Mordprozess Sennelager: Aufnahmen vom Mobiltelefon des Opfers verschwunden

Paderborn-Sennelager. Dass junge Frauen ihren Freundinnen große und kleine Geheimnisse anvertrauen, ist nichts Ungewöhnliches und bleibt meist folgenlos. Auch Selda I. (alle Namen geändert), die im November mutmaßlich von ihrem eigenen Mann erstochen wurde, hat mit Freundinnen viel gesprochen – über den Gatten Damir T., die Ehe, die Kinder sowie über einen jungen Mann aus ihrer Verwandtschaft, der ihr überaus sympathisch war. Die 20-Jährige ließ ihre Freundinnen teilhaben an Fotos, Filmchen und vielleicht auch an Chats, die sie glücklich machten. Da allerdings ist den Richtern, dem Staatsanwalt sowie den Verteidigern kein Einblick mehr möglich. Denn auf dem Mobiltelefon von Selda I. wurden nach ihrem Tod einige Aufnahmen gelöscht, bevor das Gerät der Polizei übergeben wurde. Für eine gründliche Aufklärung der Hintergründe ist das misslich, denn unter den Familienmitgliedern wurde viel über die junge Frau geklatscht und getratscht. Zeugin: &bdquo;Sie wollte ihn verlassen" Dass sich Selda I. in der Ehe mit dem neun Jahre älteren Damir T. nicht wohlfühlte, hat bereits eine junge Frau aus der Familie des Angeklagten beschrieben. Die Zeugin, die am siebten Prozesstag vernommen wird, weiß Gleiches zu berichten. Selda I. habe ihren Mann &bdquo;gehasst, nicht nur ein bisschen". Sie habe ihn &bdquo;mit Kleinigkeiten provoziert", ihn geschlagen und einmal sogar einen Gegenstand nach ihm geworfen, erzählt die 26-Jährige. So habe Selda I. erreichen wollen, dass Damir T. sie zu ihrer Familie zurückschicke. &bdquo;Sie wollte ihn verlassen", sagt Zeugin. Für sie liegt der Grund auf der Hand: Selda I. habe für ihren Cousin Marglen B. große Sympathien gehabt, alles habe sie für diesen tun wollen, &bdquo;sogar die Kinder zurücklassen." Sie selbst habe das &bdquo;nicht richtig gefunden. Das, was sie getan hat, war falsch." Doch genauer mag die 26-Jährige nicht ins Detail gehen. Sie widersetzt sich jedem Nachhaken, egal, ob der Vorsitzende Richter Eric Schülke, Staatsanwalt Kai Uwe Waschkies oder die Verteidiger Detlef Stoffels und Mirko Rosskamp sie befragen. Telefon erst Tage später an Polizei übergeben Dass sie oder ihr Mann dafür verantwortlich ist, dass von dem Mobiltelefon der Selda I. nach deren Tod mehrere Aufnahmen gelöscht wurden, das streitet die junge Frau vehement ab – ungeachtet der Tatsache, dass sie das Telefon in Verwahrung gehabt hatte und erst mehrere Tage nach der Tat der Polizei übergab. &bdquo;Wir waren das nicht", behauptet sie steif und fest. Bevor sich die junge Frau der fast zweistündigen Befragung stellen muss, hört das Gericht eine Rechtsmedizinerin aus Münster. Sie hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Damir T. möglicherweise kurz vor dem Vorfall eine Substanz verabreicht wurde, die ihn in den Zustand einer kurzen, tiefgreifenden Ohnmacht versetzte. Kein Beweis für Betäubung des Angeklagten Einen objektiven Beweis hat die Toxikologin im Blut des Angeklagten nicht finden können. Die Probe sei erst nach 36 Stunden genommen worden, so die Expertin. Doch Mittel, deren Wirkung sehr schnell eintrete, würden entsprechend zügig durch den Körper abgebaut. Dass Damir T. mit dem berühmt-berüchtigten Liquid-Ecstasy, besser bekannt als k.o.-Tropfen, außer Gefecht gesetzt wurde, hält sie für ausgeschlossen. Das sei mit den Schilderungen des Angeklagten nicht vereinbar. Der nächste Verhandlungstag findet am Dienstag, 13. Juli, statt. Möglicherweise wird sich Damir T. erneut zu den Vorwürfen äußern. Bislang hat er jede Verantwortung für den Tod seiner Frau abgestritten.

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