Paderborn Nach 13 Jahren: Enteignung räumt den Bahnsteig frei

Paderborn-Schloß Neuhaus. Vor inzwischen schon 13 Jahren wurde der Haltepunkt der Deutschen Bahn in Schloß Neuhaus gebaut. Doch vollständig nutzbar war der kleine Bahnhof seitdem nicht: Weil es mit einem Anlieger Streit um ein paar Quadratmeter gibt, können Gäste der Bahn die Haltestelle bis heute nur vom Schatenweg aus erreichen - der direkte Weg zur Hatzfelder Straße, wo auch der Umstieg auf die Busse des Padersprinter möglich ist, blieb offiziell versperrt. Nach einem schier endlosen Verfahren scheint nun eine Lösung Realitiät zu werden - allerdings eine für den Anlieger sehr schmerzhafte: Er wird enteignet. Wie Martin Nowosad, Leiter des Bahnhofsmanagement Bielefeld der DB Station & Service AG, dem Bezirksausausschuss Schloß Neuhaus/Sande jetzt auf Anfrage der Grünen an den Auschuss der Stadtverwaltung mitteilte, sei bereits im vergangenen Jahr seitens der Bezirksregierung ein Enteignungsbescheid ergangen. Inzwischen laufe die notarielle Eigentumsübertragung, so dass man daran denken könne, die Bücher der 2008 eigentlich schon abgeschlossenen Baustelle wieder zu öffnen. Dabei gehe es dann unter anderem darum, im Laufe des Sommers ein Signal zu versetzen. Wenn alles gut laufe, könnten die Arbeiten bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Zum Mittel einer Enteignung aus Gründen des Allgemeinwohls wird in der Regel nur nach langen, fruchtlosen Auseinandersetzungen gegriffen. Auch in diesem Fall kam es nach Aussagen der Beteiligten immer wieder zu Gesprächen, Angeboten, vorübergehenden Einigungen und neuen Zerwürfnissen. Diese haben zudem eine lange Vorgeschichte, die schon vor über 20 Jahren, bei der Planung des von vielen Neuhäusern ersehnten Haltepunktes, begann. Und in deren Verlauf der besagte Anlieger, Bestattungsunternehmer Ralf Berhorst, sich mehrfach getäuscht sah, obwohl er immer wieder bereit gewesen sei, einzulenken, wie er gegenüber der NW beteuert. Viel Ärger und eine Stange Geld sind die Kosten Das hat Berhorst viel Ärger im Ort gebracht und auch eine Stange Geld gekostet, womit er nicht nur die Rechtsanwaltshonorare meint. Viele Nutzer der Bahn nahmen's jedoch auch pragmatisch und umgingen das Absperrgitter per Ausfallschritt über das Bahngelände - wenn auch verbotenerweise. Allerdings ist auch nicht bekannt, dass diese Übertretungen dort polizeilich geahndet worden wären. Wer jedoch zum Beispiel als weniger mobiler Mensch oder mit einem Kinderwagen vom Bahnsteig zur Hatzfelder Straße wollte, musste dann doch eher einen Umweg wählen. Von dem Ralf Berhorst übrigens bestreitet, dass er wirklich 250 Meter lang sein muss, wie behauptet werde; es gehe auch viel kürzer, sagt der Neuhäuser, und kommt mit seiner Ortskenntnis im Zweifel auf nur 70 Meter. Am Anfang des Streits stand offenbar schon die Entscheidung, wo der damals neue Haltepunkt in Schloß Neuhaus überhaupt gebaut werden sollte. Noch 2004 habe die Deutsche Bahn selbst den Bahnsteig auf der Ostseite des Sennebahn-Gleises abgelehnt, weil es sich bei der Bestattungsfirma, deren Ausstellungsraum nur drei Meter Abstand von der Bahntrasse hat, um ein schützenswertes Unternehmen handele, berichtete schon vor zehn Jahren das Ehepaar Berhorst gegenüber der NW. Die DB habe der Stadt damals empfohlen, einen anderen Standort für den Haltepunkt zu suchen. Es habe mehrere geeignete Grundstücke gegeben. Entgegen ihrer Aussage von 2004 und ohne die Anwohner zu informieren, habe die Bahn 2008 dann mit dem Bau des Haltepunktes begonnen, und das auf der Basis einer veralteten Katasterunterlage, in der zwei im Jahre 2000 errichtete Hauserker gar nicht verzeichnet waren. Einen Baustopp und ein gerichtliches Mediationsverfahren später wurde vereinbart, dass die Bestattungsfirma eine Lärm- und Sichtschutzwand bekommt und nach Abschluss der Arbeiten der Garten wiederhergestellt wird. Im Gegenzug erklärte sich Ralf Berhorst bereit, in einem zweiten Schritt den Zugang von der Hatzfelder Straße zum Bahnsteig zu ermöglichen. Erst danach sollte der Haltepunkt eröffnet werden. Doch ,,über unseren Kopf hinweg“ und noch vor Fertigstellung der Mauer sei Ende Oktober 2008 die Inbetriebnahme des Haltepunktes erfolgt. Die eigentlich vereinbarte Rekultivierung des Gartens sei gar nicht möglich gewesen, weil die Bahn nicht nur eine ,,miserabel ausgeführte“ und nicht vor Frost und Feuchtigkeit geschützte Mauer gebaut habe. Deren Fundamente lägen vielmehr so hoch, dass nur noch 20 Zentimeter Erdreich hätten aufgefüllt werden können - viel zu wenig für einen Garten. In Absprache mit der Bahn hätten die Berhorsts den ehemaligen Garten pflastern lassen. Und blieben danach auf den Kosten von 15.000 Euro sitzen, weil die Bahn diese für unangemessen hoch hielt. So kam eins zum anderen, die Fronten verhärteten sich. Von der Enteignung weiß der Enteignete noch nichts "Von der Enteignung weiß ich jedenfalls offiziell noch nichts," sagt Ralf Berhorst jetzt auf Anfrage der NW. Laut Grundbuch gehörten die sechs Quadratmeter immer noch ihm. "Da finde ich es nicht angemessen, dass nun schon Vermessungsleute der Bahn auf meinem Boden herumlaufen", ärgert er sich. Eine Entschädigung habe er auch noch nicht auf dem Konto. Wobei er davon ausgehe, dass dafür wenigstens ein aktueller Bodenrichtwert zu Grunde gelegt wird. Und nicht der von vor 20 Jahren, der bisher immer Grundlage für Angebote gewesen sei. Außerdem sei da auch noch die Sache mit dem Zugang zu seinem Hintereingang zu klären. Weiteren Gesprächsbedarf scheint es in der Sache also durchaus noch zu geben. Mit Blick auf die Enteignung ist Ralf Berhorst jedenfalls der Meinung: "Den ganzen Ärger und die Kosten hätte man sich sparen können, wenn man am Anfang mal alle Anwohner gefragt hätte, wo der Haltepunkt eigentlich hin soll und die Bahn nicht einfach drauflosgeplant hätte. An dieser Stelle ist er jedenfalls falsch, schon alleine, weil es keine Parkplätze für Park & Ride gibt."

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