Neonazis planen weiteres Konzert in Porta Westfalica: Bürgermeisterin will durchgreifen

Porta Westfalica. Erneut soll Veltheim Schauplatz eines Rechtsrockkonzerts werden: Der Neonazi-Liedermacher FreilichFrei wird nach Angaben des antifaschistischen Recherchekollektivs Ostwestfalen zusammen mit Rac Drummer am Samstagabend, 5. November, in der ehemaligen Gärtnerei am Sprengelweg auftreten. Das Konzert werde konspirativ und szeneintern im Internet beworben, heißt es. Bereits im Mai trafen sich an gleicher Stelle bis zu 100 Menschen aus der Neonazi-Szene für eine private Musikveranstaltung. Der überregional bekannte Mindener Neonazi Marcus W. und die Gruppe &bdquo;Mindener Jungs“ sollen diese Events organisieren. Doch diesmal will die oberste Bürgerin Portas dagegen vorgehen und die Rechtsradikalen nicht einfach gewähren lassen. &bdquo;Ich sitze das Problem nicht aus und ziehe alle rechtlichen Register, um dieses Konzert zu unterbinden“, sagt Bürgermeisterin Anke Grotjohann (Bündnis 90/Die Grünen). Die Juristin möchte prüfen, wie privat dieses Konzert wirklich ist und ob es nicht einen gewerblichen Hintergrund hat. &bdquo;Dann könnten wir eingreifen, anderenfalls wird es schwierig.“ Grotjohann will ihre Bürger und die Reputation Veltheims schützen. Laut des Recherchekollektivs Ostwestfalen sei die Gärtnerei am Sprengelweg aktuell die einzige bekannte neonazistische Konzertstätte im ostwestfälischen Raum. Grotjohann erklärt, dass &bdquo;sie so etwas nicht in Porta haben möchte“. Sie sei empört und wütend – und kündigt an, im November selbst vor Ort zu sein, um sich ein Bild von der Situation zu machen. "Keine Hinweise auf Straftaten" Der Leiter des Portaner Ordnungsamts, Detlef Brand, sagt, dass das Konzert bislang niemand angemeldet habe. Bei den Veranstaltungen zuvor – Beobachter sprechen von mindestens fünf Events seit 2018 – seien wohl keine Getränke sowie Essen verkauft und kein Eintritt verlangt worden. Insofern seien das Privatfeiern gewesen, bei der die Behörden keine Handhabe gehabt hätten, so Brand. Die Stadt Porta müsse sich ans Gesetz halten. Im Gebäude war das Ordnungsamt beim letzten Mal im Mai zur Kontrolle allerdings nicht, erklärt Brand. &bdquo;Wir haben aber zuvor den Brandschutz überprüft, da aber keine Mängel festgestellt.“ Brand verweist darauf, dass die vorherigen Konzerte verhältnismäßig ruhig abliefen und man keine Hinweise auf Straftaten und Ordnungswidrigkeiten erhielt. Das linke Recherchekollektiv Ostwestfalen sieht das anders und schreibt: &bdquo;Die Behörden sowie die Stadt Porta Westfalica haben es den Neonazis bisher sehr leicht gemacht, das ostwestfälische Hinterland als Rückzugs- und Veranstaltungsort zu nutzen.“ Die Deklarierung neonazistischer Konzerte wahlweise als Privatfeiern oder aber politische Kundgebung sei eine altbekannte Strategie, die kommerziellen und organisationalen Zwecke der Konzerte zu verschleiern. Das anonyme Kollektiv kritisiert, dass bei den Konzerten der letzten drei Jahre keine Kontrollen der Teilnehmer stattgefunden haben sollen. Weder seien die gespielten Lieder auf ihren Inhalt hin untersucht, noch der Verkauf von Fanmaterialien und Getränken überwacht worden, behauptet das Kollektiv. Staatsschutz ist informiert Für die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus OWL sei es unerträglich, dass in der Region erneut ein neonazistisches Konzert stattfinden wird, auf dem es permanent zur Glorifizierung des Nationalsozialismus samt seiner Ideologien und der Verhöhnung seiner Opfer kommen werde, während staatlichen Sicherheitsbehörden vorgeblich die Hände gebunden seien, teilt ein Mitarbeiter mit. &bdquo;Es bleibt mehr als unverständlich, warum die Veranstaltungen von den Sicherheitsbehörden als Privatfeiern behandelt werden.“ Auch die Polizei Minden-Lübbecke hat inzwischen Kenntnis vom Termin im November. &bdquo;Wir müssen prüfen, welche polizeilichen Maßnahmen dafür erforderlich sind“, sagt Sprecher Thomas Bensch. Noch wisse die Polizei wenig darüber, was dort passieren werde. Dazu stehe die Behörde im Austausch mit der Stadt Porta und warte weitere Erkenntnisse ab. Auch für die Polizei stellt sich die Frage, wie privat oder gewerblich das Konzert wird. Auf dem Schirm hat dieses Event auch der Staatsschutz. Zu weiteren Details möchte sich der zuständige Sprecher derzeit nicht äußern. Szene wird in Veltheim nicht wahrgenommen Eigentümer der Immobilie hat keine Handhabe Keine Handhabe dagegen hat der Eigentümer der Immobilie. Er wohnt nicht vor Ort, vermietet die unterschiedlichen Flächen der ehemaligen Gärtnerei an mehrere Parteien. Der vorbestrafte Mindener Neonazi Marcus W. soll dort einen Hobbyraum bezogen haben. Nach dem ersten Konzert wollte der Eigentümer 2018 das Mietverhältnis kündigen. Dann habe die Mietpartei Widerspruch eingelegt – und Recht bekommen, weil kein Eigenbedarf angemeldet wurde. &bdquo;Ich habe keinen Kontakt zu diesen Menschen und höre von ihnen nichts“, sagt der Mann im Gespräch mit dem MT. Zudem werde die Miete pünktlich gezahlt. In Veltheim selbst sind die Konzerte offenbar kein Teil des Ortsgesprächs. Die Szene werde nicht wahrgenommen, sei unauffällig und verhalte sich auch nicht kriminell, sagt Oliver Edler, Vorsitzender der Dorfgemeinschaft Veltheim. Er habe zwar etwas gegen diese Events und hätte sie auch gerne nicht hier, fragt sich aber auch, was man dagegen tun könne. &bdquo;Bislang ist auch niemand für einen Gegenprotest auf uns zugekommen.“ Auch der stellvertretende Bürgermeister Karl Erich Schmeding (CDU) wohnt in Veltheim. Von den Konzerten habe er bislang nie etwas mitbekommen. &bdquo;Davon erfuhr ich nur aus dem MT.“ Sänger huldigte NSU-Terroristen Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus OWL geht davon aus, dass der Veranstaltungsort in Veltheim für ein erhöhtes Prestige der lokalen Neonazi-Szene über Ostwestfalen-Lippe hinaus sorgt, so ein Mitarbeiter. Der Kreis Minden-Lübbecke werde auf die Karte einer bundesweiten, extrem rechten Erlebniswelt gesetzt. Der Experte ordnet ein: &bdquo;Für die neonazistische Szene bedeuten extrem rechte Konzerte einen wichtigen Rahmen, um sich untereinander zu vernetzen.“ Mit dem Getränke- und Fanartikelverkauf würden sie Gelder einnehmen. &bdquo;Sie leben ihre Ideologien und den damit verbundenen Kameradschaftsgedanken zumindest für einen Abend aus.“ Bei dem im November auftretenden Sänger FreilichFrei handelt es sich um einen Neonazi aus Zwickau. Er widmete den NSU-Terroristen Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos das Lied &bdquo;Das Haus wird abgerissen“. Darin erwähnt er eine &bdquo;hübsche Nazimaus“ und huldigt die Drei als die &bdquo;größten unserer Zunft“. Die Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds ermordeten zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin.

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