Warum es seit Jahren immer mehr Wildunfälle im Kreis Paderborn gibt

Kreis Paderborn. Es wird Herbst und damit beginnt in den Abend- und frühen Morgenstunden während der Dämmerung eine gefährliche Zeit für Autofahrer – besonders auf waldreichen Strecken, die es im Kreisgebiet Paderborn reichlich gibt. In dieser Woche meldete die Polizei bereits drei Wildunfälle. Zwei Rehe und ein Wildschwein wurden in Alfen, Fürstenberg und bei Delbrück angefahren. Geht man nach der Statistik dürfte es bald noch mehr Unfälle dieser Art geben, denn der Spätherbst ist die Zeit der meisten Wildwechsel und die Tendenz der letzten Jahre ist steigend. Autofahrer müssen immer bremsbereit sein Laut Aufzeichnungen der Kreispolizeibehörde gab es 2016 im Kreis Paderborn 1.172 Wildunfälle, ein Jahr später zählte die Polizei schon 1.323. Im Jahr 2018 wurden mit 1.216 Wildunfällen zwar wieder weniger aufgezeichnet, aber 2019 stieg die Zahl auf 1.407. &bdquo;Wir können immer nur zur Vorsicht mahnen", sagt Polizeihauptkommissar Michael Biermann. Die Autofahrer müssen auf die Gefahrzeichen &bdquo;Wildwechsel", die besonders belastete Strecken kennzeichnen, achten. Aber es könne auch auf anderen Straßen zu plötzlichen Begegnungen mit Wildtieren kommen. &bdquo;Wo ein Tier über die Straße wechselt, ist mit weiteren zu rechnen. Daher immer bremsbereit sein", so Biermann. Zudem solle man nicht ausweichen, sondern bremsen falls es zum Wildwechsel komme. Ein Aufprall auf ein Hindernis oder einen Baum am Straßenrand habe meistens schlimmere Folgen. Allerdings sei die Anzahl der Personenschäden bei Wildunfällen rückläufig. Waren es 2017 noch 17 Verletzte, zählte man 2018 nur noch acht und vergangenes Jahr nur vier. Tiere sind auf Nahrungssuche mehr in Bewegung Mehr Unfälle, weil mehr Wildtiere – das schließt Berthold Antpöhler, Vorsitzender der Kreisjägerschaft aus. &bdquo;Mehr Wild gibt es nicht. Viel mehr sind die Tiere mehr in Bewegung, denn es gibt immer mehr große Felder. Sie suchen Futter und Feuchtgebiete", erklärt der Bad Lippspringer, der auch noch andere Gründe für den starken Anstieg in der Statistik hat. Zum einen gebe es mehr Verkehr und zum anderen bestehe seit fünf Jahren durch eine Änderung im Jagdgesetz eine Meldepflicht. &bdquo;Da kommen jetzt Wildunfälle – zum Beispiel mit einem Hasen oder Fuchs – in die Statistik, die vor fünf Jahren vielleicht noch nicht gemeldet wurden. Aber die Meldepflicht ist wichtig, denn so können wir Jäger auch unserer Verpflichtung der Nachsuche immer nachgehen", so der Kreisjäger-Chef. Antpöhler sieht die Unfallschwerpunkte auf den Kreis- und Landstraßen nicht nur im Herbst, sondern auch von März bis Mai. &bdquo;Die Tiere gehen immer nach dem Licht. Leider wird in den dunklen Jahreszeiten unverhältnismäßig gefahren", ruft er wie die Polizei zu einer angepassten und vorsichtigen Fahrweise auf. Die meisten Unfälle passieren mit Rehwild Die mit Abstand meisten Wildunfälle passieren durch Rehwild. In der vergangenen Jagdsaison (April 2019 – März 2020) sei das laut Antpöhler 680-mal der Fall gewesen, Zusammenstöße mit Wildschweinen habe es 114-mal gegeben. Unfälle mit Damwild (23) oder Rotwild (3) seien dagegen eher selten. Grünbrücke bei Buke ist eine teure Lösung Eine Lösung, wenn auch eine kostspielige, könnten Grünbrücken wie über die Bundesstraße 64 bei Buke sein. Das über drei Millionen Euro teure Projekt, das 2013 realisiert wurde, werde von den Tieren genutzt und sei ein Paradebeispiel zur Entschärfung des Unfallrisikos. &bdquo;Die Straße ist in dem Bereich eingezäunt und die Tiere werden durch dieses Nadelöhr über die Brücke geführt", erklärt Förster Jan Preller von Wald und Holz NRW. Blaue Reflektoren bringen nicht viel Auch die blauen Reflektoren an den Leitpfosten sollen Tiere davon abhalten, die Straße zu überqueren. &bdquo;Laut unseren Auswertungen sind die blauen Reflektoren nicht effektiv. Auf den von uns ausgewerteten Strecken waren keine positiven Effekte erkennbar", teilte die Paderborner Kreispolizeibehörde auf Anfrage mit. Auf ein ähnliches Ergebnis kam 2018 eine Studie der Unfallforschung der Versicherer: Bei einer Untersuchung auf 150 Teststrecken – unter anderem auch im Landkreis Höxter – seien sie wirkungslos gewesen. Da auch viele Wälder durch Trockenheit und den Borkenkäfer stark geschädigt sind und viele Flächen abgeholzt werden mussten, könnte es in den nächsten Jahren noch mehr Wildwechsel geben. &bdquo;Ob Rot-, Schwarz- oder Rehwild – alle müssen sich an einen veränderten Lebensraum anpassen und sich neu orientieren. Aber Wildtiere reagieren unterschiedlich. Ob es eine Verlagerung von Wildunfallhäufungen oder mehr Wildwechsel geben wird, kann man aber jetzt noch nicht sagen. Dafür ist es noch zu früh", meint Jan Preller. Richtiges Verhalten nach einem Wildunfall Nach einem Unfall muss die Unfallstelle abgesichert werden, damit es nicht zu Folgeunfällen kommt und die Polizei verständigt werden. Das gilt auch, wenn das Tier verletzt geflüchtet ist. Ein zuständiger Jagdpächter (in der Regel von der Polizei gerufen), holt das getötete Tier ab oder versorgt das verletzte Tier. Ein Jäger kann auch eine Wildschadenbescheinigung aushändigen. Das angefahrene Wild darf vom Unfallort nicht entfernt werden, sonst droht eine Anzeige wegen Wilderei. Das kann eine Strafe nach sich ziehen, warnt der ADAC.

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