Wenn Wutbürger austicken: diese Erfahrungen machten Bürgermeister im Kreis

Kreis Paderborn. Beschimpfungen, Bedrohungen, Hassbriefe: Auch die Bürgermeister aus den Kommunen im Kreis wissen von einigen Fällen zu berichten und die häufen sich teilweise. Zu einer Bewaffnung zum Selbstschutz, wie sie ein Amtskollege im Rheinland anstrebte, haben sie einen klaren Standpunkt. Nägel im Reifen in Altenbeken Kaputte Reifen und anonyme Drohbriefe – das sei das Schlimmste gewesen, was Bürgermeister Hans Jürgen Wessels in seiner langen Amtszeit erlebt habe. &bdquo;Die Briefe habe ich aber nicht sonderlich ernst genommen, sie hatten auch keine Hinweise auf politische Motive", sagt der dienstälteste Bürgermeister des Kreises, der zuvor 26 Jahre bei der Polizei war und dort schon einiges mitgemacht habe. &bdquo;Und in meiner Anfangszeit hatte ich dreimal einen Nagel im Autoreifen – das kann kein Zufall gewesen sein", so Wessels, der in sozialen Medien aber noch keine Bedrohungen erhalten habe. Er halte auch nichts davon, Bürgermeister zu bewaffnen. Lippspringes Bürgermeister: "Dreimal tief durchatmen" Bürgermeister Andreas Bee hat eine ernsthafte Bedrohung in seiner zehnjährigen Amtszeit bisher nicht gespürt. Allerdings habe es durchaus massive Beschimpfungen bis hin zu Beleidigungen gegeben, so Bee. &bdquo;Dreimal tief durchatmen und weitermachen. Es macht keinen Sinn, darauf zu reagieren und sich vom Kurs abbringen zu lassen, von dem man überzeugt ist", hat er ein Rezept damit umzugehen. Zu seinem Berufs-Kollegen in Kamp-Lintfort meint er: &bdquo;Offenbar fühlt er sich massiv bedroht, sonst würde er sicher nicht zu solchen Mitteln greifen." Wenn Wutbürger austicken: Gewalt gegen Kommunalpolitiker und Verwaltungsmitabeiter Keine Hass-Erfahrungen in Wünnenberg &bdquo;Mit Hass habe ich weder on- noch offline Erfahrungen gemacht. Natürlich wird in meiner Position als Bürgermeister Kritik an mich herangetragen – und darum bin ich sehr froh. Denn nur wenn die Bürgerinnen und Bürger das Gespräch mit mir suchen, wenn etwas nicht optimal läuft, können wir das Problem gemeinsam lösen", sagt Bürgermeister Christoph Rüther. Eine Bewaffnung von Mandatsträgern lehne er wie auch bei Privatpersonen entschieden ab. In Büren fehlt oft die Wertschätzung &bdquo;Bislang habe ich persönlich keine Drohungen erhalten, aber es fehlt oft die Wertschätzung für die engagierte Arbeit der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Politiker vor Ort. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass der oft raue Umgangston besser wird und wir als Demokraten zusammenstehen", meint Bürgermeister Burkhard Schwuchow, der großes Verständnis für das Bedürfnis des Bürgermeisters aus Kamp-Lintfort hat, sich und seine Familie zu schützen. &bdquo;Das Anschaffen einer Waffe wäre für mich jedoch aus Angst vor einer unkontrollierten Gewalteskalation keine Option. Zum Schutz meiner Familie und meiner eigenen Person würde ich wahrscheinlich das Mandat für das Amt des Bürgermeisters niederlegen." Mehr Beschimpfungen gegen Borchens Reiner Allerdissen Einen Anstieg von Beschimpfungen bis hin zu Bedrohungen hat Bürgermeister Reiner Allerdissen ausgemacht. &bdquo;Die sozialen Medien machen es einfacher. Aber wir brauchen uns nicht zu wundern, denn die Werte in unserer Gesellschaft haben sich massiv geändert. Das geht nicht nur gegen Politiker, sondern auch gegen Menschen, die anderen helfen", so Allerdissen. Beschimpfungen habe er schon oft erhalten. &bdquo;Man hat mir auch mein Auto von oben bis unten mal zerkratzt. Aber das wirft mich nicht aus der Umlaufbahn", sagt der Bürgermeister. Eine Waffe zu tragen, käme für ihn überhaupt nicht in Frage. Das sei ein Stück Hilflosigkeit und Ohnmacht. Delbrück: phasenweise Bedrohungen aus ganz Deutschland Richtig heftige Kritik – teilweise auch mit Bedrohungen – musste Bürgermeister Werner Peitz 2016 und 2017 einstecken. Grund war ein Zwischenfall im Hallenbad. Zwei Flüchtlinge wurden beschuldigt, einen Jugendlichen sexuell missbraucht zu haben. Am Ende wurden sie freigesprochen. &bdquo;Da gab es viele Beleidigungen, deutschlandweit. Ich habe das alles nicht ernst genommen, aber man macht sich schon Gedanken", so Peitz, &bdquo;aber seit zwei Jahren haben wir überhaupt keine Probleme mit anonymen Briefen oder Mails. Sicher beschwert sich mal einer, aber dann suche ich auch das direkte Gespräch." Hövelhofs Berens: "unsachliche Diskussionen in sozialen Medien" Bedroht gefühlt habe er sich noch nicht, sagt Bürgermeister Michael Berens. Es gab zwar Beleidigungen, aber nicht in einer massiven Form. &bdquo;Man kann aber feststellen, dass der Unmut bei einigen gestiegen ist. Es ist eine andere Diskussionskultur vor allem in den sozialen Medien entstanden, da läuft vieles auf unsachlicher Ebene ab", kritisiert Berens und mahnt, zur Sachlichkeit zurückzukommen. Lichtenaus Hartmann kennt die "Spezialisten" &bdquo;In Lichtenau haben wir zum Glück kein Problem damit", sagt Bürgermeister Josef Hartmann. Er sei noch nie bedroht worden. &bdquo;Beschimpfungen kommen schon mal vor, aber das ist normal. Ich habe hier meine Spezialisten und weiß, wie ich sie zu nehmen habe", hat Hartmann einen Weg der Deeskalation: er spricht direkt mit den unzufriedenen Bürgern. Hausverbote in Salzkotten Böse Facebook-Posts und anonyme Briefe – die Grenze des gutes Geschmacks sieht Bürgermeister Ulrich Berger oft überschritten, eine Gefährdungslage gab es allerdings nicht. Es wurden aber Hausverbote im Rathaus erteilt gegen Menschen, die sich gegen Mitarbeiter der Verwaltung nicht angemessen verhalten haben. Er habe durch die sozialen Medien eine andere Dynamik in der Diskussionskultur festgestellt, so Berger.

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