"Doppelte Arbeit": Paderborner Gastronomen klagen über Personalmangel

Paderborn. Nach dem schier endlos langen Lockdown durften Restaurants, Cafés und Kneipen im Sommer endlich wieder öffnen. Und die Gäste kehrten gerne zurück. Doch drei Monate nach der Wiederöffnung läuft das Geschäft zwar - vor allem auch dank der Außengastronomie - verhältnismäßig gut. Allerdings ist die Arbeit in der Küche, an der Theke, im Gastraum oder im Biergarten auf weniger Schultern verteilt als vor der Pandemie: Es fehlt überall am Personal. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) OWL warnte in dieser Woche: "Der Personalmangel ist gravierend." Das gilt auch in Paderborn, wie Citymanager Heiko Appelbaum erklärt: "Es ist ein riesengroßes und ärgerliches Problem." Er weiß aus vielen und regelmäßigen Gesprächen mit Gastronomen, dass die meisten von ihnen händeringend Mitarbeiter suchen. Teilweise sei der Mangel so groß, dass beispielsweise ein großes Restaurant im Biergarten vorübergehend kein Essen habe anbieten können. Schon ein Spaziergang durch die City bestätigt diese Einschätzung: Mehrere gastronomische Betriebe suchen per Aushang, Kreidetafel oder Aufstellschild nach Service- und Küchenpersonal - und zwar nicht nur auf 450-Euro-Basis, sondern auch als Voll- oder Teilzeitstelle. Auch aktuelle Zahlen der Agentur für Arbeit sprechen eine mehr als deutliche Sprache. Demnach gibt es im Kreis Paderborn derzeit allein 74 sozialversicherungspflichtige freie Stellen in der Gastro-Branche. Tendenz: weiter ansteigend. Im Juli waren es 69, im Juni 60 freie Stellen, während die Zahl im Mai noch bei 49 gelegen hatte. "Vor Corona war Gastronomie als Engpassberuf eingestuft - seit Mai gibt es wieder großen Bedarf", berichtet die Pressesprecherin der Agentur für Arbeit, Janine Billerbeck. "Doppelte Arbeit" leiste das Team des Campesino derzeit, berichtet Juan Morales aus der Tapas-Bar in der Kisau. Denn fast die Hälfte der 450-Euro-Kräfte kam nach dem Lockdown nicht wieder, weil sie vermutlich andere Beschäftigungen gefunden hätten. "Wir suchen alles", sagt er. Und bis Service-, Küchen- und Spülkräfte gefunden sind, muss das verbliebene Teams aus Mitarbeitern in Voll- und Teilzeit die anfallende Arbeit mitübernehmen. "Richtig Druck" habe er gespürt, findet Karl-Heinz Militzer deutliche Worte für die Situation der vergangenen drei Monate. Er betreibt in Paderborn das Brauhaus und das Deutsche Haus. Zwar seien viele Mitarbeiter geblieben, doch vor allem viele geringfügig Beschäftigte würden fehlen. Und zwar in allen Bereichen. Die Folge: "Mit mehr Personal hätten wir im Sommer mehr anbieten können." Mittlerweile würde sich die Situation bei ihm aber entspannen, weil er im Winter ohnehin weniger Personal benötige. Von einer "erschreckenden Entwicklung" spricht derweil Marko Schmidtpott. Er ist Filialleiter des Coffee Stores am Neuen Platz. Er würde liebend gerne drei bis vier Vollzeitkräfte einstellen. "Aber es findet sich keiner." Dabei würde das Café sogar übertariflich bezahlen. Schmidtpott glaubt, dass die Unsicherheit der Branche ("wir wissen ja nicht, was im Winter ist") viele Menschen abschrecke. Die Hoffnung auf den Winter - und eine mögliche Lösung In diesem Bereich liegt auch für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ein Schlüssel zur Lösung des Mitarbeiter-Engpasses: Die Rahmen- und Arbeitsbedingungen sowie der Verdienst müssten dringend verbessert werden, fordert Thorsten Kleile, Geschäftsführer für die Region Paderborn-Detmold. Er setzt seine Hoffnung in die Tarifverhandlungen, die wieder aufgenommen werden sollen. Hoffnung hat auch Citymanager Heiko Appelbaum - und zwar aufgrund des Wintersemesters der Universität, das bekanntlich in Präsenz stattfinden soll. Angesichts der bereits begonnenen Rückkehr der Studenten, die vor der Krise einen großen Teil der Hilfskräfte stellten, glaubt Appelbaum, dass sich die Situation "hoffentlich schnell spürbar entspannt".

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