Ukraine-Krieg: Fassungslosigkeit in Paderborn

Paderborn. Zwischen Paderborn und der Ukraine liegen mehr als 1.200 Kilometer. Doch der Einmarsch russischer Soldaten geht den Menschen auch an der Pader ganz nah. Zumal Paderborns polnische Partnerstadt Przemysl direkt an der Grenze zum Kriegsgebiet liegt - und damit ein Ziel flüchtender Menschen aus der Ukraine wird. In Erwartung vieler Flüchtlinge wird dort eines von mehreren Aufnahmezentren in Polen errichtet. Paderborns Bürgermeister Michael Dreier verurteilt den russischen Angriff aufs Schärfste: "Er macht mich fassungslos und mir fehlen die Worte. Ich bin bestürzt, dass im heutigen Europa eine solch feindselige Handlung möglich ist. Der verbrecherische Angriff der Russischen Föderation auf ein freies Land erinnert geschichtsbewusste Menschen an die Vorgänge zum Beginn des Zweiten Weltkrieges. Meine Solidarität und mein Mitgefühl gelten den unschuldigen Menschen in der Ukraine, die unter diesem schrecklichen Ereignis leiden müssen.“ Am Donnerstag hatte Dreier dem Bürgermeister von Przemysl, Wojciech Bakun, im Namen von Stadtverwaltung, Rat und Bürgern geschrieben. Paderborn biete gerne jede nur mögliche Hilfe an, "insbesondere für die Unterstützung bei der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen in Przemysl", so Dreier. Bei den Flüchtlingen hat die Stadt eine strategische Reserve Sollte es zu wesentlichen Fluchtbewegungen aus der Ukraine nach Deutschland kommen, "sind wir in gewissem Umfang auch als Stadt aufnahmebereit", sagte Sozialdezernent Wolfgang Walter. Zwar seien nach dem Nachlassen der Fluchtbewegung 2015/2016 viele Unterkunftsplätze abgebaut und von der Höchstzahl von etwa 2.500 Plätzen heute noch etwa 900 vorhanden. Von diesen könnten durch eine gewisse Verdichtung der Wohnsituation in den Unterkünften etwa 300 sofort neu belegt werden. "Diese Plätze sind sozusagen unsere aktuelle strategische Reserve", sagte Walter. "Ansonsten müssten wieder Gruppenunterkünfte reaktiviert und bereitgestellt werden.“ Zu den Kapazitäten und wie viele ukrainische Kriegsflüchtlinge Paderborn unbürokratisch aufnehmen könne, stellt Verani Kartum, Ratsherr für die Partei Volt, eine Anfrage an die Stadt Paderborn. Die Ratsfraktion Für Paderborn möchte ebenfalls wissen, inwiefern Przemysl unterstützt werden könne: "Wir sind davon überzeugt, dass auch die breite Masse der Paderborner Bevölkerung bereit ist, Hilfe zu leisten, diese sollte aber zentral koordiniert werden." Es sei auch zu prüfen, in welchem Maß Geflüchtete aufgenommen werden können. Mahnwache und Gebete Zu einer Mahnwache für Frieden in der Ukraine lädt am Freitag, 25. Februar, um 19 Uhr, das Paderborner Bündnis gegen Rechts auf dem Rathausplatz. Bereits am Donnerstagabend wurde vielerorts gebetet. Das Erzbistum Paderborn rief in allen Gemeinden dazu auf. Der militärische Angriff auf ukrainische Gebiete sei zu verurteilen, betonte Dompropst Monsignore Joachim Göbel.Ein ökumenisches Friedensgebet gab es in der Abdinghofkirche. Der Matthäus-Pfarrbezirk der Evangelisch-Lutherischen Paderborn lädt bis auf Weiteres immer donnerstags um 19.30 Uhr in die Matthäuskirche am Rotheweg ein.Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn ist angesichts des russischen Angriffs in Sorge um die Sicherheit seiner langjährigen Partner bei der Caritas-Spes, der römisch-katholischen Caritas in der Ukraine. Schottisch-ukrainisches Unternehmen in Paderborn Jürgen Behlke, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer-Zweigstelle Paderborn + Höxter, rechnet mit massiven Sanktionen gegen Russland. Da gäbe es eine Riesenbreite, weshalb die Abschätzung der Auswirkungen auf Paderborner Unternehmen einem Blick in die Glaskugel gleiche. Man müsse abwarten, welche Sanktionen kommen und wie sie sich auswirkten, sagte auch Frank Wolters, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Paderborn. Durch eine Firma habe er eine gewisse Nähe zum Kriegsgebiet: Das Raumfahrt-Unternehmen Skyrora mit Hauptsitz in Edinburgh und einer Produktionsstätte in der Ukraine hatte sich nach längeren Gesprächen auch in Paderborn angesiedelt."Unsere größten Befürchtungen sind über Nacht eingetreten" Schon jetzt schwer getroffen ist das Paderborner Unternehmen Universal Transport. "Leider sind unsere größten Befürchtungen eingetreten. Diese Situation zwingt uns leider dazu, das Projekt von 80 Schwertransporten von Windkraftanlagen in die Region Lemberg sofort zu stoppen", sagte Geschäftsführer Holger Dechant. "Wir waren bei unserem Projekt fast soweit, dass wir quasi nur noch den Schlüssel der Lkw umdrehen mussten." Lesen Sie hier: Liveblog zum Krieg in Osteuropa Zudem ständen weitere Projekte in die Ukraine und nach Russland buchstäblich auf der Kippe, erste Ausschreibungen seien bereits auf Eis gelegt. "Bis auf unseren ukrainischen Mitarbeiter sind bereits alle Kollegen nach Polen beziehungsweise Deutschland zurückgekehrt", sagte Dechant: "Unser ukrainischer Mitarbeiter möchte weiterhin zunächst in Lemberg bleiben und berichtet bereits von Hamsterkäufen. Außerdem gibt es bereits kilometerlange Staus an der Grenze von der Ukraine nach Polen."

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