Fassbier wird im Kreis Paderborn zum Ladenhüter

Kreis Paderborn. Wer gerne Bier trinkt, der weiß, dass nichts über ein frisch gezapftes geht - egal ob Pils, Bier, Alt oder Weizen. Doch derzeit gibt es das nirgendwo: Restaurants und Kneipen haben geschlossen. Und die großen Stadt-, Volks- und besonders die Schützenfeste fanden nicht statt. Es sind knüppelharte Zeiten für die Brauereien, die für ihre Fässer keine Abnehmer haben, sowie auch für Festwirte und Getränkehändler. Im ersten Halbjahr 2020 ist der Umsatz in der Gastronomie zu fast 35 Prozent eingebrochen. Das ist der stärkste Umsatzrückgang der Branche, der je gemessen wurde, hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Noch schlimmer hat es die Kneipen, die viel später erst wieder öffnen durften, getroffen – sie hatten zwischen März und August rund 45 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr – und sind jetzt wieder geschlossen. Das schlägt auch voll auf die Brauereien durch. Brauerei kommt glimpflich durch die Krise 2020 bezeichnet Peter Böhling, Sprecher der Paderborner Brauerei, aufgrund der Pandemie als Ausnahmejahr. &bdquo;Der Ausfall aller Stadtfeste, aller Schützenfeste – und Schließung der Gastronomie tut uns als Paderborner Brauerei auch sehr weh. Hoffentlich dürfen wir nächstes Jahr wieder die tollen Feste wie Libori, Schützenfeste insbesondere mit dem Paderborner Schützenverein und Fassbier mit guten Freunden in der Gastronomie genießen", sagt Böhling. Den Hauptanteil des Absatzes – mit großem Abstand – mache die Brauerei allerdings im Einzelhandel mit Flaschenbier. &bdquo;Somit kommen wir eigentlich relativ glimpflich durch die derzeitige Corona-Krise", relativiert Böhling. Gleich drei Produkte seien Marktführer. Besonders das Pilger Landbier sei sehr beliebt und liegt im Segment Landbier (34 %) in NRW vorne, ebenso das Paderborner bei den günstigen Bieren. Und auch beim bundesweiten Verkauf an Tankstellen sei die Paderborner Halbliter-Dose mit 21 Prozent Marktanteil deutlicher Marktführer. &bdquo;Unterm Strich merken wir allerdings auch, die Vielzahl der sehr niedrigen Angebotspreise der Fernsehbiere im Handel in NRW", so der Sprecher der Paderborner Brauerei. Hoffen auf Ende des Lockdown Reichlich Bierfässer ohne einen Abnehmer hat Getränke Driller aus Paderborn. &bdquo;Zurzeit läuft nichts mit Fassbier", sagt Michael Hansmann, der beim Getränkegroßhändler für den Handel und Gastro zuständig ist. Es sei schade, denn nach dem Ende des ersten Lockdown sei die Gastronomie schon wieder gut angelaufen. &bdquo;Die steigenden Infektionszahlen haben definitiv nicht an der Gastronomie gelegen, die Hygieneregeln dort waren gut. Ich hoffe, dass im Dezember die Gastronomie wieder öffnen darf, aber ich schätze, dass es noch 14 Tage länger dauern wird", so Hansmann. Hart getroffen wurde Getränke Driller aber von den Absagen der großen Feste. &bdquo;Wir haben sonst 12, 13 Schützenfeste und etwa 150 andere Veranstaltungen im Jahr. Darunter auch Libori, Allerheiligenkirmes in Soest oder den Schlänger Markt. Zudem beliefern wir auch die Benteler-Arena, aber beim SC Paderborn sind ja keine Zuschauer zugelassen. Das alles fehlt uns komplett", zählt Hansmann auf. Mit Flaschenbier könne man den ausgebliebenen Fassbierverkauf nicht kompensieren. &bdquo;Wenn der Lockdown noch verlängert wird, kann es sogar sein, dass wir Fässer zur Brauerei zurückführen müssen – dort wird das Bier dann entsorgt", sagt Hansmann. Auf den Kosten könne der Händler – je nachdem wie kulant die Brauerei sei – dann sitzenbleiben. Deutscher Brauerbund hat große Sorge Mit Sorge auf die jetzige Situation schaut auch Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. &bdquo;Der neuerliche Lockdown ist für die wirtschaftliche Situation der Gaststätten, Hotels, Bars, Kneipen und Clubs verheerend. Auch die mittelständisch geprägte Brauwirtschaft mit ihren mehr als 1.500 Betrieben ist massiv betroffen. Über Nacht kam der Fassbierabsatz völlig zum Erliegen – und niemand weiß, wie es jetzt weiter geht", so Eichele. Für viele der überwiegend familiengeführten und mittelständischen Brauereien in Deutschland sei die Situation mittlerweile sehr ernst, für manche auch existenzbedrohend. Die Zusage der Bundesregierung, das unverschuldet in Not geratene Gastgewerbe mit finanziellen Hilfen unterstützt werden, begrüßt der Deutsche Brauer-Bund. Eisele hofft, dass nun schnell und unbürokratisch gearbeitet werde. Er fordert aber auch, dass die ähnlich schwer betroffenen Partnerbranchen ebenfalls eine Unterstützung erhalten, die das Überleben dieser Betriebe sichere. &bdquo;Auch Lieferanten wie Brauereien brauchen dringend Hilfe und vor allem auch eine Perspektive für die Zukunft", betont der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes.

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