Magenschonend in die Lüfte: Mit dem Tragschrauber über den Kreis Paderborn

Büren-Ahden. Es fühlt sich an, als säße man auf einem fliegenden Motorrad. Bei Tempo 100 weht unterm Helm der Wind um die Nase. Die Aussicht ist an diesem Tag überragend, außergewöhnlich ist die Perspektive – und es wackelt praktisch nicht. Das Motorrad ist aber tatsächlich der Tragschrauber des Ahdeners Peter Schmitz. Der 47-Jährige sitzt vorne auf dem Pilotensitz und hat wenige Sekunden zuvor vom Tower am Flughafen Paderborn/Lippstadt die Starterlaubnis erhalten. Der Motor im Heck drückt den Ultraleichtflieger ein paar Meter nach vorne, bald beginnt sich der große Rotor über dem Kopf zu drehen – und es geht in die Luft. Ganz sanft. &bdquo;Viele bemerken gar nicht, wenn wir abheben“, erzählt Schmitz über die Reaktionen von Passagieren. Der Elektrotechniker fliegt seit 1996, später kam der Tragschrauber, und mittlerweile ist er sogar Ausbilder auf diesem 70.000-Euro-Fluggerät. &bdquo;Mich hat es schon als Kind zur Fliegerei gezogen“, sagt der dreifache Vater aus dem Flughafendorf. Erste Erfahrungen sammelte er auf einem Trike, einem motorgetriebenen Flugdrachen – ebenfalls aus der Ultraleichtklasse. Schmitz machte immer mehr Scheine, heute darf er neben Trike und Tragschrauber auch Sportflugzeuge steuern, Fluglehrerlizenz inklusive. Mit dem Tragschrauber pilotiert er eines der außergewöhnlichsten Fluggeräte am OWL-Airport. &bdquo;Mir gefällt einfach das offene Fliegen richtig gut. Und es ist etwas Besonderes, dass man langsam fliegen kann, um die Umgebung zu genießen. Längere Reisen machen aber auch Spaß“, weiß Schmitz aus Erfahrung. Gerne landet er auf Juist. Die Insel – exakt 255 Kilometer Luftlinie vom Airport entfernt – fliegt er am liebsten im Herbst an, wenn unterwegs die Blätter Farbe gewinnen und die Annäherung ans Eiland noch spektakulärer ist als sonst. Es muss aber nicht immer Nordsee sein: &bdquo;Man kann auch die Alpen mit dem Tragschrauber überqueren. Er schafft es, bis zu vier Stunden in der Luft zu bleiben. Das höchste Tempo sind etwa 180 km/h.“ "Hochsaison für Rundflüge" An diesem Sommertag geht es aber nicht über die Zugspitze, sondern in einer erweiterten Platzrunde nach Salzkotten und zurück zum Airport. &bdquo;Rechts ist die Wewelsburg“, bedeutet Schmitz nach dem Start mit der Hand und lenkt dann sanft nach links Richtung Sälzerstadt. Über der Gesamtschule geht es wieder links ab. Kurz nach dem Passieren von Gut Wulfstal und der Genehmigung aus dem Tower folgt die butterweiche Landung auf der Runway, die sonst von Mallorcafliegern, Privatjets und Sportflugzeugen genutzt wird. Der Tragschrauber ist ein Exot, aber er ist auch beliebt bei Fluggästen. &bdquo;Jetzt ist gerade Hochsaison für Rundflüge“, sagt Schmitz, als er seinen 100-PS-Liebling zurück in den Hangar des Luftsportvereins Rietberg schiebt. Es ist sein Nebenerwerb, dass er Menschen die Region von oben zeigt. &bdquo;Die meisten wollen gerne zu ihren Heimatorten fliegen und ein Foto ihres Hauses schießen. In einer Flughöhe zwischen 200 und 300 Metern klappt das gut“, sagt der Pilot. So war es auch über Salzkotten. Klarer Himmel, gute Sicht auf die Siedlungen. Wer das Eigenheim aus der Höhe aber bildfüllend knipsen will, braucht schon ein Teleobjektiv. Für andere sei es einfach der Spaß am besonderen Flugerlebnis, das sie in den Tragschrauber treibt, sagt Enthusiast Schmitz: &bdquo;Ich habe Kunden, die kommen jedes Jahr wieder, weil sie es so genießen.“ Der Vorteil des leichten Fluggeräts: Es ist magenschonender als beispielsweise kreisende Segelflieger und andere Flugzeuge mit Tragflächen, in denen Windverwirbelungen deutlich zu spüren sind. Im Tragschrauber sorgt die Physik dafür, dass es meistens ganz sanft geradeaus oder nach oben und unten geht. Klein aber sicher Diese ruhige Art des Fliegens helfe sogar Menschen, die unter Flugangst leiden, sagt Schmitz: &bdquo;Ich kann sachte abheben und auf Wunsch auch zügig wieder landen. Das geht mit größeren Flugzeugen nicht so einfach.“ Und wer sich Sorgen macht, dass die kleine Maschine unsicherer ist als Flugzeuge, den klärt der Pilot auf: &bdquo;Wenn der Motor mal ausfallen würde, dreht sich der Rotor oben durch die Bewegung weiter und man kann noch ganz ruhig einen Landeplatz auswählen.“ Die Feinheiten des Fliegers hat Schmitz seit 2009 schon rund 30 Flugschülern vermittelt, die sich zum Piloten haben ausbilden lassen. Die Nachfrage für solche Schulungen hält an, sagt er: &bdquo;Jeder kann es schaffen, zum Piloten zu werden. Es ist wirklich keine Hexerei.“ Rund ein Jahr sollten Interessierte einplanen, um Theorie und Praxis verinnerlichen zu können, meint er. Kostenpunkt? Laut Schmitz etwa 7.000 Euro. Wer durchkommt, darf danach höchstselbst sanft abheben. Dann auch vom Vordersitz im Tragschrauber.

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