Tödliche Kugelbomben-Explosion im Kreis Paderborn – kurzer Arrest für Verkäufer

Bad Lippspringe/Bad Wünnenberg. Fünf Menschen kamen in der Silvesternacht deutschlandweit ums Leben. Einer von ihnen ist ein 24-Jähriger aus Bad Wünnenberg. Beim Zünden einer sogenannten Kugelbombe, deren Einsatz allein ausgebildeten Experten gestattet ist, wurde der Vater einer zwei Jahre alten Tochter auf einem Feld bei Geseke buchstäblich zerrissen. Gekauft hatte er den Feuerwerkskörper mit einer Explosivmasse von rund 680 Gramm bei einem 19-Jährigen aus Bad Lippspringe. Dieser musste sich jetzt vor dem Jugendschöffengericht Paderborn verantworten - wegen mehrerer Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz. Die Zuschauerbänke sind bereits zum größten Teil besetzt, als Manuel R. (Name geändert) kurz vor Verhandlungsbeginn zusammen mit seinem Verteidiger den Gerichtssaal betritt. Als eine Journalistin eine Filmkamera auf ihn richtet, hält er sich rasch eine braune Mappe vor das Gesicht. Auch im Verlauf der Verhandlung ist das Auftreten des 19-Jährigen sehr zurückhaltend. Und so überlässt er zunächst das Wort seinem Verteidiger. Die Anklage von Staatsanwalt Kai Uwe Waschkies sei zutreffend, sagt Maximilian Steinert. Dort hat dieser vor allem notiert, dass Manuel R., ohne über eine entsprechende Ausbildung und Erlaubnis zu verfügen, kurz vor Weihnachten gezielt unter anderem sechs Kugelbomben und andere Feuerwerkskörper für 2.000 Euro gekauft, eigens in Leipzig abgeholt und anschließend über den Messenger Snapchat auch Abnehmer gefunden hatte. In einem Punkt seien die Vorwürfe aber unzutreffend, sagt Steinert. Seinem Mandanten sei die Gefährlichkeit seiner Ware nicht bewusst gewesen. 19-Jähriger empfinde tiefe Reue und Trauer Fragen, etwa zu seinen Lieferanten, will Manuel R. nicht beantworten. Er wendet sich lieber an die Verwandten und Freunde des 24-Jährigen und verliest ein Schreiben, das er verfasst hat. Darin ist von &bdquo;tiefer Reue und Trauer“ die Rede und davon, dass der Verlust eines Menschenlebens mit nichts wiedergutgemacht werden könne. &bdquo;Ich nehme den Vorwurf sehr ernst und muss für meine Taten die Verantwortung übernehmen“, bilanziert der 19-Jährige. Mehr zu diesem Thema: Tod an Silvester: Bad Lippspringer soll 14 Menschen illegale Böller verkauft haben Und so kann das Schöffengericht seine Beweisaufnahme kurz halten. Um sämtlichen Beteiligten - und sicherlich auch den Zuhörern - einen &bdquo;Eindruck zu vermitteln, über was wir hier sprechen“, beschreibt die Vorsitzende Richterin kurz und knapp, was auf den vielen Fotos zu sehen ist, mit denen das schreckliche Geschehen in der Silvesternacht dokumentiert wurde. In einem Umkreis von 80 Metern seien noch Teile des Leichnams gefunden worden, sagt sie. Hinweise auf der Kugelbombe Wenig später zitiert sie die Hinweise, die auf der Kugelbombe unübersehbar und in deutscher Sprache zu lesen waren. Da ist die Rede davon, dass der Gebrauch lediglich Experten gestattet ist, die über eine behördliche Erlaubnis verfügen, und dass ein Sicherheitsabstand von 112 Metern eingehalten werden muss. Für das Verfahren ist das ein wichtiger Aspekt. Denn diese Aufschrift, diese deutlichen Warnungen hätte auch der 24-Jährige wahrnehmen und befolgen müssen. Lesen Sie auch: Tödliche Explosion von illegaler Kugelbombe in Geseke: 19-Jähriger festgenommen Deshalb könne sein Tod &bdquo;juristisch und rechtlich“ nicht dem Angeklagten zur Last gelegt werden, sind sich die Prozessbeteiligten einig. Und verhängt das Jugendschöffengericht schließlich - wie von Staatsanwaltschaft und Verteidigung unisono beantragt - einen Schuldspruch wegen unerlaubten Erwerbs und unerlaubter Weitergabe von explosionsgefährlichen Stoffen. Zwei Wochen Dauerarrest ordnen die Richter entsprechend einer Empfehlung der Jugendgerichtshilfe an. &bdquo;Wir hatten hier nicht wegen fahrlässiger Tötung zu entscheiden“, betont die Vorsitzende in ihrer Urteilsbegründung. Moralisch weiterhin mit seiner Tat auseinandersetzen Allerdings müsse sich der Angeklagte moralisch weiterhin mit seiner Tat auseinandersetzen. Ein Aspekt, auf den zuvor auch Staatsanwalt Waschkies in seinem Plädoyer hingewiesen hat. &bdquo;Hätte der Angeklagte nicht die Kugelbombe aus dunklen Kanälen beschafft, würde ein Mensch noch leben“, so der Ankläger. Zwar folgte das Gericht der Auffassung von Verteidiger Steinert, dass der junge Mann die Gefährlichkeit seiner Ware trotz der unübersehbar aufgedruckten Warnhinweise unterschätzt habe, aber es richtete den Fokus auch auf das Ziel des Angeklagten: &bdquo;Sie wollten Geld verdienen.“ Tatsächlich wurden bei der Durchsuchung im Zimmer von Manuel R. knapp 3.000 Euro Bargeld gefunden. Diese Summe soll die zwei Jahre alte Tochter des Verstobenen erhalten als Schadenswiedergutmachung, auch wenn die Vorsitzende Richterin abschließend feststellt: &bdquo;Man kann mit Geld nicht gutmachen, was da passiert ist.“

Meistgelesen