Bad Oeynhausen. Erinnerungen an die Besatzungszeit hat Ilse Hahne viele. Die heute 90-Jährige weiß noch genau, wie die Amerikaner am 3. April 1945 mit ihren Panzern durch die Stadt fuhren. „Vom Fenster unserer Wohnung sahen wir, dass auf einem Wagen vorne auf der Kühlerhaube unser damaliger Bürgermeister mit hinter dem Kopf gefalteten Händen saß und mit angelegtem Gewehr bewacht wurde.“ Aber auch an die Räumung der Innenstadt, in der die Familie eine Pension führte, kann sie sich erinnern.
Vom Fenster aus beobachtete Ilse Hahne die Soldaten. Sobald sich die Gardine etwas bewegt habe, sei sofort das Gewehr zu ihnen herumgeschwenkt worden. „In unseren ehemaligen Pensionszimmern nahmen wir die Nachbarn auf, die von den Amerikanern aus ihren Häusern vertrieben worden waren und nichts mitnehmen durften“, erzählt Ilse Hahne, deren Mutter damals die Pension Hahne am Westkorso führte und deren Vater ein stadtbekannter Architekt war.
„Fünf Tage nach den Amerikanern übernahmen die Engländer die Stadt. Morgens um 9 Uhr durfte eine weibliche Person für eine Stunde zum Einkaufen gehen.“ Ilse Hahne erinnert sich, dass sie einmal von zwei Dunkelhäutigen bis zur Haustür verfolgt wurde. „Danach habe ich mich immer anderen Leuten angeschlossen, weil ich als junges Mädchen Angst hatte, alleine weg zu gehen.“
Hauptquartier im Königshof
Vier Wochen später, Anfang Mai 1945, wurde die Stadt geräumt. „Wer keine Unterkunft nachweisen konnte, wurde von den Engländern irgendwo untergebracht“, erzählt Ilse Hahne. „Wir fanden zunächst eine Bleibe bei Verwandten in Kirchlengern, später dann zwei Zimmer in Bad Oeynhausen.“ Jeden Tag sei sie mit ihrem Fahrrad zur Arbeitsstelle nach Bünde gefahren. „Die Engländer gestatteten uns nur, das Nötigste an persönlichen Dingen mitzunehmen.“ Möbel mussten bleiben. „Die konnten wir später – meistens kaputt – auf dem Möbelfriedhof wiedersuchen – natürlich gegen Bezahlung.“ Alles wurde eingezäunt. „Nur das Personal, das beim Engländer arbeitete, durfte gegen Vorlage eines entsprechenden Ausweises hinein.“ Das Hauptquartier der Rheinarmee sei damals im Königshof gewesen. „In der Besatzungszeit brannten das schöne Holz-Badehaus an der Herforder – damals Adolf-Hitler-Straße – und die Altstadtkirche ab.“
1951 sei dann ihr Vater in der Evakuierung verstorben, erzählt Ilse Hahne. Das Letzte was er gesagt habe: „Ob man wohl in seiner Heimat sterben kann?“ Er hat es nicht mehr geschafft. Denn erst 1954 wurde die Stadt wieder freigegeben. „Die Häuser wurden sehr stark renovierungsbedürftig von den Engländern zurückgelassen und es dauerte lange, bis sie wieder hergerichtet waren.“