Kreis Paderborn/Borchen

Eismann: Mit Tüdelü und guter Laune

Seit 40 Jahren ist Lorenzo De Carlo mit seinen Eiswagen unterwegs und verkauft hausgemachte Spezialitäten. Dabei hat er immer einen flotten Spruch parat

Wenn er kommt, gibt?s Süßes: Mit seinen Eiswagen bringt Lorenzo De Carlo die hausgemachten Köstlichkeiten zu den Kunden. | © Marco Schreiber

Marco Schreiber
25.06.2016 | 25.06.2016, 17:02

Kreis Paderborn/Borchen. Francesco de Carlo verzieht keine Miene. "Sie zahlen für alle?", fragt und nimmt den Geldschein entgegen. Es dauert eine Schrecksekunde, bis die Kundin lacht. De Carlo grinst und sucht das Wechselgeld zusammen. "Man muss freundlich sein und gute Laune haben", sagt er später. Schwer fällt ihm das nicht, wie er so in seinem Verkaufswagen steht und mit tausendfach wiederholten Handgriffen Waffeln und Becher mit Eis belädt. "Ich will die Leute glücklich machen", sagt der gebürtige Italiener.

Das Eismachen hat er schon als Kind gelernt, in der Pasticceria seines Patenonkels. Aufgwachsen ist De Carlo San Pietro in Lama, einer einer Region in Apulien in der Hacke des italienischen Stiefels. "Es ist heute der schönste Urlaubsort", sagt er. Aber auch ein eher armer.

Zuerst ging sein Vater als einer von Hunderttausenden Gastarbeitern nach Deutschland, 1969 folge er nach. "Mit 16 habe ich bei Stamm und Steuer in Bad Lippspringe gearbeitet, einer Möbelfabrik", erzählt der heute 62-Jährige. Nach Feierabend hilft er in einer Eisdiele aus.

Immer gut aufgelegt: Lorenzo De Carlo verkauft seine Eisspezialitäten im gesamten Kreisgebiet. - © Marco Schreiber
Immer gut aufgelegt: Lorenzo De Carlo verkauft seine Eisspezialitäten im gesamten Kreisgebiet. | © Marco Schreiber

Das Militär ruft ihn zum Wehrdienst zurück nach Italien. Fünf Jahre später wird er entlassen und hat einen Plan. "Ich will ein bisschen Eis machen." 1969 sei das noch ganz einfach gewesen. In Borchen lässt sich De Carlo 1978 nieder. Neben der Kirche betreibt er eine winzige Eisdiele, in der gerade zwei Tische Platz haben. Hinter der Theke steht seine Frau und bringt die über 30 Sorten an den Mann und die Frau.

Italienische Rezepte: Lorenzo De Carlo stellt das Eis auf traditionelle Weise in Borchen her. - © Marco Schreiber
Italienische Rezepte: Lorenzo De Carlo stellt das Eis auf traditionelle Weise in Borchen her. | © Marco Schreiber

Seine Eiswerkstatt zieht 1997 in einen Neubau im Gewerbegebiet. Von April bis September gibt es für De Carlo keinen freien Tag. Selbst Sonntags ist er schon um sieben Uhr auf den Beinen, wiegt kiloweise Zucker ab, gießt frische Milch und Sahne in die Pasteurisiermaschine, schüttet literweise Eigelb aus Tetrapaks dazu. 36 verschiedene Sorten bereitet der Eismann zu, alle ohne Halbfertigprodukte zu.

Damit fühle er sich manchmal "wie der letzte Mohikaner", wenn er das Eis auf traditionelle Weise produziert und wenig später selbst verkauft. Auch in Italien, dem Mutterland der Eiskultur, seien Industrieprodukte auf dem Vormarsch, sagt De Carlo. Handwerk ist überall teuer und die Discounter verschärfen die Konkurrenz. "Das hat mit italienischem Eis nix mehr zu tun", schimpft der Eismann.

Von der Eisküche führt eine Tür in die Garage. Die meisten Eiswagen sind eingemottet, nur drei schickt De Carlo noch auf die Straße. Statt zwölf hat er nur noch fünf Saisonkräfte. De Carlo: "Das Geschäft ist schwieriger geworden, viele Leute haben das Geld nicht mehr." Einen Wagen lenkt er selbst durch die Wohngebiete im Kreis Paderborn.

Auch wenn das Tüdelü aus dem Lautsprecher immer weniger Menschen aus den Häusern lockt. De Carlo sagt, er braucht den Kontakt zu den Menschen, er will sehen, wie sein Eis bei den große und kleinen Naschkatzen ankommt. Zwei Jahre wolle er das noch machen, dann wird die Eisküche vielleicht für immer zugesperrt. Seine Kinder werden das Geschäft wohl nicht übernehmen, bei dem man im Sommer auf Freizeit verzichten muss. Ihm selbst fällt das leicht. "Ich habe großen Ehrgeiz."