
Paderborn. Die Frühstücksflocken rauschen durch den Trichter des Behälters in das Einmachglas. Alexandra Feege nickt zufrieden und schließt den Hebel. Die Abfüllung funktioniert problemlos, das Geschäft kann eröffnen. Das händische Abfüllen und Einpacken von Lebensmitteln wie Reis, Linsen, aber auch Obst, Gemüse und Joghurt wird ab morgen in den Händen der Kunden liegen, die die Ware direkt in ihre eigenen Gefäße füllen - denn in dem Laden "Kernidee" gibt es größtenteils keine fertig verpackten Lebensmittel. Ausnahmen sind Produkte wie Sahne und Milch, die in Pfandflaschen abgegeben werden. Alle anderen Behältnisse müssen mitgebracht oder im Laden gekauft werden. Dazu liegen Körbe, Gläser, Stoffbeutel und recyclefähige Papiertüten bereit - nur nichts aus Plastik, denn Verpackungsmüll soll verhindert werden, erklärt Alexandra Feege.
Die Geschäftsinhaberin der "Kernidee" will einen umweltbewussten Einkauf ermöglichen. "Ich achte seit 20 Jahren darauf, Verpackungen zu vermeiden und bin aber oft an Grenzen gestoßen. Den Käse zum Beispiel direkt in meine mitgebrachte Box zu legen, war nicht möglich", so Feege. Sie bekam mit, dass es in anderen Städten wie Kiel und Berlin Läden ohne Verpackungen gibt. So kam sie auf die Idee, selbst einen "Unverpackt"-Laden in Paderborn zu eröffnen. Etwa ein Jahr verging seitdem, nun steht sie hinter der Theke, an der es auch Kaffee zum Mitnehmen geben wird - "aber nur in mitgebrachte Thermobecher". Laut der Deutschen Umwelthilfe werden allein in Deutschland stündlich 320.000 Einweg-Kaffeebecher verbraucht. Zu viel und unnötig, findet Feege. Ihr Laden soll für jeden attraktiv sein, auch wenn es sich bei anderen Läden gezeigt habe, dass die Geschäfte besonders von denen besucht werden, die ohnehin auf einen bewussten Konsum Wert legen.
Für den spontanen Einkauf ist ihr Laden weniger praktisch, sagt Feege selbst, da der Einkauf in der Regel mit dem Auswaschen und Mitnehmen von Behältern zu Hause beginnt. Dafür können Verbraucher jede Menge Verpackungsmüll verhindern. Etwa 8,3 Millionen Tonnen Verpackungen verbrauchten deutsche Privathaushalte nach letzten Angaben des Umweltbundesamtes im Jahr 2014, das sind rund 103 Kilo pro Kopf. Der Trend ist damit steigend, 1995 waren es noch 85,5 Kilo pro Kopf. Grund dafür sind steigende Verbrauchsmengen von Kunststoff und Aluminium, unter anderem weil es einen höheren Verbrauch von Kunststoffflaschen und einen Trend zu kleineren Verpackungseinheiten gibt. Gesunken ist im direkten Gegenzug der Verbrauch von Glas, von 41 Kilo pro Kopf in 1995 auf 30 Kilo in 2014.
Ein Schritt zu weniger Plastikmüll sollte die Selbstverpflichtung des Handels sein, für Einkaufstüten an der Kasse Geld zu verlangen. Diese Maßnahme sieht Feege aber nur als "Tropfen auf den heißen Stein". Hierbei gehe es nur noch um den Transport, nicht aber um die Verpackung der Ware selbst. An diesem Punkt will sie selbst ansetzen.
Unterschiedliche Bewertung von Plastiktüten-Aufpreis
- Seit April gilt eine freiwillige Selbstverpflichtung im Handel, für Plastiktüten ein Entgeld zu erheben, dessen Höhe die Geschäfte selbst bestimmen.
- In Paderborn gibt es sehr unterschiedliche Meinungen dazu:
- Edeka Rumpsmüller nimmt nach eigener Aussage schon seit längerem 25 Cent für Tüten. Am Verhalten der Kunden habe sich nichts geändert.
- Marktkauf Lehr bietet kostenlose Papiertüten, die aus Plastik kosten 20 Cent. Diese würden weiterhin so oft genutzt wie bisher. Allerdings habe sich die Zahl der kleineren, durchsichtigen Obst- und Gemüsetüten verringert.
- Galeria Kaufhof nimmt für seine Plastiktüten 10 oder 25 Cent und bekomme viele positive Rückmeldungen von Kunden – es sei ein richtiger Schritt zum Umweltschutz. Viele bringen demnach auch ihre eigenen Tüten zum Einkauf mit. Gerade ältere Kunden brächten dem Entgeld jedoch zum Teil weniger Verständnis entgegen, weil sie eine Tasche als Service verstünden.