Sind etablierte Parteien bei der Kommunalwahl im Vorteil?

Kreis Paderborn. Bis zur Kommunalwahl sind es noch gut vier Monate - für Stadtrats- und Bürgermeister-Kandidaten eigentlich noch viel Zeit, in der sie um Stimmen werben können. Neuere Parteien und Wählergruppen blicken derzeit aber auf ein anderes, wesentlich früheres Datum: den 16. Juli. Bis dahin müssen sie genug Unterstützung vorweisen, um im September überhaupt antreten zu dürfen. Mehrere Kandidaten im Kreis Paderborn erklären jedoch, warum dieser Schritt in der Corona-Zeit erschwert wird. "Die etablierten Parteien sind im Vorteil", sagt Willibald Haase. Er will Bürgermeister in Delbrück werden. Als Fraktionsvorsitzender der Sozialen Gemeinschaft Delbrück hat er die SGD-Mitglieder hinter sich. Das allein reicht aber nicht, um auf dem Wahlzettel aufgeführt zu werden. Erst Ende 2015 hat Haase die Fraktion mitgegründet, sie gehört dem Rat in der aktuellen Wahlperiode daher nicht ununterbrochen an. "Bürger reagieren besonders sensibilisiert" Laut Kommunalwahlgesetz muss er deswegen Unterschriften sammeln - mindestens 190 an der Zahl, erklärt Haase. Da die SGD zudem in allen 19 Delbrücker Wahlbezirken antreten will, werden pro Bezirk weitere fünf wahlberechtigte Unterstützer benötigt. Plus 28 für die Reserveliste. Seine Mitstreiter und er seien nun - wegen des Lockdowns mit eineinhalb Monate Verzögerung - "fleißig dabei", vor Ort zu sammeln. "Wegen Corona reagieren die Bürger aber besonders sensibilisiert, wenn plötzlich Fremde vor der Tür stehen", sagt Haase. "Es kam tatsächlich vor, dass die Leute uns die Tür vor der Nase zugeknallt haben." Nur mit einer schnellen Unterschrift, wie man sie auch dem Paketboten gibt, ist die Unterstützungsbekundung nicht getan. Die Wahl-Beauftragten der Städte händigen beglaubigte Formblätter hierfür aus. "Was dort alles angegeben werden muss, muss man den Bürgern erst einmal erklären", so der Bürgermeister-Kandidat. Da käme man ihnen automatisch körperlich näher. Durch Corona verstrichene Zeit nicht mehr einholbar "Aber den Leuten ist das Risiko eines individuellen, nahen Gesprächs zu groß. Sie lassen sich nicht in ein Gespräch verwickeln", meint Johannes Willi Knaup, Fraktionsvorsitzender der Liberal-Konservativen Reformer (LKR) in Paderborn. "Für viele ist die Kommunalwahl jetzt kein Thema. Das kann ich nachvollziehen", sagt er. Die LKR brauchen je fünf Unterstützerstimmen aus 29 Paderborner Wahlbezirken. "Das ist derzeit unmöglich." Wenn es beim Wahltermin und der damit einhergehenden Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen bleibt, würden die LKR nicht antreten, so Knaup. "Anfang Juni werden wir entscheiden, wie die Stimmung ist." Einen "klassischen Wahlkampf" will Meinolf Krawczyk führen. "Ich möchte von Haus zu Haus gehen", sagt Krawczyk, der in Büren als Einzelbewerber zur Bürgermeister-Wahl antreten will. "Aber wie soll ich das unter den jetzigen Beschränkungen machen?" 230 bis 250 Unterstützer, inklusive einer Fehlerquote, falls eine Unterschrift vom Wahlamt nicht gewertet wird, benötige er. Er sei in mehreren Vereinen, wo er eigentlich geballt Stimmen sammeln wollte. "Aber das Vereinsleben liegt lahm." Die durch Corona verstrichene Zeit sei nicht mehr einholbar. Er hofft daher auf eine Wahlverschiebung. "Wir brauchen gleiche Bedingungen, jetzt sind sie nicht gleich" Auch Rainer Lummer von "Für Paderborn" ist für diese Lösung. "Da wir nicht wissen, wie es weitergeht, müssen wir so tun, als ob es normal stattfindet", sagt er. Und das bedeutet: "Wir fangen bei unseren Bekannten mit den Unterstützerunterschriften an. Bezirke, wo das nicht möglich ist, haben wir zurückgestellt." Lummer sieht auch über die Einreichung der Wahlvorschläge Probleme. Die Coronasituation erschwere generell den Wahlkampf, den "die Kleinen nutzen, um sich bekannt zu machen", so der Paderborner Ratsherr. "Wir brauchen gleiche Bedingungen, jetzt sind sie nicht gleich." Hoffnungen machen sich die Kandidaten von Gesprächen in Düsseldorf. Aktuell wird im Landtag über eine Fristverlängerung zur Einreichung der Kandidatenlisten diskutiert.

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