
Von
Dietmar Gröbing
23.11.2017 | 23.11.2017, 19:00
Paderborn
Mission: Der Delbrücker Martin Kolek will auf die dramatische Situation aufmerksam machen
Paderborn. Das Bild, auf dem Martin Kolek ein totes Flüchtlingskind in Händen hält, erlangte weltweite Beachtung. Nicht zuletzt, weil das vor exakt 18 Monaten im Internet publizierte Foto die prekäre Situation der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ins Bewusstsein rückte. Über seine Erlebnisse während der humanitären Aktion berichtete Martin Kolek in der Paderborner Universität.
Auf Einladung der Hochschulgruppe „Attac Paderborn" referierte Kolek zum Thema „Katastrophe Mittelmeer". Dabei stand nicht nur seine Mission an Bord der „Sea-Watch" im Vordergrund, sondern auch die der zahlreichen Helferinnen und Helfer. Selbstredend ging es auch um die Situation der Geflüchteten, die Martin Kolek über eine Zeitraum von zweieinhalb Wochen hautnah erlebte.
„Auf dem Mittelmeer sterben seit Jahren Menschen, deshalb muss man da hin", war Martin Koleks ebenso simple wie pragmatische Begründung für seinen humanitären Einsatz. Der bedurfte eingehender Vorbereitung, denn die Rettung aus Seenot ist kein Kinderspiel. So galt es zunächst, Einblicke in die Abläufe auf dem 650 Tonnen schweren und mit einem Dutzend Männern und Frauen besetzten Schiff zu gewinnen.
„Vor Ort bleibt keine Zeit für Diskussionen – alles muss ineinander greifen", erklärte Kolek das Prinzip, von dem „Leben und Überleben" abhing. Wesentlich war dabei, „aufeinander acht zu geben und seine Grenzen zu kennen". Eigenschaften, „die auf dem Festland momentan gar nicht angesagt sind", wie Martin Kolek feststellte.
Das Einsatzgebiet der Besatzung lag zwischen Lampedusa und Tripolis, wobei es nach der Ortung eines Flüchtlingsbootes zunächst darum ging, die Insassen mit Rettungswesten zu versorgen. Anschließend wurde der Standort der Flüchtlinge an international operierende Schiffe weitergegeben, um eine Aufnahme zu ermöglichen.
Oft schien die Situation an Bord der mit bis zu 160 Menschen besetzten Gummiboote dramatisch. Was den Schleppern herzlich egal war, ging es ihnen doch vorrangig um Geld. „Ökonomisches Menschenmaterial" sahen die Schlepper laut Kolek in den Flüchtenden, die nur befördert wurden, „wenn sie keinen Stress machten und gesund waren".
Über seine eindringlichen Erlebnisse im Mittelmeer hat Martin Kolek ein Buch geschrieben. Der im Eigenverlag publizierte Erfahrungsbericht heißt „Neuland – mission possible" und kostet 14.50 Euro. Bezogen werden kann es im Internet unter www.neuland-mission-possible.de
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