Delbrücks Fußballfrauen wünschen sich Siesta für die Weltmeisterschaft

Delbrück-Westenholz. Lars Philipp Brockmeier tauscht noch schnell seine bequemen Sneaker durch schwarze Fußballschuhe aus, nimmt einen Sack voller Bälle und geht flott Richtung Fußballplatz – seine Ladies, so nennen sich die Spielerinnen des SuS Westenholz selbst, warten schon. Längst laufen die Vorbereitungen für die Ende August beginnende neue Kreisliga-Saison. Und Brockmeier muss nicht nur seinen Kader in Form bringen, auch er selbst muss sich noch einfinden. Schließlich ist der 25-Jährige erst seit ein paar Wochen Chef-Trainer der 1. Damenmannschaft des Vereins. Aufgaben und Herausforderungen gibt es genug – eine Bestandsaufnahme während des 90-minütigen Donnerstagstrainings. 1. Minute Während sich die Spielerinnen warmlaufen, baut Trainer Brockmeier mit bunten Pylonen kleine Spielfelder auf. In seinem blauen Ordner ist ein detaillierter Trainingsplan. Heute im Fokus: Koordinationsübungen und Ballgefühl. Und auch wenn alles penibel durchgeplant ist, soll der Spaß im Vordergrund stehen. &bdquo;Wir haben kein festes Ziel für die nächste Saison“, sagt der Coach. Nur so viel: &bdquo;Wir wollen so häufig wie möglich gewinnen und so selten wie nötig verlieren.“ 9. Minute Bevor es an die erste Übung geht, schalten die Fußballdamen erst einmal die Musik an – Popsongs und die aktuellen Charts dröhnen jetzt über den Platz. Dass gleichzeitig in Australien und Neuseeland die Frauen-WM läuft, wissen hier zwar alle, doch so wirklich Gesprächsthema ist das Turnier nicht. Zu weit weg und bescheidene Anstoßzeiten – ein Hype, wie zuletzt bei der EM 2022, lässt sich so noch nicht entfachen. Generell habe der Verein vom Erfolg des DFB-Teams beim Turnier nur wenig profitiert. &bdquo;Die EM hat uns jetzt nicht ganz so viele neue Spielerinnen gebracht“, sagt der Trainer, der darüber aber nicht all zu traurig ist. &bdquo;Doch ich glaube, dass der Zusammenhalt im Team und die Bindung ans Team deutlich gewachsen sind. Einfach weil wir viele Spiele zusammen geguckt und ganze Abende miteinander verbracht haben.“ 26. Minute Für die Mannschaft steht derweil dribbeln im Vorwärtsgang auf dem Programm. 27 Spielerinnen umfasst der aktuelle Kader. Das war nicht immer so. Das Team sei auch schon mit nur elf oder noch weniger Spielerinnen zu Gegnern gereist. &bdquo;Wir sind aktuell dabei, eine eigene Jugendmannschaft aufzustellen. Bisher spielen Mädchen und Jungen gemeinsam in einem Team“, sagt Brockmeier. Doch von heute auf morgen gehe das nicht. &bdquo;Teilweise sind nur zwei, drei Mädchen in den 15-köpfigen Jugendteams. Da kann man nicht einfach eine Mannschaft draus machen“, so der 25-Jährige. Das Ziel: Im nächsten Jahr soll es eine eigene Mädchenmannschaft geben. 35. Minute Auch Rückwärtslaufen soll geübt sein, natürlich mit Ball. Immer wieder kommen sich die Spielerinnen dabei in die Quere. Ab und zu fällt eine hin. &bdquo;Aufstehen und weiter geht’s“, ist dann die Ansage von Brockmeier, der neben seinem Trainerjob noch hauptberuflich in der Delbrücker Stadtverwaltung tätig ist. Er sei nur zufällig Chef-Trainer geworden, erzählt er. &bdquo;Ich bin da so reingerutscht.“ Dass er aber keine Männermannschaft trainieren wollte, war ihm früh klar. &bdquo;Da fällt einer hin, liegt dann da ’ne halbe Minute auf dem Boden, wird behandelt und läuft dann weiter, als wäre nichts.“ Im Frauenfußball werde dagegen deutlich weniger lamentiert. Frauen seien einfach hartnäckiger, hätten Bock aufs Fußballspielen, sagt Brockmeier. Halbzeit Passend zur kurzen Trinkpause darf auch der obligatorische Blick aufs Handy nicht fehlen. Schnell wird noch eine Story für Instagram gemacht, damit auch die rund 400 Follower wissen, was sie beim Training erwartet. Seit Herbst vergangenen Jahres setzt die Mannschaft verstärkt auf Social Media, will so Nachwuchs generieren. Sie haben sogar eine eigene Marke gegründet: die &bdquo;SuS Ladies“. &bdquo;Der Name ist ein richtiges Markenzeichen geworden“, sagt Brockmeier. 60. Minute Abwechselnd im Stehen und kniend müssen sich die Spielerinnen paarweise Bälle zuwerfen. &bdquo;Bei uns lernen die Frauen wirklich Fußballspielen, von der Pike auf“, sagt der Trainer. Dass eine der Spielerinnen jemals im Aufgebot der Deutschen Nationalelf stehen wird, sei aber eher unwahrscheinlich. &bdquo;Da musst du bei uns schon sehr, sehr viel Glück haben und früh die richtigen Schritte gehen“, sagt der Trainer. Gerade für Frauen sei es schwerer, Schule, Ausbildung und Fußballkarriere unter einen Hut zu bringen. 85. Minute Und dann ist kurz vor Schluss doch noch einmal die WM Thema. Wie weit wird Deutschland kommen? &bdquo;Ich glaube, die Plätze eins bis vier sind machbar“, sagt der Übungsleiter, der das erste Deutschland-Spiel entspannt von der Couch aus gucken kann. &bdquo;Ich habe Urlaub“, freut er sich. Die restlichen Spiele werde er aber nur im Liveticker verfolgen können. 90. Minute Zusammen, als Team, räumt die Mannschaft den Platz auf. Vergangenes Jahr habe man sich nach dem Training noch gemeinsam zum Public-Viewing verabredet, doch diese Weltmeisterschaft mit Vormittagsspielen ist anders. &bdquo;Eine Siesta zum Fußball gucken wäre gut“, sagt Brockmeier. &bdquo;Damit würde man dem Sport gerade bei einer solchen WM noch mehr Aufmerksamkeit schenken.“

Meistgelesen