Geisselscher Garten: Wie das Paderborner Kleinod zu seinem Namen kam

Paderborn. Eine Insel, darauf ein schmuckes Palais und daneben ein grüner, dichter Park: Wer durch Paderborns Innenstadt schlendert, darf sich über diese Pracht wundern - und sie genießen. Der Geisselsche Garten, unterhalb von Dom und Kaiserpfalz zwischen der heute als Stadtbibliothek genutzten früheren Domdechanei und der Mühlenstraße gelegen, gehört zu den schönsten Flecken in Paderborn. Rastplatz für Mensch und Tier. Wolf-Dietrich Robitzsch (83) kennt den Geisselschen Garten seit über 70 Jahren. Er gehört für ihn sozusagen zur Familie. Und das nicht nur, weil er das grüne Kleinod regelmäßig aufsucht, wenn er mal wieder bei seinem Bruder Hubertus (70) in Paderborn zu Besuch ist. Die Familienbande reicht vielmehr bis ins 19. Jahrhundert, die Zeit, in der der Garten seinen Namensgeber bekam. Darum rankte sich lange jedoch ein Rätsel, das, zumindest im Rahmen von offiziellen Paderborner Stadtführungen, offenbar ungelöst war. Falsche Spur nach Köln Im einem Bericht der Neuen Westfälischen wurde seitens eines Paderborner Stadtführers nämlich noch 2010 die Annahme verbreitet, der Name gehe vermutlich auf den Kölner Erzbischof und Kardinal Johannes von Geissel zurück, der den Paderborner Bischof Konrad Martin am 17. August 1856 weihte. Doch weit gefehlt. "Das weißt du besser", sagte sich Wolf-Dietrich Robitzsch, inzwischen Postdirektor a. D. in Hameln, als er erst kürzlich einen Hinweis auf den neun Jahre alten Artikel bekam. Manches braucht offenbar doch eine Weile bis es von der Pader an die Weser gelangt. Wolf-Dietrich Robitzsch sagt jedenfalls: "Der Garten ist nach meinem Urgroßvater Maximilian Geissel benannt." Und der war nicht Bischof in Köln, sondern Justizrat (und zeitweise Bürgermeister) in Warburg. Doch zeitlich lag der Paderborner Stadtführer somit gar nicht schlecht. Maximilian Geissel war nämlich um 1865 laut Robitzsch als Referendar am Amtsgericht Paderborn, also im Gebäude der heutigen Stadtbücherei tätig. Dahinter lag der parkähnliche Garten des Apellationsgerichstsrats August Rintelen, der mit seiner Familie in einem Fachwerkhaus gegenüber in der Michaelstraße wohnte. Von dort führte eine Brücke über den Paderarm zum Park. Geissel, ein passionierte Jäger, habe eines Tages seinen Jagdhund dabei gehabt. Doch der setzte prompt über die Mauer in den Park und verschwand darin. Robitzsch: "Geissel suchte also Rintelens auf, um den Hund zurückzuholen. Diesem Besuch folgten offensichtlich viele weitere, denn mein Urgroßvater heiratete 1870 Marie Rintelen, eine der vier Töchter. Und als der Schwiegervater 1883 starb, übernahm er das Haus mit dem Garten auf der Paderinsel." Geissel sei allerdings Rechtsanwalt und Notar in Warburg geblieben, das Haus in der Michaelstraße wurde vermietet. 1931 erbte es sein Sohn Theodor, Regierungsbaumeister bei der Heeresverwaltung in Paderborn. Erinnerung an August 1945 Den Familienzweig von Wolf-Dietrich Robitzsch hatte es da längst nach Ostpreußen gezogen. Er und seine damals schon drei Geschwister (später kamen noch zwei dazu) hatten im Sommer 1944 das Glück, zu einer Tante nach Usedom zu gelangen; von dort kamen sie - inzwischen war auch die Mutter auf Usedom - mit dem letzten Zug von Peenemünde in den Harz. Drei Tage vor Ostern 1945, als US-amerikanische Truppen von Süden her über die Diemel nach Ostwestfalen kamen, waren sie bei den Verwandten in Warburg, wo Robitzsch ab dann aufwuchs und 1955 Abitur machte. "Im August 1945 stand ich als 9-Jähriger zum ersten Mal im Geisselschen Garten in Paderborn", erinnert sich Robitzsch. Das Haus seines Onkels Theodor in der Michaelstraße war ausgebombt, der Onkel selbst in der Hathumarstraße untergekommen. Doch der Garten war in seiner Erinnerung unversehrt. Deutlich erinnert sich Wolf-Dieter Robitzsch an das Gartenhäuschen auf der Spitze an der Seite der Mühlenstraße und an die Grotte mitten im Park, heute noch erkennbar an der Mulde zwischen eindrucksvollen Findlingen. Aber auch an die ausgebrannten Türme der Abdinghofkirche in Sichtweite kann sich der Hamelner noch gut erinnern. Die Sache mit der Namensherkunft ist inzwischen jedoch auch von offizieller Seite geklärt. Auf der Infotafel zum Geisselschen Garten neben der Stadtbibliothek ist dann doch, und das sogar seit ein paar Jahren, der Bezug zu den wirklichen Vätern des Geisselschen Gartens, August Rinteln und Max Geissel, erläutert. Nur die schöne Geschichte mit dem Jagdhund, der vor über 150 Jahren jenen folgenschweren Satz über die Mauer tat, die hat bis heute gefehlt.

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