Bahn nach Bremen: Diepholzer Landrat sieht Land und Bund am Zug

Rahden/Diepholz. Fachleute setzen auf die Wiederbelebung der Bahnstrecke von Rahden nach Bremen. Der Bund stellt nach Angaben des FDP-Politikers Frank Schäffler Zuschüsse für eine Machbarkeitsstudie in Aussicht. Der Diepholzer Landrat Cord Bockhop befasst sich ebenfalls mit dem Sulinger Kreuz und würde eine Wiederbelebung begrüßen. Für den Landkreis Diepholz allein aber ist das aus Sicht des Landrates eine Nummer zu groß. Cord Bockhop sieht andere Partner am Zug – und übt scharfe Kritik an der Deutschen Bahn AG. Die Bahnlinien des Sulinger Kreuzes sollten aus Sicht von Wissenschaftlern der Fachhochschule Köln und der Uni Kiel wiederbelebt werden. Volker Stölting aus Köln hatte in einer Studie herausgearbeitet, dass der Nutzen einer Bahn-Wiederbelebung deren Kosten übersteige und deshalb zu einer vertiefenden Machbarkeitsstudie geraten. Ein Bahnanschluss sei für Mittelzentren und die Entwicklung auch des ländlichen Raums von immenser Bedeutung, hatte Axel Priebs (Kiel) erklärt. Während Volker Stölting und Axel Priebs zur Wiederbelebung des kompletten Sulinger Kreuzes mit den Linien Rahden–Bassum und Diepholz–Nienburg raten, hat der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VdV) wenig Aussichten für den Abschnitt Sulingen–Nienburg. Der VdV bevorzugt die Nord-Süd-Verbindung und damit Rahden–Bassum–Bremen. Diese Strecke solle auch elektrifiziert werden. Strecke solle auch elektrifiziert werden Eine Region müsse hinter der Wiederbelebung einer Bahnstrecke stehen, sagt Ralf Uekermann. Er ist Leiter für den Bereich Eisenbahn-Projekte, Trassenmanagement und Betriebsplanung bei der Bentheimer Eisenbahn AG. Die Bentheimer Eisenbahn hat ihren Personenverkehr zwischen Bad Bentheim und Neuenhaus vor drei Jahren mit Erfolg wiederbelebt. Nun sollen Personenzüge künftig sogar bis ins niederländische Coevoerden fahren. Der Landkreis Grafschaft Bentheim und seine Kommunen stehen hinter der Bahn. In dem Punkt sehen Befürworter der Wiederbelebung des Sulinger Kreuzes im Landkreis Diepholz noch allerhand Luft nach oben. Von einem überschaubaren Engagement des Landkreises Diepholz ist die Rede. Das will Landrat Cord Bockhop (CDU) so nicht stehen lassen. Ein überschaubares und strukturiertes Engagement sei besser als ein chaotisches und undurchdachtes. Landrat Bockhop: &bdquo;Trassen sind immer Gold“ Der Landkreis Diepholz habe sich mit der Sicherung der Bahntrassen befasst, sagte Bockhop im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. &bdquo;Trassen sind immer Gold wert.“ Eine Trasse nachträglich herzustellen – da sei immer eine 1.000-jährige Eiche oder ein Einfamilienhaus im Weg. Einstimmig habe der Kreistag Diepholz beschlossen, die Trassen des Sulinger Kreuzes zu erhalten. So ist es auch im regionalen Raumordnungs-Programm (RROP) des Landkreises verzeichnet. Laut den Gutachtern habe der Landkreis Diepholz damit mehr für die Trassensicherung getan, als er habe tun müssen, betonte der Erste Kreisrat Jens-Hermann Kleine. Der Landkreis habe das im Vergleich zu anderen sehr gut bearbeitet. Der Landkreis mache, was er auf der Planungsebene machen könne, machte Cord Bockhop deutlich. Kritisch setzt er sich mit dem Begriff &bdquo;Region“ auseinander. &bdquo;Ich sehe nicht die Region, nur weil dort Straßen oder Schienen durch führen.“ Straßen und Schienen würden verbinden. &bdquo;Aber die Frage ist, ob wir eine Region sind.“ Der Landkreis Diepholz habe gute Kontakte zu den niedersächsischen Nachbarkreisen und auch zum westfälischen Kreis Minden-Lübbecke. &bdquo;Die Region“ als gemeinsamer Lebensraum und gemeinsame Identität – das habe er so nicht wahrgenommen. &bdquo;Standardisierte Bewertung“ in der Vergangenheit richtig? Es gebe Überschneidungen und Notwendigkeiten. Bei länderübergreifenden Verkehrsverbindungen gehe es aber nur mit dem Land – oder den Ländern. &bdquo;Gegen das Land kann das nicht funktionieren“, so Bockhop. Aus seiner Sicht ist es zweifelhaft, ob hinsichtlich einer Bewertung einer Bahnstrecke die sogenannte &bdquo;Standardisierte Bewertung“ in der Vergangenheit richtig war. Bahn-Befürworter haben immer wieder bemängelt, dass bei diesem Verfahren Ballungsräume und ländliche Regionen über einen Kamm geschoren wurden. Das soll geändert werden. Die Bedingungen hätten sich verändert, gibt auch Cord Bockhop mit Blick auf die große Politik zu bedenken. Auf sachlicher Grundlage müsse eine Standardisierte Bewertung für das Sulinger Kreuz erfolgen. Grundlast für Güterverkehr ist notwendig Dass ein Mittelzentrum von der Bahn profitiere, das sei eine Binsenweisheit, sagte Bockhop. Das sei bekannt. Abarbeiten müsse man sich an Zahlen, am Standardisierten Verfahren. Die bisherigen Gutachten allein hätten für ihn wenig Wert, so Bockhop. Aussagen von Firmen, auf die Bahn zu setzen und sich deswegen anzusiedeln, die hätten Wert. &bdquo;Es muss wirklich abgeklopft werden, wie groß das Interesse ist.“ Solche belastbaren Aussagen wie in Hoya fehlten ihm derzeit für Rahden–Bassum. Es brauche eine langfristige Grundlast beim Güterverkehr und beim Personenverkehr. Und wenn es nur Güterverkehr wäre, dann sei das auch nicht schlimm. Bockhop: &bdquo;Güterverkehr kann auch anders fahren als auf Autobahnen und Bundesstraßen. Aber kann ich das als Landrat oder als Bürgermeister darstellen?“ &bdquo;Und wenn eine Strecke über zwei Länder geht, müssen sich zwei Länder einigen. Das kann ich nicht als Kommune“, merkte Landrat Cord Bockhop an. Er sieht Land und Bund gefordert. Hat aber auch Skepsis, was das Land angeht. Vor der Weltausstellung Expo im Jahr 2000 in Hannover habe es geheißen, dass andere Regionen wegen des Ausbaus des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in der Region Hannover zurückstehen müssten. Nach der Expo sollten andere Regionen zum Zuge kommen. Damals hätten deswegen alle wegen des Nachteils für den ländlichen Raum in die Tischkante gebissen, aber wegen des Versprechens zugestimmt. "Verlassen uns auf Versprechen" Bockhop: &bdquo;Auf dieses Versprechen verlassen wir uns – und hoffen, dass wir nicht verlassen sind.“ Der Landkreis ist dabei bei der Verkehrsgesellschaft Grafschaft Hoya. Auf deren Gleisen läuft neben sommerlichen Touristik-Verkehr stetiger Güterverkehr für das Unternehmen Smurfit Kappa in Hoya. Bei der Linie Rahden–Bassum dagegen fange man bei Null an. Da müsse man mehr bieten als die Aussicht, dass hier mal wieder Züge fahren würden. Zudem kommt die Wiederbelebung dieser Strecke aus Sicht von Cord Bockhop einem Neubau gleich. &bdquo;Dafür brauche ich Geld, dafür brauche ich Auslastung.“ Denkbar sei auf der Strecke autonomes Fahren &bdquo;hin und her“. Aber die EU habe noch nicht über das Haftungsrecht entschieden. Autonomes Fahren halte er persönlich auf der Trasse für machbar. Die sei dann aber abgetrennt und für das Netz nicht mehr verfügbar, räumt Bockhop ein. &bdquo;Die Deutsche Bahn denkt nicht langfristig“ Bockhop schaut, was die neue Landesregierung macht. Er ist dem Aktionsbündnis Bahnstrecke Bünde–Bassum (AEBB) dankbar für die Hinweise auf frühere und zuletzt gescheiterte Pläne der Deutschen Bahn AG, Teile des Sulinger Kreuzes zu verkaufen und zu entwidmen. Die DB hatte den Landkreis Diepholz darüber nicht informiert. Die Kritik des Landrates am bundeseigenen Konzern ist scharf. Monopolartige Struktur wie Bahnlinien gehörten nicht in private Hände. Die DB benehme sich nicht wie ein Infrastruktur-Betreiber in staatlichen Besitz, sondern wie ein Betrieb, in dem Mitarbeiter Flächen verkaufen wollten, um Prämien zu kassieren. Die DB benehme sich wie ein Unternehmen, dem die Quartalsgewinne wichtiger seien als die Daseinsvorsorge. &bdquo;Das ist ein Fehler. Die DB denkt nicht langfristig.“ Das sei so, als würde er als Landrat Krankenhäuser schließen oder Straßen dichtmachen, an denen nicht viele Menschen wohnten. Bockhop: &bdquo;Da verstehe ich den Bund nicht. Das ist ein Systemfehler.“

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