Europawahl: Grüne in der Paderborner Kernstadt vor der CDU

Kreis Paderborn. Die Grünen sind auch im Wahlkreis Paderborn der Gewinner dieser Europawahl. Stolze 22,7 Prozent verbuchten sie kreisweit und damit mehr als doppelt so viel wie bei der Europawahl 2014. Damit sind sie zweitstärkste Partei nach der CDU, die wie die SPD ordentlich Federn lassen musste: Die Christdemokraten büßten 13,5 Prozentpunkte ein, die Sozialdemokraten knapp 10 Punkte. Erfreulich hoch war die Wahlbeteiligung mit 60,3 Prozent (2014: 52,7). In Paderborn bleiben die Grünen nur um 2,7 Punkte hinter der CDU zurück und in der Kernstadt mit 62.000 Wahlberechtigten sorgen sie sogar für eine Sensation: Dort verbuchen die Grünen mit 29,3 Prozent der Stimmen 2,7 Prozentpunkte mehr als die CDU. Bekenntnis der Grünen für den Klimaschutz Entsprechend groß war die Freude bei der Wahlparty der Grünen im Sputnik. Als auf der Leinwand um 18 Uhr die erste Hochrechnung des Abends für die deutschlandweiten Ergebnisse projiziert wird, geht ein Raunen durch den Raum: der schwarze Balken stoppt bei knapp über 20 Prozent. Dann reißen alle die Arme hoch, als der grüne Balken hoch schießt. &bdquo;Fantastisch, ein überragendes Ergebnis", sagt Norika Creuzmann, Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Kreis Paderborn. Die Wähler hätten das klare Bekenntnis der Grünen für Europa und für den Klimaschutz honoriert. Von der neuen grünen Fraktion im Europaparlament erwarte sie, dass die nun konsequent für die Versprechen, die im Wahlkampf gemacht wurden, kämpfen. Auch die Mitglieder der Grünen Jugend sind begeistert vom Wahlergebnis: &bdquo;Klimaschutz ist im Moment das Thema", sagt René Scherf (27). Im Straßenwahlkampf habe er gemerkt, dass das die Menschen beschäftige, vor allem die jungen. Tim Aßbrock (18) ist erst seit wenigen Tagen dabei. Zwar habe er schon länger den Plan gehabt, sich politisch zu engagieren. &bdquo;Aber dann habe ich auf Netflix eine Doku über die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels gesehen – da ist mir klar geworden, dass ich selbst mehr tun muss, als alle paar Jahre wählen zu gehen." Konsterniertes Schweigen bei der SPD Die Christdemokraten hatten das Gewitter wohl vorausgeahnt: Statt Wahlparty gab es nur ein privates Treffen im kleinen Kreis. &bdquo;Ich hatte es befürchtet, aber gehofft, dass der Verlust weniger stark ausfällt", sagt Kreisvorsitzender Christoph Rüther. Auch wenn man im Wahlkreis Paderborn über dem Bundesergebnis liege. &bdquo;Wir müssen jetzt selbstkritisch sein, das Ergebnis aufarbeiten und andere Themen in den Fokus nehmen", erklärt Rüther. So bewerteten junge Menschen beispielsweise das Thema EU-Urheberrechtsreform offenbar anders. Die meisten Sozialdemokraten sind es nicht, die den Weg in die Kreisgeschäftsstelle in der Paderborner Kilianstraße genommen haben. Genau drei Getreue stehen dem Kreisvorsitzenden Burkhard Blienert dort bei, als um 18 Uhr die 15,5-Prozent-Prognose für die SPD im Fernseher verkündet wird. Konsterniertes Schweigen macht sich breit. Immerhin: Die ebenfalls schwachen Zahlen aus Bremen, die dort aber ein Rot-grün-rotes Bündnis möglich machen, richten die Sozialdemokraten beinahe wieder etwas auf. Höhere Wahlbeteiligung &bdquo;Wir stecken immer noch in einer Glaubwürdigkeitsfalle", sagt Burkhard Blienert und spielt damit auf das Ergebnis der Schröder-Jahre mit ihrer Hartz-Gesetzgebung an. Wähler, die sich damals von der SPD abwendeten, hätten nun eine neue Heimat bei anderen Parteien im linken Spektrum gefunden – vor allem bei den Grünen. &bdquo;Dabei hatten wir mit unseren Wahlkampfaktionen eigentlich guten Zuspruch", sagt Blienert, der mit bundesweit um die 18 Prozent gerechnet hatte. Es habe wohl aber auch am bestimmenden Thema Klimaschutz gelegen, dass speziell die Grünen punkten konnten. Im Parteibüro der Linken in der Ferdinandstraße sind zwar dreimal so viele Anhänger wie bei der SPD. Aber Grund zum Jubeln gibt es auch hier nicht. &bdquo;Wir hatten mit einem ähnlichen Ergebnis wie 2014 gerechnet, also zwischen 7 und 8 Prozent", sagt Kreis-Sprecherin Alina Wolf. Allerdings sei man mit seinen Themen zum Beispiel zum Wohnungsmangel oder einer sozial-ökologischen Alternative wohl nicht wie erhofft durchgedrungen. &bdquo;Dass Klimaschutz mit unserer Art zu Wirtschaften zu tun hat, müssen wir in Zukunft stärker betonen", sagt Jörg Schroeder, der wie Wolf den Wahlkampf organisierte.Die FDP verbesserte sich im Wahlkreis Paderborn gegenüber 2014 um mehr als drei Prozentpunkte und ist zufrieden. Interesse an politischen Debatten &bdquo;Besonders erfreulich ist es, dass die Wahlbeteiligung deutlich gestiegen ist", sagt Ratsherr Sascha Pöppe. Als Europa-Kandidat der FDP hat Rolf Zubler besonders in den vergangenen Tagen intensiv Wahlkampf betrieben. &bdquo;Besonders aufgefallen ist mir dabei das hohe Interesse an politischen Debatten. Die Menschen wollen wirklich diskutieren", sagt er. Sabine Martiny, einzige heimische Politikerin auf einem Listenplatz (3.), hoffte Sonntagabend noch, dass die Piratenpartei überhaupt wieder einen Sitz im EU-Parlament ergattert. Die AfD legte um 3,1 Punkte auf 8,1 Prozent und erreichte damit im Wahlkreis Paderborn weniger Zuspruch als im Bund.

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