 2021 war das geburtenstärkste Jahr in der Geschichte der St.-Vincenz-Geburtshilfe: 2.546 Geburten in der St. Louise, 1.067 Geburten in St. Josefs. Die Abteilung ist somit die größte Geburtsklinik in NRW und belegt Platz zwölf in Deutschland. Doch es fehlt laut Lux schlicht und ergreifend an Räumen. Das Team der Geburtshilfe legt den Fokus an beiden Standorten auf eine natürliche Geburt – auch dann, wenn die Rahmenbedingungen schwierig sind. Eine Beckenendlage oder eine Mehrlingsgeburt ist hier nicht zwingend ein Grund für einen Kaiserschnitt, auch nicht bei Drillingsgeburten. &bdquo;Das können nicht viele. Es ist bundesweit sogar selten“, betont Lux. Ebenfalls rekordverdächtig sei die hohe Quote an Wassergeburten im St.-Josefs-Krankenhaus. Deshalb sei der Kreis Paderborn auch sehr beliebt bei werdenden Eltern: &bdquo;Das halbe Sauerland kommt zu uns“, sagt Lux. 54 Millionen für Modernisierung Was also fordern die Verantwortlichen? &bdquo;Um den Standort angemessen zu modernisieren, wären 54 Millionen notwendig. Um die Akutversorgung zu gewährleisten, braucht es kurzfristig 5,6 Millionen Euro“, so der kaufmännische Geschäftsführer Jürgen Thau. Die St.-Vincenz-Kliniken haben 2021 einen Förderantrag in Höhe von 54 Millionen Euro für den Standort St. Louise gestellt. Hierzu hat sich laut Düllings die zuständige Bezirksregierung Münster bereits geäußert: Es wird beabsichtigt, den Antrag abzulehnen. Das Krankenhaus hat nun auch einen Förderantrag zur Umsetzung der akut notwendigen Maßnahmen gestellt. Dass dieser Bedarf der Geburtshilfe gesehen und ernstgenommen wird, da sind sich alle Landtagskandidaten einig. &bdquo;Ich bin felsenfest überzeugt, dass wir im Gesundheitssektor finanziell noch ordentlich drauflegen werden“, sagt Sieveke mit Blick auf die kommende Legislaturperiode. &bdquo;Aber ist eine Modernisierung an diesem Standort überhaupt möglich oder wäre es nachhaltiger, die andere Option zu wählen“, fragt er und spielt damit auf die Möglichkeit eines Neubaus an anderer Stelle an. Düllings sagt dazu: &bdquo;Wir würden das sofort mitmachen, aber es würde weit über 100 Millionen Euro kosten.“ Mit Blick auf die anstehenden Investitionen sagt Marc Lürbke: &bdquo;Ich kann Ihnen da eine breite Unterstützung zusichern.“ Norika Creuzmann schließt sich an: &bdquo;Ich würde nicht kleckern, sondern klotzen.“ Sie spricht sich dafür aus, dass die Investitionskosten von Krankenhäusern nicht nur vom Land, sondern zur Hälfte vom Bund getragen werden sollten. Auch Sprink betont, dass die Geburtshilfen in Finanzierungsfragen besser priorisiert werden müsse. Das habe man in den vergangenen Jahren offenbar versäumt. Der Aussage widersprachen Lürbke und Sieveke. Auch Hebammen nahmen an der Runde teil, darunter Michaela Bremsteller, Kreisvorsitzende Paderborn des Landesverbands der Hebammen NRW. Die Problematik sei komplex und dabei dürfe auch der Hebammen- und Ärztemangel nicht aus dem Fokus geraten. Doch sie betont: &bdquo;Wir brauchen nicht nur langfristige, sondern auch kurzfristige Lösungen. Dafür muss man sich fragen: Wo ist gerade Not? Die ist ganz klar hier.“

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