Paderborn

Paderborner und Flüchtlinge lernen sich beim Fest der Kulturen kennen

Warum die Integration in Neuenbeken gut gelingt

Fröhlich: Der Syrer Kawa Hasso hat am Frack von Weltenbummler Dirk Daniel seine Heimatflagge entdeckt. | © Andreas Götte

24.09.2018 | 24.09.2018, 14:43

Paderborn-Neuenbeken. Nachbarschaftshilfe heißt nicht nur eine Gruppe von rund 20 ehrenamtlich engagierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Neuenbeken zur Unterstützung der Flüchtlinge - sie wird im Paderborner Ortsteil seit drei Jahren auch fleißig mit Leben gefüllt. Das wurde bei der Premiere des Festes der Kulturen im Missionshaus Neuenbeken am Sonntag deutlich.

An der großen Weltkarte: Ein Flüchtling aus Pakistan zeigt Schwester Maria Irene die Lage seines Herkunftsortes Karachi. - © Andreas Götte
An der großen Weltkarte: Ein Flüchtling aus Pakistan zeigt Schwester Maria Irene die Lage seines Herkunftsortes Karachi. | © Andreas Götte

Da probierten Einheimische Kulinarisches aus verschiedenen Ländern aus, kamen Zugewanderte unter dem Motto "Sprich mit mir" mit Deutschen ins Gespräch oder markierten ihren Herkunftsort an einer Weltkarte. Menschen unterschiedlicher Herkunft sangen und musizierten miteinander oder probierten Spiele aus verschiedenen Ländern aus. Auch ein internationales Friedensgebet gehörte gestern zum Programm.

Mehr als 20 Vereine und Gruppierungen hatten das Fest zusammen mit den Ordensschwestern und der Nachbarschaftshilfe auf die Beine gestellt. Dirk Daniel aus Neuenbeken war gestern als Weltenbummler mit Frack, Zylinder und einem Koffer voller Jonglage-Utensilien unterwegs. Die Flaggen der 32 vertretenen Nationen in Neuenbeken prangten an seinem langen schwarzen Frack.

Nach Angaben der Nachbarschaftshilfe können in Neuenbeken die Flüchtlinge alle deutsch. Viele können mittlerweile auch lesen. Zumeist Lehrer waren es, die im Kloster Deutschkurse gegeben haben, als die Zugewanderten noch auf einen offiziellen Kursusplatz warteten. Und die Ordensschwestern boten zugezogenen Erwachsenen, die nicht alphabetisiert waren, Einzelunterricht an.

"Wir haben von Anfang an die Flüchtlinge in unsere Feste miteinbezogen, mit ihnen Ausflüge unternommen, sie beispielsweise bei Arztbesuchen und Behördengängen unterstützt und regelmäßige Treffen organisiert", sagt Christina Heemann von der Nachbarschaftshilfe. Unterstützung dafür gebe es im ganzen Dorf, "weil wir unsere Arbeit immer offen und ganz transparent kommuniziert haben", sagt Heemann.

Acht Moante in Neuenbeken gewohnt

Und das kommt der Integration der Flüchtlinge zugute. "Ich habe in Neuenbeken neue Freunde gefunden", sagt Behzad Sultani aus Afghanistan an einem der Essensstände. Der 26-Jährige ist vor drei Jahren mit seiner Familie nach Neuenbeken gekommen und freut sich über einen Ausbildungsplatz als Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice.

Rosa Tahlo hat acht Monate in Neuenbeken gewohnt. "Die Ausländer werden hier behandelt wie eine normale Familie", sagt die junge Frau aus Syrien. Das gestrige Fest nennt sie eine "große Sache". Beruflich interessiert sich Tahlo für eine Ausbildung in einem Restaurant.

Auch Apotheker Pierre Khoury möchte etwas erzählen. Der Syrier kam vor zwei Jahren nach Deutschland. Um hier seinen Beruf ausüben zu können, muss der frühere Pharmaziestudent ein einjähriges Praktikum in einer Apotheke absolvieren. "Deshalb bin ich im April von Neuenbeken nach Bielefeld umgezogen", sagt der 26-Jährige. Erst nach der erfolgreichen Prüfung bei der Bezirksregierung Detmold könne er anschließend als Apotheker arbeiten, sagt er.

Fluktuation ist relativ

Seit 2015 leben in Neuenbeken laut Stefanie Hinrichs durchschnittlich 60 Flüchtlinge. Die Fluktuation ist relativ groß. "Es kann sein, dass man eine Familie erfolgreich integriert hat, da verlässt sie uns wieder. Da wird man schon wehmütig", erzählt Hinrichs.

Die Idee zum Fest hatten die seit 1914 in Neuenbeken ansässigen Missionsschwestern vom kostbaren Blut. "Mit dem Fest der Begegnung möchten wir das Kennenlernen untereinander verbessern und Verständnis füreinander wecken. Das ist die Basis für eine gelungene Integration", machte Oberin Angela-Maria Segbert deutlich. Nur über Gespräche könnten Vorurteile abgebaut werden. Für die gute Zusammenarbeit mit den 90 Ordensschwestern im Dorf gab es vom Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Vereine Neuenbeken, Hubert Greifenhagen, in der Kirche eine Ehrennadel.

Information

Bevölkerung in den Ortsteilen


  • Kernstadt: 84.200 Einwohner, davon Ausländer 12.196 (Anteil 14,5 Prozent), Anzahl Nationalitäten 134.
  • Schloß Neuhaus: 26.406, davon Ausländer 3.401 (12,9), 98.
  • Elsen: 16.387 (davon Ausländer 1.051 (6,4), 74.
  • Sande: 5.853 (davon Ausländer 294 (5,0), 40.
  • Marienloh: 3.146 (davon Ausländer 201 (6,4), 40.
  • Wewer: 7.191 (davon Ausländer 370) (5,1), 49.
  • Benhausen: 2.388 (davon Ausländer 101 (4,2), 31.
  • Neuenbeken: 2.352 (davon Ausländer 142) (6,0), 32.
  • Dahl: 2.810 (davon Ausländer 170) (6,0), 37.
  • Paderborn gesamt: 150.733 (davon Ausländer 17.926), (11,9), 136. (Quelle: Stadt Paderborn, Stand 31. Juli 2018).