Karnevalshistorie: Als Büren das letzte Mal außer Rand und Band war

Büren. Hunderte Zuschauer säumten die Straßen, elf Karnevalswagen und weitere Fußgruppen zogen mit Musik die Stadt hoch und wieder runter, vom Thron grüßte seine Tollität Prinz Heinrich I. (Dorls). Der Rosenmontagszug 1939 war ein gesellschaftliches Ereignis in der damaligen Kreisstadt Büren. Es war nicht der erste Narrenzug in diesen Stadtmauern, aber der letzte seiner Art. Danach gab es nie wieder Straßenkarneval in Büren. Im Saal Goedde-Menke hatte sich die Bürener Karnevals-Gesellschaft am 23. Januar 1939 gegründet. Den Elferrat führte der Kaufmann Heinrich Breider (Landhandel an der Bahnhofstraße). Festausschuss-Vorsitzender war der Architekt Konrad Drüppel. Bei der ersten Kappensitzung Anfang Februar waren &bdquo;alle Stehplätze überfüllt“, so die Bürener Zeitung. Ein paar Tage später wurden &bdquo;300 Volksgenossen“ als Mitglieder des Vereins vermeldet. Bei Kaufmann Heinrich Grebe konnten für den Rosenmontagszug Anmeldungen und Kostümbestellungen vorgenommen werden. In der Bürener Karnevals-Zeitung, die für 20 Reichspfennig verkauft wurde, kündigte Prinz Heinz I., Gastwirt in der Stadt, sein Motto für den Zug an: &bdquo;In meinem Reiche soll die Sonne nicht untergehen.“ Auf vier Seiten unterhielten die Bürener Narren das geneigte Volk mit launigen Späßen über die Stärken und Schwächen der Geschlechter, eine jecke Arbeitsordnung und Liedgut zum Mitsingen. Manche Anspielung auf wohl reale Begebenheiten und Personen ist heute nicht mehr zu enträtseln.Unter der Überschrift &bdquo;Aus der Heimat“ erlaubte sich der Elferrat in vier Zeilen auch ein antisemitisches Statement – wörtlich: &bdquo;Juden ruit (plattdeutsch: raus)! Wie begeistert unser Hannes für die Lösung des Judenproblems ist, beweist sein hier wiedergegebener Ausspruch, der einem gesunden Volksempfinden entsprang.“ – Die Bürener Karnevalisten zeigten sich im siebten Jahr der nationalsozialistischen Machtübernahme mitten im NS-Gedankengut verankert. Prinzengarde in hohen Stiefeln Am Rosenmontag setzte sich der Zug um 13.59 Uhr von der Schützenhalle aus in Bewegung. In Szene gesetzt waren mit Storch und Kinderwagen der Bevölkerungszuwachs durch die neue Bebauung auf der Schanze. Die Bürener feierten mit einem weiteren Wagenmotiv, dass die Molkerei mit einem Bauplatz von Siddinghausen hierher ziehen würde. Und die Karnevalisten witzelten über Fremdenverkehrsanstrengungen in der staubigen Zementstadt.Ein besonderer Augenschmaus war die Prinzengarde in schicken Uniformen und hohen Stiefeln. Angeführt wurde sie von Else Pauly (1922-2000, verheiratete Quante), der diese neun jungen Damen folgten: Britta Brand, Hilde Roggenbach, Berti Grebe, Lisbeth Kaup, Else Dorls, Ulla Lomb, Maria Kramps, Fine Sitzer und llse Rotthoff. Rosenmontagsumzug auf Film festgehalten Der Rosenmontagszug 1939 wurde nicht nur in vielen Fotos festgehalten, sondern von der Familie Steltmann auch in einem Acht-Millimeter-Film über 14 Minuten. Der Heimatverein hat ihn bereits vor Jahren digitalisiert und somit für die Nachwelt erhalten. Der Bürener Prinz Heinz Dorls (1911-1942) überlebte den Zweiten Weltkrieg übrigens nicht, er starb als Soldat in der Schlacht um Stalingrad. Bildgalerie: Historie: Bürens letzter Rosenmontagszug So facettenreich wie das närrische Treiben 1939 auch in Zeitungswerbung für Maskenbälle des Männergesangvereins, der Eisenbahner und der Kriegerkameradschaft dokumentiert ist, so wenig ist über einen Karnevalsumzug im Jahre 1900 bekannt. Ein altes Schriftstück dokumentiert immerhin den Antrag des damaligen Vereins, nennt Namen der beteiligten Akteure und die geplante Wagenfolge.

Meistgelesen