Das sagen Paderborner Handwerker zur Rückkehr der Meisterpflicht

Paderborn. Kurz nachdem Markus Kruse den Meisterbrief als Raumausstatter in der Tasche hatte, kippte die damalige rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2004 die Meisterpflicht für 53 Handwerksberufe. "Das war natürlich nicht so schön", sagt Kruse, der heute ein Geschäft an der Westernmauer führt, rückblickend. Nun folgt zumindest teilweise die Rolle rückwärts. Neben bereits zulassungsbeschränkten Gewerken gilt für 12 weitere fortan wieder: Wer einen Betrieb eröffnen möchte, muss den Meisterbrief vorweisen. "Damals hat man gehofft, durch ganz viel Selbstständigkeit würde die Arbeitslosigkeit abnehmen", sagt Peter Gödde, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe. In den betroffenen Branchen kamen so zahlreiche Ein-Mann-Betriebe auf den Markt. Das Problem: "Seitdem sind die Ausbildungen zurückgegangen", erklärt Gödde. Denn weniger Meisterbriefe bedeuten in der Regel auch weniger Auszubildende. "In den 12 Berufen wird das nun korrigiert. Es ist immens wichtig, die Ausbildung aufzuwerten", sagt der Hauptgeschäftsführer. Raumausstatter, Holzspielzeugmacher, Fliesenleger Zu den 12 Berufen, die nun laut Handwerksordnung wieder mit einer Meisterpflicht versehen sind, gehören unter anderem Raumausstatter, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Holzspielzeugmacher und Fliesenleger. "Ich persönlich begrüße die Entscheidung sehr", sagt Fliesenlegermeister Thomas Förster. Die Abschaffung der Meisterpflicht habe man damals qualitativ und preislich gespürt. "Man konnte sich als Fliesenleger selbstständig machen, ohne das je gelernt zu haben", sagt Förster. Durch die Novellierung der Handwerksordnung hätten nun Fliesenleger zudem wieder mehr Lust, Azubis aufzunehmen. Förster selbst bildet fortlaufend aus. Jene Betriebe, denen ein Meister fehlt, müssen aufgrund der Änderung nicht schließen. Für sie gilt Bestandsschutz. Wie viele das für die 12 Gewerke genau sind, ist schwierig zu ermitteln. Ende des Jahres 2019 Ende hatte die Handwerkskammer im Kreis Paderborn insgesamt 3.414 Mitgliedsbetriebe. Davon sind 2.038 Vollhandwerke. Das bedeutet, dass deren Betriebsinhaber einen Meisterabschluss in dem jeweiligen Handwerk oder einen vergleichbaren Abschluss nachweisen muss. Alternativ kann ein Betriebsleiter mit der erforderlichen Qualifikation eingestellt werden. Es ist keine "schlagartige Veränderung" zu erwarten Aufgrund des Bestandsschutzes geht Peter Gödde davon aus, dass es zunächst keine "schlagartige Veränderung" geben wird. Trotz dieses fortlaufenden Prozesses gibt es auch Kritik an der politischen Entscheidung des Bundestags. Die Monopolkommission, ein Beratungsgremium der Bundesregierung, kritisiert die Rolle rückwärts. Ihr zufolge würden neue Hürden für den Markt- und Berufszugang errichtet. Verbraucher profitierten derzeit von der "qualitativen Differenzierung handwerklicher Leistungen", wie es in einem Grundsatzpapier heißt. Die Kunden hätten also künftig weniger Auswahl, müssten mehr zahlen und möglicherweise länger auf die Dienstleistungen warten. "Dass der Kunde warten muss, liegt daran, dass wir zu wenig Facharbeiter und Gesellen in den Betrieben haben", entgegnet Peter Gödde. Betriebe gebe es hingegen genug. Fraglich ist, ob es in Zukunft eine weitere Ausweitung der Meisterpflicht auf andere Handwerksberufe gibt, die von der Neuerung bisher nicht betroffen sind. Eine weitere Ausweitung sei politisch nicht gewollt Gödde hält das momentan für politisch nicht gewollt. Für die Wiedereinführung der Meisterpflicht in den 12 Handwerksberufen gibt es unterschiedliche Argumente: mehr Verbraucherschutz, eine gestärkte Ausbildung, besondere Gefahren bei der Ausübung des Berufs. Betriebe mit einem Meister seien zudem langlebiger, auch wenn der Chef möglicherweise selbst nicht mehr mit anpackt. Häufig wird die Regelung mit dem Schutz von Kulturgütern angeführt, was jedoch nicht unumstritten ist. Für den Paderborner Raumausstattermeister Markus Kruse sei die Meisterschule eine wertvolle Erfahrung gewesen, die ihn weitergebracht hat. "Das Vorsieben ist die Ausbildung. Das feinere Sieb ist dann der Meistertitel", vergleicht er. Mittlerweile sieht er, der Chef von sechs Mitarbeitern ist, die Diskussion aber etwas gelassener als noch vor 17 Jahren: "Im Prinzip juckt mich das nicht. Das, was zählt, ist die Qualität."

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