Notorischer Krimineller schlägt Supermarkt-Filialleiter ins Gesicht

Paderborn-Wewer. Seit 48 Jahren beschäftigt Falk X. (Name geändert) immer wieder die Justiz. Schon als Teenager stand er erstmals vor Gericht und musste seitdem immer wieder auf der Anklagebank Platz nehmen. Mal wegen recht banaler Delikte wie Schwarzfahrten, mal wegen schweren Raubes. 19 Eintragungen im Strafregister kamen so zusammen. 2014 tauchte er unter, um einer neuerlichen Verurteilung zu entgegen, fiel aber fortan nie mehr auf - bis ihm vor einem Jahr in einem Weweraner Supermarkt eine fremde Geldbörse vor die Füße fiel. Jetzt steht er erneut wegen versuchten schweren räuberischen Diebstahls vor Gericht. Falk X. hat eine harte Zeit hinter sich. Sieben Jahre lang schlug sich der 63-Jährige durch, ohne Krankenversicherung, ohne gültige Papiere, zeitweise ohne Wohnung. Schließlich stand er unter dem Verdacht, 2014 in Schloß Neuhaus einen Bekannten überfallen zu haben, der ihm Geld schuldete.Doch eins wollte der gelernte Schreiner auf keinen Fall: zurück in den Knast. Falk X. tauchte unter und bemühte sich um Unauffälligkeit. Das klappte bis zum 5. Januar vergangenen Jahres. Damals beobachtete er in einem Supermarkt, wie aus der Jackentasche einer 67-Jährigen, die vor ihm an der Kasse stand, ein Portemonnaie lautlos zu Boden fiel. Falk X. nutzte die Gunst der Stunde, hob die Geldbörse auf und verließ die Schlange unter dem Vorwand, einiges vergessen zu haben. Zwischen den Regalen nestelte er 70 Euro an Scheinen aus der Börse, die er dann einfach liegen ließ.Beim Fluchtversuch schlägt X. zu Doch seine Freude währte nur kurz. Einer 38-jährigen Frau, die hinter ihm an der Kasse gewartet hatte, war sein beherztes Zugreifen nicht verborgen geblieben. Als das Fehlen des Portemonnaies bemerkt worden war, informierte sie den herbeigerufenen Filialleiter und identifizierte zwischen den Regalen Falk X. als den Mann, der die herabgefallene Börse an sich genommen hatte. Zwar folgte der 63-Jährige dem Filialleiter noch bereitwillig ins Büro, wies aber die Anschuldigung weit von sich. Auch das Angebot, dass auf ein Herbeirufen der Polizei verzichtet werde, wenn er der 67-Jährigen ihr Geld zurückgäbe, schlug er aus.Als Falk X. versuchte, sich davon zu machen, eskalierte die Situation. Er versetzte dem 51-jährigen Filialleiter einen heftigen Faustschlag ins Gesicht, als dieser die Polizei verständigen wollte. "Wir haben einige Minuten gerangelt", erzählt der Filialleiter vor dem Schöffengericht. Dabei sei es wiederholt zu Stürzen gekommen. Dass der Falk X. die beiden Cuttermesser, die dem 51-Jährigen aus der Tasche gefallen waren, aufhob, konnte eine Mitarbeiterin verhindern.Schließlich konnte der 63-Jährige in den Toilettenraum gezerrt und der Polizei übergeben werden - mit vier gebrochenen Rippen. Sein Kontrahent kam mit diversen Prellungen davon - und einem gehörigen Schock. Einen solchen Gewaltausbruch habe er in seinem Job noch nie erlebt, sagt der 51-Jährige. Um jeden Preis dem Haftbefehl entgehen Falk X. mochte zu dem Vorfall erst nach Vernehmung sämtlicher Zeugen stehen. Hintergrund für die heftige Verteidigung seines Diebesgutes sei der offene Haftbefehl gewesen, erklärt sein Verteidiger Benedikt Klein. Er sei ja untergetaucht, um der Justiz zu entgehen. Das ist freilich nicht gelungen. Denn schon im März vergangenen Jahres ahndete das Amtsgericht den Überfall auf seinen Kumpel im Jahr 2014 mit einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe. Diese Chance wusste Falk X. zu nutzen. Mithilfe seiner Bewährungshelferin begann er ein bürgerliches Leben, bemühte sich um eine Wohnung, Papiere und eine Krankenversicherung. Er leistete zuverlässig 100 Sozialstunden ab. "Er hat sich eine gute, sichere Lebenssituation erarbeitet", erzählt die Bewährungshelferin vor Gericht.Dass sie dem 63-Jährigen eine gute Sozialprognose bescheinigt, lässt die Richter schließlich auf eine zweijährige Freiheitsstrafe erkennen, die sie zur Bewährung aussetzen. "Im Knast werden Sie kein besserer Mensch werden", so ihr Fazit. Falk X. darf sich jetzt fünf Jahre lang nichts zuschulden kommen lassen und muss 200 weitere Sozialstunden ableisten. "Das ist für Sie Bewährung auf dem Gnadenweg", stellen die Richter klar, sie hätten sich ein früheres Geständnis gewünscht.

Meistgelesen