Fristlose Kündigung für Betriebsräte - Ärger beim DRK-Kreisverband Paderborn

Paderborn. Die Situation beim Paderborner Kreisverband des Roten Kreuzes ist derzeit alles andere als ruhig. Die Leitung will Betriebsratsmitglieder wegen Störung des Betriebsfriedens fristlos kündigen. Die Gewerkschaft Verdi erhebt schwere Vorwürfe gegen Geschäftsführer Stefan Vogel und hat ihn wegen Wahlbehinderung angezeigt. Auslöser für die problematische Lage sind Vorgänge um eine vorgezogene Betriebsratswahl, die Ende März hätte stattfinden sollen. Eilantrag gegen vorgezogene Wahl Mit der vorgezogenen Neuwahl wollte der Betriebsrat die Besetzung der Posten absichern, weil ein Mitglied des fünfköpfigen Gremiums das Unternehmen absehbar verlassen würde. Zeitgleich wollten die Arbeitnehmer einen Gemeinschaftsbetriebsrat für die Mitarbeiter des DRK Kreisverband Paderborn e. V. und der DRK Kreisverband Service gGmbH gründen. Die Grundlage dafür sei durch gleiche Strukturen in Leitungsebene und Organisation beider Bereiche gegeben. Über den e. V. werden unter anderem zwei Rettungswachen im Kreis betrieben, die gGmbH bietet Pflegedienste an. Während die Vorbereitungen der Wahl zunächst normal abliefen, dem Wahlvorstand waren die notwendigen Mitarbeiterlisten zur Verfügung gestellt worden, verschärfte sich die Situation etwa eine Woche vor der Wahl deutlich. Die Geschäftsführung erwirkte per Eilantrag eine Einstweilige Verfügung beim Paderborner Arbeitsgericht, mit der die Wahl untersagt wurde. Die Wahl dürfe erst stattfinden, wenn das Betriebsratsmitglied auch wirklich ausgeschieden sei. Anwalt schließt Wahlraum ab Als Reaktion trat ein anderes Mitglied des Gremiums zurück, um die Notwendigkeit der Wahl weiterhin begründen zu können, erläutert Verdi-Vertreter Tim Bergmann. Zudem wurde beim hiesigen Arbeitsgericht Berufung gegen die Verfügung eingelegt. Ohne Erfolg jedoch mit umgehender Berufung beim Landesarbeitsgericht in Hamm (LAG). Die Gewerkschaft interpretierte die Weitergabe an die höhere Instanz als aufschiebend und riet dazu, die Wahl abzuhalten. Die Geschäftsführung berief sich weiter auf den Paderborner Beschluss und am Wahltag wurde durch den Anwalt des Kreisverbandes die Wahl untersagt und der Wahlvorstand des Wahlortes verwiesen, wie Stefan Vogel bestätigt. "Hätte die Wahl zum ordnungsgemäßen Zeitpunkt stattgefunden, wäre es diesbezüglich auch kein Thema gewesen", so Vogel gegenüber der NW. Aus Sicht des Vorstands und der Geschäftsführung seien jedoch die Grundlagen eines Gemeinschaftsbetriebsrats nicht gegeben. "Zur Feststellung der Zulässigkeit hätten wir im Nachgang den Weg über die Gerichte gewählt", so Vogel weiter. Soweit ein normaler Vorgang bestätigt auch Tim Bergmeier, der jedoch vermutet, dass die Leitung den langwierigen Prozess verhindern wollte. Am LAG wurde das Verfahren eingestellt, dort wäre es rein um den Wahltermin gegangen, der im Nachklang hinfällig war. Soweit die Eckpunkte an denen sich der Streit aufschaukelte. Gewerkschaft kritisiert "Wild-West Manier" Verdi begleitete den Verlauf der Vorgänge regelmäßig mit Mitteilungen, demzufolge einem Mitglied des Wahlvorstandes ohne Begründung fristlos gekündigt wurde. Das Einschreiten des Unternehmensanwalts wurde als "in Wild-West Manier" beschrieben und das Wahlvorhaben weiterhin als rechtmäßig betracht. Zudem hinterfragt die Gewerkschaft, wie sich die Vorgehensweise "nach Paderborner Landrecht" mit den Grundsätzen des DRK vereinbaren lasse. "Wir sehen dies als unsere Aufgabe im Rahmen der Interessenvertretung unserer Mitglieder", erklärt Tim Bergmann. Wegen Behinderung der Betriebsratswahl habe Verdi zudem eine Anzeige gegen Geschäftsführer Vogel gestellt. Einem Fakt, dem Vogel gelassen entgegensehe, wie er sagt. Jedoch verschärft sich die angespannte Gesamtlage auch dadurch, dass der Kreisverband in fünf Fällen fristlose Kündigungen gegen Betriebsräte und Wahlvorstände ausgesprochen hat. "Der Betriebsfrieden ist durch diese Mitarbeiter durch Verbreitung von Unwahrheiten und Beschuldigungen massiv gestört worden", sieht sich Vogel auch hinsichtlich des besonderen Kündigungsschutzes von Betriebsratsmitgliedern abgesichert. "Es geht nicht gegen den Betriebsrat, es geht um die einzelnen Handelnden", betont der Geschäftsführer. Besorgnis und Unruhe auch bei Ehrenamtlern Eine der betroffenen Mitarbeitenden ist mittlerweile aus dem Unternehmen ausgeschieden. "Die Vier weiteren werden durch uns rechtlich vertreten", bestätigt Tim Bergmann. Da der Betriebsrat den fristlosen Kündigungen nicht zugestimmt hat, stehen nun ab der kommenden Woche Termine am Arbeitsgericht an, bei denen es um die Zulässigkeit der Kündigungen geht. Bis darüber entschieden ist, gelten die Kündigungen rechtlich als noch nicht ausgesprochen. "Kommt es dazu wird es in Kündigungsschutzverfahren gehen", zeigt Bergmann die weiteren Schritte auf. Zudem werde man weiter darauf hinwirken, dass ein Gemeinschaftsbetriebsrat gewählt werden soll. Während sich die rechtlichen Vorgänge also weiter hinziehen, sind DRK-Vorstand und der Geschäftsführer inzwischen besorgt, was die Darstellung des Konflikts anbetrifft. "Die Gremien des DRK, deren Mitarbeiter und alle ehrenamtlichen Kräfte müssen es sich nicht gefallen lassen, in die Nähe einer 'Sozial-Mafia' gerückt zu werden", so Vogel. Dies sorge für große Besorgnis und Unruhe auch bei Ehrenamtlern. Vogel bezieht sich dabei auf aus seiner Perspektive einseitige Äußerungen aus dem politischen Spektrum, rein auf Grundlage der Verdi-Mitteilungen. Martina Schu, Bundestagskandidatin der Linken, kritisiert, dass man solche Vorgänge bislang nur aus "beinharten Wirtschaftsunternehmen" kenne. "Für einen Wohlfahrtsverband wie das Rote Kreuz, das überwiegend mit öffentlichen Geldern und Spenden finanziert wird und einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leistet, ist das neu", heißt es in einer Mitteilung der Paderborner Linken. Ähnlich argumentiert Gewerkschafts-Grün Sprecher Markus Rieger: "Für uns verstößt dieses Vorgehen fundamental gegen die humanitäre Werte des Roten Kreuzes. Uns entsetzt der Umgang mit langjährigen Mitarbeitern."

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