Paderborn

Ein Zuhause für die queere Jugendszene in Paderborn

Im Jugendtreff Ohana in Paderborn tauschen sich queere Jugendliche über Unsicherheiten aus. Warum persönliche Erfahrungsberichte wichtig sind

Bunt: Ob lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer und auch hetero, im Jugendtreff Ohana, hawaiianisch für "Familie", sind alle willkommen. | © Pixabay (Symbolfoto)

03.09.2019 | 03.09.2019, 08:00

Paderborn. Konstantin* kam als Mädchen auf die Welt, fühlte sich aber falsch in seinem eigenen Körper. Heute ist der 19-Jährige äußerlich ein Mann und "fertig”, wie er selbst von sich sagt. Vor zwei Jahren war er das erste Mal im Ohana. Seitdem ist viel passiert. Viele der Fragen, die er zu Beginn seiner Entwicklung hatte, konnten ihm im Ohana beantwortet werden. Nun engagiert er sich selbst als Leitung im queeren Jugendtreff.

Offene Tür: Viola Hellmuth freut sich über neue Gesichter im Jugendtreff. - © Julia Lichtnecker
Offene Tür: Viola Hellmuth freut sich über neue Gesichter im Jugendtreff. | © Julia Lichtnecker

Der Begriff "Queer" stammt aus den USA und galt als Schimpfwort für Trans-Personen. Ende der 1980er Jahre hat sich die LGBT-Gemeinde den Begriff zurückerobert und fasst alle Geschlechteridentitäten zusammen. Ob lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer und auch hetero, im Jugendtreff Ohana, hawaiianisch für "Familie", sind alle willkommen. Für Unterstützung suchende Jugendliche wie Konstantin ist die Gruppe die erste Anlaufstelle. "Ohana bietet einen geschützten Rahmen zum Austausch”, sagt Viola Hellmuth, die den Treff seit einigen Monaten hauptamtlich leitet.

Gesamte queere Bandbreite ist vertreten

Die Gruppe ist angebunden an die Aidshilfe Paderborn. An zwei Nachmittagen treffen sich die queeren Jugendlichen in den Räumen im Gewerbegebiet an der Schulze-Delitzsch-Straße, die erst kürzlich bezogen wurden. Bei den noch laufenden Renovierungs- und Einrichtungsarbeiten packen die Jugendlichen und insbesondere das Leitungsteam gerne mit an. "Das Team ist richtig stark, zuverlässig und empathisch", sagt Viola Hellmuth zufrieden.

Mit der Erfahrung, die die neun Teamleitungen mit sich bringen würden, könne vielen Jugendlichen geholfen werden. "Wir haben inzwischen einmal die komplette queere Bandbreite”, erzählt Hellmuth. Durch persönliche Erfahrungsberichte öffnen sich viele Ratsuchende schneller, so die Sozialarbeiterin. Gerade für Trans-Jugendliche sei die Beratung häufig intensiver und persönliche Gespräche daher sinnvoll.

"Ob männliches oder weibliches Pronomen, ist mir egal"

Jojo* ist ebenfalls im Leitungsteam der Ohana. Sie – oder er – identifiziert sich als "non-binary”, zu Deutsch nicht-binär, also abseits der Einteilung in die zwei Geschlechter männlich und weiblich. Mit welchem Pronomen Jojo angesprochen wird, ist ihr egal. "Beides ist mir gleich angenehm”, sagt die 18-Jährige, die sich vorrangig als Mensch bezeichnet. In der Gruppe wird sie nur bei ihrem Spitznamen genannt, der zufälligerweise neutral ist. "Das fiel mir allerdings erst später auf”, sagt sie.

Jojo hat für sich ihre Definition gefunden, doch die sei von Person zu Person unterschiedlich. "Non-binary ist sehr individuell”, berichtet sie. Durch einen Freund ist die 18-Jährige auf Ohana aufmerksam geworden. Im Gespräch vor Ort merkte sie, dass sie mit ihrem Gefühl nicht alleine ist. "Die Jugendlichen möchten nicht in Schubladen gesteckt werden, trotzdem ist der Wunsch nach Erklärung und Identifikation da", sagt Viola Hellmuth. Ein solches Label gebe ihnen auch Sicherheit.

Raus aus den Schubladen

Konstantin und Jojo sind dankbar für die Jugendgruppe und die Unterstützung, die sie dort bekommen haben. "Hier sind wir nicht in Schubladen", sagt Konstantin. Diese Erfahrung weiterzugeben, motiviert die jungen Teamleitungen. Die Schubladen auch im Alltag verschwinden zu lassen, ist eines der Hauptanliegen der Jugendlichen.

Der Jugendtreff Ohana ist offen für alle Interessierten im Alter von 14 bis 26 Jahren. Zudem ist eine weitere Gruppe für jüngere Teenager ab zehn Jahren geplant. Der Kontakt zu Ohana läuft über Viola Hellmuth unter Tel. 0151 56588645 oder über die Facebook-Seite der Jugendgruppe.

* Die Namen wurden von der Redaktion geändert