
Von
Marco Schreiber
07.12.2015 | 07.12.2015, 15:05
Paderborn
Denksport: Am Wochenende trafen sich "Speed-Cuber" zu einem Wettkampf
Paderborn. Als Kind hat er den Zauberwürfel des Ungarn Ern Rubik schon bald als unlösbar weggelegt. Jetzt braucht der Paderborner Informatiker Sébastien Auroux etwa zehn Sekunden, um die sechs Farben in die richtige Ordnung zu bringen. Der Weltrekord wird von einem US-Amerikaner gehalten und liegt bei 4,9 Sekunden.
Auroux' Spezialgebiet ist das Lösen mit so wenig Zügen wie möglich, "Fewest Moves" im Jargon der "Cuber", der Zauberwürfelfangemeinde. Im Schnitt braucht er 25 Züge, um den willkürlich verdrehten Würfel so zu sortieren, dass jede Seite wieder einfarbig ist. Gemeinsam mit einem weiteren Deutschen und einem US-Amerikaner hält der 29-Jährige damit den Weltrekord.
Geprüft werden die Rekorde vom Weltwürfelverband, der World Cube Association (WCA). Die WCA überwacht auch die Regeln der insgesamt 18 Disziplinen. Es gibt Würfel mit Kantenlängen von zwei bis sieben Feldern, die teilweise auch mit verbundenen Augen gelöst werden, es gibt den Megaminx mit zwölf statt sechs Seiten und den pyramidenförmigen Pyraminx.
In Paderborn stehen am Wochenende elf Disziplinen auf dem Programm. Sébastien Auroux hat den Wettkampf gemeinam mit seiner Freundin Laura Ohrndorf als offene Veranstaltung organisiert, die Sébra-Open. Etwa 25 Teilnehmer aus ganz Deutschland haben sich für die zwei Tage angemeldet. Zu Meisterschaften kommen mehr als doppelt so viel.
In Paderborn haben sie den Konferenzraum eines Hotels in der Innenstadt gebucht. Dort stellen sie ihre Stoppuhren auf und lassen von morgens bis abends die Plastikwürfel rattern. Dass alle Regeln eingehalten werden, dafür sorgt Auroux. Er ist der WCA-Delegierte für Deutschland und besucht in dieser Funktion fast alle Wettkämpfe zwischen München, Duisburg und Berlin.136 sind es bis jetzt. "Nur ein Mensch hat an mehr Turnieren teilgenommen", sagt Auroux.
Ausgerechnet das Internet mit seiner unüberschaubaren Menge an Spielen hat dem 1980er-Jahre-Spielgerät zu einer Renaissance verholfen, wenn auch nur in einem kleinen Kreis. 1500 Deutsche haben bisher an einem Turnier teilgenommen, sagt Laura Ohrndorf (32). "Etwa 300 sind aktiv." Sie verständigen sich per Internet, viele stellen Videos ihrer Rekordversuche bei Youtube ein.
Ein solches Video hat Constantin Lüske aus Bawinkel im Emsland angesteckt, mit 14 der jüngste Teilnehmer in Paderborn. An einem langweiligen Tag vor zwei Jahren ist er auf der Suche nach einer Beschäftigung durchs Haus gezogen, erzählt der Schüler. "Im Keller habe ich einen Zauberwürfel gefunden und wollte wissen, wie es geht." Im Internet fand er verschiedene Anleitungen und war stolz auf eine Lösungszeit von einer Minute.
Mittlerweile hat es Lüske durch ständiges Training auf etwa 15 Sekunden gebracht. Sein Ziel? "Ich will unter zehn Sekunden kommen", sagt er. Gregor Billing aus Hamburg arbeitet an einem Rekord im "3x3 blindfolded", dem blinden Lösen des Dreierwürfels. 15 Sekunden schaut er sich den Würfel an, zieht die Augenbinde herunter und ist nach kaum 50 Sekunden fertig. Besser werden ist sein Ziel, und das wollen alle hier.
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