Hövelhofer entkommen aus Israel - Salzkottener hoffen auf schnelle Rückkehr

Kreis Paderborn/Tel Aviv. Sie wollten nur in die Sonne fliegen – aber sie landeten im Terror-Krieg. Drei Freunde aus Hövelhof und Schloß Neuhaus haben am Samstagfrüh in ihren Betten eines Hotels in Tel Aviv gelegen, als die radikalislamische Hamas Israel angriff. &bdquo;Ich bin vom Sirenenalarm wach geworden“, sagt Manuel Schlichting im Gespräch mit der &bdquo;NW“. Mit diesem Schock am frühen Morgen beginnen 43 Stunden, die alle drei nicht mehr vergessen werden. Am Flughafen wird es später dramatisch. Am Samstag wollten der 35-jährige Schlichting und seine beiden Freunde Fabian Honerlage (33), ebenfalls aus Hövelhof, und Richard Sprenkamp (33) aus Schloß Neuhaus eigentlich entspannt zum Airport Ben Gurion. Der Rückflug stand an. Eine Woche mit vielen Eindrücken im hippen Tel Aviv und im historisch und religiös geprägten Jerusalem hatten sie hinter sich. Schlichting: &bdquo;Es war ein toller Urlaub.“ Als sie im Bett dann Ohrenzeugen der Kriegshandlungen werden, ändert sich alles. &bdquo;Ich war gegen 6.45 Uhr wach und hörte die heulenden Sirenen. Dann auch, wie Raketen fliegen und es gab mehrfach einen dumpfen Knall, als Raketen vom Himmel abgeschossen wurden“, erinnert sich Schlichting an Hamas-Angriffe und israelische Luftabwehr. Kurz nach dem Aufwachen empfangen die drei Männer viele besorgte Nachrichten aus der Heimat. Ihnen wird klar, wie gefährlich die Situation mittlerweile ist. Frühstück gibt es im Hotel keines mehr, die Angestellten sind nicht erschienen. Zum Airport kommen die Touristen durch die leeren Straßen aber ziemlich problemlos. Der geplante Heimflug mit Easyjet nach Amsterdam wird dort zunächst verschoben und später schließlich ganz abgesagt. &bdquo;Es gingen zwar noch ein paar Easyjet-Flieger raus, aber unser nicht mehr“, erinnert sich Schlichting. "Wir dachten, jetzt stürmt die Hamas den Flughafen" Angst hätten sie zu diesem Zeitpunkt nicht verspürt, sagt der Hövelhofer. Doch das ändert sich schlagartig, nachdem er sich im Terminal gerade einen Kaffee gekauft hat. &bdquo;Plötzlich laufen viele Menschen in unsere Richtung und wir dachten, jetzt stürmt die Hamas den Flughafen“, schildert Schlichting dramatische Szenen. &bdquo;Wir haben unsere Sachen gegriffen und sind um unser Leben gerannt. Mit vielen anderen wurden wir im Keller des Flughafens in Sicherheit gebracht.“ Angst und Unruhe machen sich breit. Dann wird den Reisenden klar, dass es doch keine Hamas-Attacke war. Draußen seien aber Raketen geflogen und abgeschossen worden. &bdquo;In der Nähe des Flughafens wurde wohl gekämpft, und Menschen sind dann aus Angst ins Gebäude gestürmt“, hat Schlichting rekonstruiert. Die Panik zeigt trotzdem Wirkung, spätestens als die Schicksalsgemeinschaft der Passagiere im Keller durchpusten kann: &bdquo;Wir haben viele Menschen weinen sehen. Viele waren richtig aufgelöst und wir selbst waren auch durcheinander.“ Obwohl die Freunde ihre Angehörigen per Handy auf dem Laufenden halten – von dieser Dramatik sagen sie nichts. &bdquo;Wir wollten nicht, dass sie sich noch mehr Sorgen machen“, erklärt Schlichting. Hilfe aus Deutschland gibt es nicht Danach sei es bis Montagfrüh relativ ruhig geblieben am Flughafen, berichtet er. Bewusst hätten sie dort ausgeharrt. Den Airport halten sie für relativ sicher. Ein Problem aber bleibt: Wie geht es zurück ins Paderborner Land? &bdquo;Wir haben gesehen, dass Menschen aus Rumänien, der Türkei und Polen von ihren Regierungen nach Hause geholt wurden. Wir haben uns zwar beim Auswärtigen Amt registriert und mit der Deutschen Botschaft in Tel Aviv telefoniert, aber Hilfe gab es nicht“, berichtet Schlichting enttäuscht. Auch eine Tante und eine Cousine von Sprenkamp warteten noch auf die Ausreise. Die drei Freunde klemmen sich, wie viele andere im Airport, an ihre Handys und suchen nach Flugverbindungen. Um auf Nummer sicher zu gehen, buchen sie schließlich doppelt: einen Flug am Montagfrüh nach Prag mit Smartwings und eine Alternative mit der israelischen Fluglinie El Al nach Bukarest. Die Maschine nach Prag hebt schließlich wie geplant ab – mit den Freunden an Bord. In der tschechischen Hauptstadt nehmen sie einen Zug nach Berlin und von dort den ICE in Richtung Bielefeld. &bdquo;Es hätten uns auch Freunde oder Familienmitglieder aus Prag abgeholt, aber das wäre nicht nötig gewesen. Es war so schon toll, zu erleben, wie viel moralische Unterstützung sie uns gegeben haben“, sagt Schlichting, als er im Zug nach Deutschland sitzt. Lesen Sie auch: Paderborner sorgen sich um Verwandte in Israel und Palästina Die Tickets für den El-Al-Flug können sie gegen eine Gebühr online stornieren (&bdquo;Ist die kleinste Sorge“). Doch fest steht schon jetzt: Die nächste Urlaubswahl der Freunde fällt anders aus. Schlichting sagt: &bdquo;Obwohl es vorher toll war, zieht uns nach Israel so schnell nichts mehr.“ Salzkottener Pilger hoffen auf schnelle Rückkehr aus Israel Die wachsende Unruhe spürt Martin Beisler auch bei sich selbst. Der Salzkottener Pfarrer ist derzeit mit einer 33-köpfigen Gruppe seines Pastoralverbunds in Israel unterwegs. Was eine erbauliche Pilgerreise durchs Heilige Land werden sollte, stellt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer seit Beginn der Terror-Attacken der radikalislamischen Hamas auf Israel auf eine harte Probe. Besonders gefordert ist Martin Beisler als Kopf der Gruppe, die mit einem Reiseanbieter aus Dortmund auf Tour ist. Nach aktuellem Stand steht den Salzkottenern aber noch eine aufwendige Odyssee bevor - doch damit ist die Aussicht auf die Rückkehr nach Deutschland verbunden. &bdquo;Wir sind als Gruppe einigermaßen stabil“, sagt Beisler, als ihn die &bdquo;NW“ in Jerusalem erreicht. "Aber es zehrt an den Nerven und wird immer belastender." Die Tour ins Heilige Land war seit Monaten geplant. Am Montag vor einer Woche, am 2. Oktober, waren die Pilger aus Salzkotten aufgebrochen. Die Rückkehr war eigentlich für Montag, 9. Oktober, geplant. Die Sälzer waren zunächst nach Tel Aviv geflogen, erkundeten den See Genezareth, Nazareth und schließlich Jerusalem. Untergebracht ist die Gruppe dort jetzt im St.-Charles-Hospiz, ein kirchliches Gästehaus, das von deutschen Schwestern geführt wird. &bdquo;Wir werden hier sehr liebevoll und fürsorglich begleitet“ sagt Beisler. In der Gruppe, zum Teil Senioren, mache sich aber zusehends Besorgnis breit, so der Geistliche. &bdquo;Manche gehen äußerlich sehr sachlich damit um, andere emotionaler. In den Gottesdiensten fließen auch Tränen“, sagt Beisler. "Aber das ist auch gut und gesund so." Rückreise über Jordanien und Dubai Getragen werden die Pilger mittlerweile von der Hoffnung auf die Rückreise. Wie Beisler bestätigt, hat das Reiseunternehmen eine Option aufgetan: So sollen die Sälzer per Bus am Dienstagmorgen über die jordanische Grenze in die Hauptstadt Amman fahren. Von dort gehe es per Flugzeug zunächst nach Dubai und dann weiter nach Frankfurt. Läuft alles wie geplant, könnten die Reisenden Mittwochnachmittag in der Main-Metropole landen. Dort soll dann ein Bus ins Paderborner Land bereitstehen. Er selbst, so gibt Beisler zu, werde auch langsam unruhig: "Es ist eine sehr fordernde Situation für uns alle und es ist nicht immer einfach, damit sachlich und ruhig umzugehen." So gehe es eben auch den Reiseteilnehmern. Gemeinsam hielten sich die Pilger aber an die Empfehlungen des Auswärtigen Amts, sich möglichst wenig außerhalb der Unterkunft zu bewegen. "Wir haben am Haus einen Garten, in den wir gehen können", sagt Beisler, der auf Reisen auch die Gottesdienste zelebriert. Eine Messe zum Abschluss der Reise gab es bereits. Auch hier seien die Sorgen und Ängste spürbar gewesen, sagt der Pfarrer. Von Kampfhandlungen hätten die Pilger seit dem Auftakt am Samstag praktisch nichts mitbekommen, sagt er. Jerusalem sei "relativ sicher". Aber ab und an sei Luftalarm zu hören und dumpfe Geräusche seien vernehmbar. Die hat sich Beisler von den Schwestern des Gästehauses erklären lassen: "Es handelt sich dabei wohl um die Geschosse der israelischen Luftabwehr gegen angreifende Raketen." Beisler will weiter Ruhe bewahren - und hofft auf eine möglichst problemfreie Rückkehr aller Pilger nach Salzkotten.

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