Revolution in Lichtenau: Aus Liebe zum Dorf werden Frauen Schützinnen

Lichtenau-Hakenberg. Wenn in einem Dorf der Schützenverein mehr Mitglieder hat als Einwohner vor Ort leben, dann macht der Verein wohl Vieles richtig. So ist es in Hakenberg mit seinen 194 Einwohnern (inklusive Zweitwohnsitz) und mehr als 300 Schützen. Nein genau genommen, sind es mehr als 300 Schützinnen und Schützen, denn der Heimatschutzverein Hakenberg nimmt seit 2022 auch Frauen auf – mit allen Rechten und Pflichten. 38 sind dem lebendigen Verein schon beigetreten. An diesem Sonntag werden Frauen erstmals im Umzug als Schützinnen mitmarschieren – und am Montag könnte sich beim Vogelschießen eine von ihnen sogar mit einem Volltreffer am Schießstand zur Königin und obersten Repräsentantin küren. Die Spannung steigt derzeit täglich bei den Damen, aber auch bei den Herren im Verein – zu spüren ist vorab jedoch keine Nervosität, sondern Vorfreude. Zumindest bei Ortsvorsteherin Klara Leifeld (33), Alice Weiß (46) und Elisabeth Beer (61). Sie zählen zu den 14 Frauen, die in grünen Schützen-Blazern und schwarzen Hosen am Umzug teilnehmen werden. &bdquo;Die anderen Frauen aus dem Verein warten beim ersten Mal noch ab, wir wollen ja niemanden zwingen“, sagt Beer. "Der Anstoß kam von einem Mann" Überhaupt sei der Schritt zur Frauenmitgliedschaft im Verein gänzlich ohne Druck vonstatten gegangen. &bdquo;Wir haben uns bei den Schützen nicht aufgedrängt, sondern der Anstoß kam ja von einem Mann“, erinnert sich Alice Weiß, die als Hövelhoferin mit Oberst Michael Kniewel liiert ist. Initiator der Idee sei Ex-König Markus Sievers gewesen – und habe damit im Vorstand und bei vielen Frauen offene Türen eingerannt. Den Damen, so sagen sie selbst, geht es nicht darum, &bdquo;die Welt retten zu wollen“ aber durch ihren Eintritt in den Verein möchten sie dazu beitragen, das Schützenwesen aufrecht zu erhalten. &bdquo;Wir wollen zeigen, dass auch ein traditioneller Verein bereit für den Wandel ist und ihn aktiv leben kann“, meint Ortsvorsteherin Leifeld. Und was begeistert die Frauen am Schützenwesen? &bdquo;Es sind die Gemeinschaft bei uns im Dorf, die Stimmung im Zelt. die Feiern“, sagt Elisabeth Beer, die viele Jahre mit der Familie in Paderborn gewohnt und den Schritt zurück ins Dorf nie bereut hat. &bdquo;Wenn zum Schützenfestumzug früher die Musik im Dorf erklang, habe ich auf der Terrasse zugehört, jetzt kann ich endlich mitgehen“,. sagt mit glänzenden Augen. &bdquo;Es geht uns auch darum, den Ort und die Gemeinschaft zu bewahren“, sagt Alice Weiß. Alles ist geregelt Bei der Vorstandssitzung im Mai 2022 wurde die Satzungsänderung für Frauenmitgliedschaften einstimmig angenommen. Geregelt sind die Kleiderordnung, Sprachregelungen und was passiert, wenn eine Frau sich zur Königin schießt. Zum Beispiel heißt sie dann weiter Königin, der Partner König und die Königin sollte bei repräsentativen Anlässen ein Kleid tragen. Gegenwind für die Hakenberger Frauen-Revolution gab es nur vereinzelt, erzählen die Schützinnen? &bdquo;Nur von einigen Männern aus Nachbarorten waren kritische Stimmen zu hören, unsere Männer stehen voll hinter dem Schritt“, sagt Weiß. Das bewiesen sie, als aus einem Dorf leise zu hören war, dass dieser keine Schützenabordnung mehr nach Hakenberg schicken wolle, wenn Frauen in den Verein dürften. &bdquo;Da blieben die Hakenberger Männer standhaft und haben gesagt, dann kommen wir zu Euch auch nicht“, erinnert sich Beer. Die kleine Fehde sei beigelegt worden, der Streit ist vergessen. Für die Frauen steht nun am Sonntag die große Premiere in Uniform an. Ausgesucht hat ein dreiköpfiges weibliches Organisationskomitee im Hövelhofer Fachgeschäft Einzigart den Stoff und den Schnitt der Blazer, selbstverständlich inklusive Schulterklappen. Zur Auswahl stand jeder Frau eine taillierte und eine gerade geschnittene Variante. Während in anderen Vereinen und Bruderschaften Frauen nicht mal zum Schützenfrühstück erscheinen dürfen, zeigt das im Mittelalter gegründete Hakenberg, wie Zukunft funktioniert: &bdquo;Wir sind jetzt wirklich dabei und nicht mehr nur zum Hemden waschen da“, sagen die stolzen Schützinnen des Dorfes.

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