Mann für alle Widrigkeiten: Leiter des Ordnungsamts setzt sich zur Ruhe

Paderborn. Zum Abschluss gab es von einigen Kollegen ein fast zu erwartendes Geschenk. "Mit dir war Bombe!" steht auf dem Bild, dass ihn in Münchhausen-Manier zeigt. Sicherlich haben die Menschen in Paderborn Udo Olschewski in den vergangenen Jahren besonders im Kopf als Chef des Ordnungsamts und Mann, der Bombenentschärfungen und Evakuierungen koordiniert. Das wäre aber viel zu verkürzt. Hat Olschewski doch viel erlebt während seiner fast 48 Jahre bei der Stadt Paderborn, wie er an seinem letzten offiziellen Arbeitstag erzählt. Ob Sportamt, Kulturwerkstatt oder Ordnungsamt: "Es gab in jeder Station besondere Dinge, die passiert sind", sagt der 66-Jährige. So sei das Sportamt, die erste längere Station bei der Stadtverwaltung nach seinem Beginn 1974, während seiner Zeit gegründet worden. Das Maspernbad wurde eingeweiht und bekam später den Namen Schwimmoper, weil es damals eines der ersten Bäder war, in denen Musik gespielt wurde. Stark in Erinnerung geblieben ist ihm die Zeit in der Kulturwerkstatt. Dorthin wechselte Olschewski nach der Arbeit in der Erhebungsstelle zur Durchführung der Volkszählung 1987 und einigen Monaten im Sozialamt im Sommer 1988 zunächst als Projektleiter. Auch wenn es für ihn Neuland war und er "im Bereich Kultur von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte", wie er der NW zum 20-jährigen Kulte-Bestehen 2008 sagte. Dennoch wurde er dann von Januar 1992 bis Februar 2001 erster offizieller Kulte-Chef. Macher-Mentalität Die frühen Jahre dort verbindet Olschewski mit Namen wie Erwin Grosche, Stani, Rüdiger Hoffmann und regelmäßig ausverkauften Konzerten etwa von Klaus Lage. Die Anfangszeit war aber auch geprägt von einem schweren Erbe. War die Kulte doch die städtisch geführte Nachfolgerin des autonomen KuKoz, das Jahre zuvor geräumt worden war. Entsprechend groß war die Skepsis. Es dauerte etwas, bis das Publikum den Weg zur Bahnhofstraße fand. "Ich habe da sehr, sehr viel gelernt und ganz viel für meinen späteren Werdegang mitgenommen", sagt Olschewski über die Kulte-Phase. Dort habe er sich als Mensch und Führungsperson entwickelt. Entstanden sei damals auch, wenn er das so sagen dürfe, seine Macher-Mentalität. Erst diese prägende Zeit hätte es ermöglicht, die späteren 18 Jahre im Ordnungsamt durchzustehen. Zur Kulte-Zeit gehört auch, dass 1991 fast ein Jahr lang Aussiedler im Obergeschoss lebten. "Das waren schon verrückte Zeiten" Die Flüchtlingskrise 2015 erlebte er dann als Ordnungsamtschef als große Herausforderung. Im Juni 2004 hatte er den Bereich - nach einer kurzen Zeit als Verwaltungsleiter des neuen Gebäudemanagements - übernommen. Aus seiner Sicht habe die Stadt Dinge ermöglicht, die nicht selbstverständlich seien. Wie das Tausendquell-Festival. Eine große Aufgabe war auch der erste NRW-Tag außerhalb Düsseldorfs 2007 in Paderborn. Auch für das Liborifest, das wie alle Märkte und Feste damals noch im Aufgabenbereich des Ordnungsamts lag, war er mehrere Jahre zuständig.Einen perfekten Blick hatte er auf das Geschehen beim Public Viewing auf dem Franz-Stock-Platz direkt neben seinem Büro, das es 2006 erstmals gab. 2014 konnte er gar nicht glauben, was er im Finale erlebte: dass Deutschland Weltmeister wurde. Eine ähnliche Euphorie hatte der Aufstieg des SC Paderborn in die erste Fußball-Bundesliga 2014 entfacht. Mit 15.000 Menschen auf dem Rathausplatz. "Das waren schon verrückte Zeiten", erinnert sich Olschewski. Eine Bombe rollt vom Hügel Viel Kraft gekostet haben ihn die 35 Bomben, die während seiner Zeit als Ordnungsamtschef gefunden wurden und deren Entschärfung er koordinieren musste. Wobei er sich an zwei Fälle besonders erinnert. Für den größten Aufwand sorgte der Fund einer 1,5-Tonnen-Bombe am Peter-Hille-Weg in Uni-Nähe mit der Entschärfung am Ostersonntag 2018: Gut 26.000 Menschen in einem 1,5-Kilometer-Radius mussten ihre Wohnungen und Häuser verlassen. Mehrere Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen wurden evakuiert. Eine Mammutaufgabe, bei der ganz viele Beteiligte an einem Hebel zogen. Selbst der Flugbetrieb am Airport Paderborn/Lippstadt wurde lahm gelegt. Damit schaffte es Paderborn aber auch in die New York Times. Wie Olschewski meint, sogar auf die Titelseite. Das für ihn Prägendste war jedoch eine viel kleinere 50-Kilo-Bombe, die an der Bahnhofstraße vor der Bundespolizei entdeckt und zunächst auf einem Sandhügel abgelegt wurde. Als er dazu gerufen wurde und aus dem Auto Richtung Bombe ging, sah er nur, wie sie vom Haufen herab rollte und an einer rot-weißen Barke stoppte. Für die Entschärfung schnappte sich Karl-Heinz Clemens vom Kampfmittelräumerdienst, der auch an der Oster-Entschärfung 2018 beteiligt war, die Bombe und trug sie in die Baugrube. Diese Bilder wird Olschewski nie vergessen. Nicht alles lässt ihn kalt Weniger spektakulär, aber nicht weniger aufreibend war das Alltagsgeschäft. Falschparker, Bußgelder, Gaststätten-Kontrollen, Ruhestörung im Paderquellgebiet. Das Meiste sei in vernünftigen Gesprächen jedoch aus der Welt geschafft worden. Wohl auch durch seine ruhige, aber unmissverständliche Art. Wer Udo Olschewski sieht, der denkt dabei, dass sein durchaus mächtiger Körper zugleich bedeutet, dass er ein dickes Fell hat. Dünnhäutig ist er denn auch nicht, doch längst nicht alles lässt ihn kalt. Über die Jahre sei er zwar resoluter geworden, dennoch habe auch er Einiges mit nach Hause genommen. Dazu zählt ein Telefonat im Streit um das trotz grundsätzlicher Trockenheit stattfindende Libori-Feuerwerk. Ein Anrufer, der das gar nicht gut fand, habe ihm gesagt, dass er deshalb am höchsten Baum im Paderquellgebiet baumeln solle. Das Abschlussfeuerwerk gehöre für ihn zu Libori dazu, sagt Olschewski. Schon als kleiner Junge hat er es, groß geworden in der Kleppergasse und damit direkt am Paderquellgebiet, aus dem Fenster begeistert angeschaut. "Die letzten beiden Jahre sind mir auf den Magen geschlagen" Er hat sich damit abgefunden, dass jetzt Schluss ist und er nicht in verantwortlicher Position für Ordnung sorgen muss. Dafür ist jetzt sein Nachfolger Claus Josephs zuständig. "Und ich bin auch froh, die letzten beiden Jahre Corona sind mir auf den Magen geschlagen", sagt Olschewski. Persönlich ist er bisher zwar verschont geblieben. Beruflich hat ihm die Pandemie aber ganz schön zugesetzt. Das Reagieren auf ständig neue Schutzverordnungen, Maskenkontrollen oder Quarantäne-Nachverfolgungen habe alle an die Belastungsgrenzen gebracht. Über die Zukunft hat sich Udo Olschewski noch keine großen Gedanken gemacht. Sicher wird er mehr Zeit in seinem Garten verbringen. Auch mit dem Fahrrad wird er wohl mehr unterwegs sein. Das klingt herrlich. Herrlich unspektakulär.

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