Vom Schwimmlehrer zum innovativen Tech-Unternehmer

Bad Lippspringe. &bdquo;Ich bin ein ungeduldiger Mensch", sagt Rudolf Broer mit einem Schmunzeln. Bei dem Unternehmer aus Bad Lippspringe hat sich diese Eigenschaft aber eher positiv ausgewirkt. Denn diese Ungeduld treibt ihn an. Er ist ein Macher, hat viele Ideen, die er auch umsetzen will – auch gegen Widerstände. Das hat auch dazu geführt, dass der heute 62-Jährige ein wechselvolles Berufsleben hatte. Aber irgendwie passte eins zum anderen. Der gelernte Starkstrom-Elektriker war Schwimmlehrer, später Therapeut im Bereich der Behindertenhilfe und seit nun 25 Jahren ist er Geschäftsführer der Firma RTB (Rehabilitations-Technik Broer), die sich zum führenden Anbieter für moderne Lösungen in der Straßenverkehrstechnik entwickelt hat – weltweit. Mit einer Therapiepraxis in die Selbstständigkeit Fast in seinem gesamten Berufsleben hat es sich Broer zum Ziel gesetzt, behinderten Menschen zu helfen oder sie zu unterstützen. Der erste Berührungspunkt war in den 1970er Jahren im Hövelhofer Hallenbad, wo der aus Schloß Neuhaus stammende Broer als Schwimmtrainer arbeitete. &bdquo;Eltern haben mich gefragt, ob ich auch ihre behinderten Kinder trainieren könnte. Da habe ich gemerkt, dass mich die Arbeit mit behinderten Menschen interessiert", erinnert sich der fast zwei Meter lange Mann. Er hat sich dann spezialisiert und in Marburg zum Orientierungs- und Mobilitätstrainer ausbilden lassen. Damit hat sich Rudolf Broer auch vor 39 Jahren selbstständig gemacht und eine Therapie-Praxis in Bad Lippspringe eröffnet. Besonders hat er sich damit beschäftigt, die Mobilität blinder Menschen zu verbessern. &bdquo;Ich habe mir schon oft den Kopf gestoßen, weil ich so lang bin. Wie oft muss das erst Blinden passieren? Da hatte ich die erste Idee – ich habe ein Ultraschallgerät für Blinde in Auftrag gegeben", beschreibt Broer die Anfänge seiner 1996 gegründeten neuen Firma, die sich fortan auf Rehabilitations-Technik spezialisierte. "Ich habe über 400 Blinde ausgebildet" Und es kamen viele weitere Ideen hinzu – etwa Ampeln hörbar zu machen oder sie mit Tastern auszustatten. Vieles wurde im Laufe der Jahre optimiert, wie etwa der erste berührungslose Ampeltaster. &bdquo;Ich habe über 400 Blinde ausgebildet und 39 Jahre Erfahrung damit", nennt Broer einen ganz entscheidenden Vorteil. Denn er weiß, was blinde oder behinderte Menschen brauchen. RTB brachte weitere Innovationen auf den Markt. Die Firma wuchs und gehört aktuell mit 130 Mitarbeitenden zu den Big Five in Bad Lippspringe. Es blieb aber nicht bei Produkten für behinderte oder blinde Menschen. Rudolf Broer macht sich immer Gedanken, was man rund um den Verkehr optimieren könnte. So produziert seine Firma auch Lösungen für Lärm- und Temporeduzierung oder Verkehrszählung, stellt Parkscheinautomaten her und beschäftigt sich intensiv mit der E-Mobilität. Bei allen Neuentwicklungen hat Broer aber immer auch die alltäglichen Probleme der Behinderten im Hinterkopf: &bdquo;Barrierefreiheit ist heute das absolute Muss." Bei den Produkten von RTB wird zudem großen Wert auf Qualität und Design sowie Benutzerfreundlichkeit gelegt. Großauftrag in Hong Kong war der Durchbruch Und schon lange ist RTB ein international agierendes Unternehmen. Ein Großauftrag in Hong Kong sei 2003 der große Durchbruch gewesen. Seit dem seien die Produkte aus der Kur- und Badestadt in mehr als 30 Ländern auf mehreren Kontinenten im Einsatz. Tendenz steigend. Seit sieben Jahren hat RTB auch zwei Standorte in Kanada, einen an der West- und einen an der Ostküste. Sechs Mitarbeiter sind von dort aus für den nordamerikanischen Markt zuständig. &bdquo;Die Nachfrage nach den Parkscheinautomaten ist dort groß. Jetzt kommen noch die Taster und Akustikampeln hinzu", erklärt Matthias Rieger, der seit Oktober 2020 als zweiter Geschäftsführer fungiert. Aufgrund der Unternehmensgröße hat Broer einen Mann an seine Seite geholt, der vor allem für die Finanzen zuständig ist. Neben der Zentrale in Bad Lippspringe gibt es auch eine Niederlassung in Kamen. Dort ist die technische Entwicklung mit 25 Mitarbeitenden angesiedelt. Integration ist gut für das Betriebsklima Und Broer wäre nicht Broer, wenn er behinderte Menschen nicht schon lange mit ins Boot nehmen würde. &bdquo;Leider gibt es immer noch ein falsches Weltbild, was Behinderte leisten können", bricht er eine Lanze für die Integration auch in der Berufswelt. Das Zusammenspiel von nicht-behinderten und behinderten Menschen funktioniert in seinem Unternehmen schon seit 17 Jahren. Erst nur als Kooperation und seit 2008 arbeiten Menschen vom Integrationsbetrieb Integ aus Bad Driburg fest in den Produktionsräumlichkeiten von RTB. &bdquo;Das tut dem Betriebsklima gut, wir haben so eine gesunde Mischung und es herrscht eine positive Rücksichtnahme", sagt der Firmenchef, der bei Integ auch die Rechtsnachfolge von Computer-Pionier Heinz Nixdorf angetreten hat. Parkplätze passend für jede Größe Zum Silberjubiläum hat die Firma gleich zwei Innovationen in der ohnehin schon prall gefüllten Erfindertasche. Zum einen rüstet RTB aktuell eins der modernsten Parkhäuser in Deutschland mit intelligenten und vor allem effizienten Parklösungen aus. Am Frankfurter Flughafen können mit Hilfe einer von RTB entwickelten Software Lichtsignale so gesteuert werden, dass Stellplatzgrößen verändert werden. &bdquo;So kann man die Parkplätze individuell anpassen für zum Beispiel Behinderte oder Familien, die eine große Stellfläche benötigen. Man kann schon bei der Einfahrt die gewünschte Größe drücken. Und bald auch mit dem Smartphone, denn Parkscheinautomaten sind ein Auslaufmodell", weiß Broer. Aktuell ist RTB an einem Forschungsprojekt vom Bund beteiligt. Im Mittelpunkt von Car-to-X stehe dabei das autonome Fahren. Um das sicher zu ermöglichen, müsse ein Auto mit anderen Fahrzeugen und der Infrastruktur kommunizieren können, erklärt Rudolf Broer, der sich in 25 Betriebsjahren nie auf irgend etwas ausgeruht hat und immer neue Wege beschreiten will – er ist halt ein ungeduldiger Mensch.

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