Mehrere Paderborner Kirchen werden als Toilette missbraucht

Paderborn. Ins Detail möchte Marion Klaus nicht gehen. Zu unappetitlich sei das, was regelmäßig in der Kirche St. Meinolf vorgefunden wird. Sie umschreibt daher die Situation. "Die Kirche wird wirklich als Toilettenersatz genutzt", so die Verwaltungsleiterin beim Pastoralverbund Mitte-Süd. "Das ist sehr traurig und zeigt keine Achtung vor solch einem Ort." Der Kirchenvorstand hat nun Konsequenzen daraus gezogen. Das Gebäude bleibt abseits der Gottesdienste geschlossen. Und das ist kein Einzelfall: Auch in anderen Paderborner Kirchen sorgen eklige Hinterlassenschaften immer wieder für Probleme. Ein Schild am Eingang zu St. Meinolf erklärt den Besuchern, warum die Tür verschlossen ist. Die dauernde Reinigung und Desinfektion, die durch die Nutzung als öffentliche Toilette nötig ist, sei der Küsterin nicht mehr zuzumuten, so der Kirchenvorstand der Gemeinde St. Julian. Seit Dezember tauchen die Verschmutzungen vermehrt auf, berichtet Klaus. Am Freitag gab es zudem einen ersten Fall in der Kirche St. Hedwig. Wer dahinter steckt - unklar. Nicht nur unappetitlich, auch gefährlich Anders sieht es in der Gaukirche aus, hier wisse man höchstwahrscheinlich, wer regelmäßig für böse Überraschungen sorgt, sagt Gerd Vieler vom Vorstand der Liborius-Gemeinde. Denn auch in der Kirche am Marktplatz hat man es seit Anfang Dezember mit mutwilligen Verunreinigungen zu tun. "Als mögliche Verursacherin wurde eine Dame angetroffen", sagt Vieler. "Sie hatte den Vorraum der Kirche zu ihrem Ess-, Wohn- und Raucherzimmer, zu Toilette und Müllabladeplatz erkoren." Neben Essensresten hätte der Kirchenvorstand Utensilien gefunden, die einen Drogenkonsum vermuten ließen, so Vieler, der die Frage stellt: "Wer soll das immer wegmachen?" Die Hinterlassenschaften seien nicht nur unappetitlich, sondern sorgten auch für Brandgefahr. Der ungebetene Gast nutze die Kerzen, die Besucher anzünden können, lasse sie aber anschließend zum Beispiel auf dem Polster der Kirchenbänke zurück. Mittlerweile hat die Frau Hausverbot. Nachdem der Kirchenvorstand verstärkt Präsenz zeigte, sei Besserung eingetreten, berichtet Vieler. "Wir dachten, es wäre vorbei. Nach dem Weihnachtsmarkt ist es wieder gekommen." Daher hat der Kirchenvorstand zuletzt im Pfarrbrief Impulse um Mithilfe gebeten: "Schauen Sie doch bitte mal in die Kirche, wenn Sie in der Nähe sind und schauen Sie nach Auffälligkeiten." Dieser Appell sei jetzt die beste Lösung. Man könne die Kirche zwar auch abschließen, "aber das will ja keiner", meint Gerd Vieler. Der Raum solle für jeden offen bleiben. Es käme öfters vor, dass wohnungslose Menschen friedlich dort säßen und sich aufwärmten. "Keiner hat etwas dagegen, wenn sich jemand dort auffällt." So sieht es auch Marion Klaus. "Den Zugang zu sperren, ist etwas, das wir nicht wollen." Umso schwieriger sei die Entscheidung im Fall St. Meinolf gewesen. "Wir halten unsere Kirchen bewusst auf, um gerade während der Corona-Pandemie den Menschen den Zugang zu den Kirchen zu gewähren und diese in den schweren Zeiten zum Gebet einzuladen", sagt Klaus. Pfarrer Benedikt Fischer habe dies zu Beginn der Pandemie einvernehmlich mit den fünf Kirchengemeinden des Pastoralverbundes Paderborn Mitte-Süd beschlossen. "Obdachlose können auf der Bank auch mal ein Stündchen schlafen" In der Vergangenheit reagierte das Erzbistum am Dom auf Obdachlose und Verschmutzungen. 2019 hat es ein umstrittenes Gitter am Paradiesportal eingebaut, sodass obdachlose Menschen einen Unterschlupf verloren haben. Manche Gottesdienstbesucher hätten sich unwohl gefühlt, beim Betreten der Kirche an Obdachlosen vorbei gehen zu müssen, hieß es damals. Bei den menschlichen Hinterlassenschaften wiederum habe es sich um Verunreinigungen gehandelt, "die durchaus über Bierflaschen und Pizzakartons hinausgehen und die von den Hausmeistern, Küstern und den Reinigungskräften entfernt werden mussten". Von extremen Beispielen wie zuletzt in der Gaukirche oder bei St. Meinolf kann Sabine Ewers vom Kirchenvorstand Herz Jesu nicht berichten. "Aber es kann auch schon einmal sein, dass jemand in unserer Kirche pinkelt. Das ist dann ärgerlich." Ihr ist wichtig, dass die Kirche trotzdem für jeden geöffnet bleibe. "Obdachlose können auf der Bank auch mal ein Stündchen schlafen. Und es ist auch kein Problem, wenn sie sich aufwärmen. Wenn man sie auffordert zu gehen, machen sie das auch." Ewers sieht Herz Jesu in einer besonderen Situation, die man nicht mit einer Kirche in einem kleinen Ort vergleichen könne. "Wir haben die Westerntor-Platte vor uns", sagt sie. "Da ist Klientel unterwegs, das dem Alkohol durchaus zugesprochen ist. Wir sehen das mit einem ordentlichen Maß an Gelassenheit." Nur in Ausnahmefällen sei die Herz-Jesu-Kirche tagsüber geschlossen, und dann aus anderen Gründen, etwa wenn während der Lichterwelt teure Technik in der Kirche lagert.

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