Bandidos-Rocker aus dem Mindener Raum klagt nach Razzia und fordert Kutten zurück

Minden. Das Symbol zeigt einen Mexikaner mit einem Sombrero, einer Schußwaffe und einer Machete. Der &bdquo;Fat Mexican“, wie die Figur in der Szene heißt, war lange Zeit das Zeichen der weltweit agierenden Rockergruppe Bandidos und auf den Rücken der Mitglieder zu sehen. Im Sommer 2021 ließ der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Organisation &bdquo;Bandidos MC Federation West Central“ (BMC) unter anderem wegen einer Schießerei in der Kölner Innenstadt sowie kriminellen Aktivitäten verbieten und ordnete Razzien an. Wie erst jetzt bekannt geworden ist, hat es eine solche Durchsuchung auch im Mindener Raum gegeben. Das Landeskriminalamt schlug bei einem führenden Mitglied, einem sogenannten Präsidenten, auf und inspizierte sein Anwesen. MT-Informationen zufolge soll der Rocker bislang strafrechtlich nicht aufgefallen sein. Vor dem Mindener Verwaltungsgericht klagte er allerdings mit seinem Anwalt Peter Jahn unter anderem deswegen, weil die Beamten drei seiner Kutten beschlagnahmten und er diese zurückhaben möchte. Am Ende bekommt er in einem Punkt Recht, die Westen muss das Landeskriminalamt (LKA) jedoch nicht rausrücken. Das MT hat sich den juristischen Streit genauer angeschaut. Worum geht es im Kern in der Klage? Aufgrund eines richterlichen Beschlusses schlugen die Ermittler am 1. Juli 2021 beim Rocker mit zahlreichen Kräften auf. Sie fanden bei ihm nichts Verbotenes, was Relevanz für ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gehabt hätte. Dafür entdeckten sie jedoch drei Rockerkutten, wie aus der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts zu entnehmen ist. Auf den Westen befanden sich Aufnäher mit den Aufschriften MC, President oder National. Einige Tage später beschloss das Bundesinnenministerium am 7. Juli 2021 das Verbot der Vereinigung BMC Federation West Central einschließlich seiner Teilorganisationen. Die Beamten beschlagnahmten in dem Zuge auch das Vermögen des Vereins und sahen in den Kutten des Minden-Lübbeckers einen Teil dessen. Das Bandidos-Mitglied behauptet jedoch, dass er sie selbst gekauft und nicht ins Vermögen überführt habe. In der Klage argumentiert der Rocker außerdem, dass die Beamten die Kutten bereits eine Woche vor dem Verbot einzogen. Der damalige Durchsuchungsbeschluss decke die Sicherstellung oder Beschlagnahme der Kutten nicht ab, begründet er weiter. Inwieweit sie als Beweismittel in einem vereinsrechtlichen Verfahren von Bedeutung hätten sein können, erschließe sich nicht, heißt es in der Klage. Ähnlich wie bei Nazi-Devotionalien sei der Besitz der Kutten nicht strafbar, folgert der Anwalt des Rockers. Anders wäre es, wenn er sie getragen hätte. Welche weiteren Argumente hat der Rocker und was fordert er? Der Rocker behauptet, dass er bereits im Mai 2021 nicht mehr Mitglied des verbotenen Vereins gewesen sei. Er habe sich vielmehr der erlaubten Nachfolgeorganisation angeschlossen und sollte dort &bdquo;National Vice President“ werden, was der stellvertretende Leiter einer Ortsgruppe, genannt Chapter, ist. Insgesamt fordert er das Land Nordrhein-Westfalen dazu auf, die sichergestellten drei Kutten herauszugeben und festzustellen, dass die Mitnahme rechtswidrig war. Was entgegnen das LKA und das Land NRW? Naturgemäß sehen sie das anders und teilen mit, dass bei der Beschlagnahme ausschlaggebend sei, wenn der Gegenstand - wie hier die Kutten - ein vom Verein gewolltes einheitliches Auftreten seiner Mitglieder fördere. Darüber hinaus belegt das Land, dass der Mann aus dem Mühlenkreis damals durchaus Mitglied der verbotenen Organisation war. Die Behauptung, er sei seit Mai 2021 aus dem BMC ausgetreten, sei unzutreffend, so das Land. Dies folge aus einer im Zuge des vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahrens beim sogenannten El Secretario Europe sichergestellten Mitgliederliste, heiß es. Abgesehen davon seien die Kutten mit den auf ihnen angebrachten Symbolen Erkennungsmerkmal der Gruppe und würden damit dem Interesse des Vereins dienen. Aufnäher mit den Bezeichnungen &bdquo;Mid Region“, &bdquo;North Region“ oder &bdquo;South Region“ seien beim Mitglied aus dem Kreisgebiet nicht angebracht gewesen. Diese Rockergruppen verbot der Staat nämlich nicht, das Bundesverwaltungsgericht erkannte 2023 bei diesen keine Nachfolgeorganisationen der Federation. Zu welchem Ergebnis kommt das Verwaltungsgericht Minden? Die 11. Kammer zweifelt im Urteil vom Ende Mai daran, dass der Mann zum Zeitpunkt der Razzia nicht mehr Mitglied der später verbotenen Organisation war, und verweist auf die sichergestellte Mitgliederliste. Aus der Sicht der Richter hätte er die Kutten etwa bei einem Ausstieg aus der Federation zurückgeben müssen. Für das Gericht ist es unerheblich, dass er die Kutten selbst gekauft habe und sie sich im privaten Raum befunden haben. Die Richter zählen sie zum Vereinsvermögen und kommen am Ende zu dem Ergebnis, dass es keinen Anspruch auf Herausgabe gebe und die Beschlagnahme rechtmäßig war. Die Westen würden die &bdquo;verfassungswidrigen Bestrebungen der verbotenen Vereinigung“ fördern, so die Richter. Nach Ansicht der Kammer waren die Kutten bei den Rockern kennzeichnend für ein geschlossenes Auftreten nach außen. Dadurch sollte ein gemeinschaftliches einheitliches Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit demonstriert werden. Neben der streng hierarchischen Struktur hätten die Mitglieder mit einheitlichen Motorrädern und Kleidung eine für die Rockerkriminalität typische Drohkulisse aufgebaut, die der Einschüchterung diente, bilanziert die Kammer. In welchem Punkt gibt die Kammer dem Rocker Recht? Sie übt Kritik an der Arbeit der Ermittler, wenn auch nur am formellen und bürokratischen Ablauf bei dieser Razzia. Der Rocker bekam erst Ende Dezember 2021, ein halbes Jahr nach der Durchsuchung, den Sicherstellungsbescheid. Darauf ist dokumentiert, dass die Behörde die Westen einkassiert hat. Diesen Bescheid hätte der Rocker vor oder zumindest zeitgleich mit der Razzia und Beschlagnahme erhalten müssen, so das Gericht und wertet das als rechtswidrig. Wie geht es jetzt weiter? Für den Rocker ist die Entscheidung ein Teilerfolg vor Gericht, auch wenn er die Kutten nicht wiederbekommen hat. Mit dem Urteil übernimmt das Land die Hälfte der Klagekosten. Das Verwaltungsgericht hat eine Berufung zugelassen, der Rechtsstreit wird wohl am Oberverwaltungsgericht Münster weitergehen. Angaben zu seinem Mandanten, dem genauen Wohnort und Details zur Razzia gibt Anwalt Peter Jahn nicht preis. Bei diesem Verfahren geht es seiner Meinung nach vor allem darum, festzustellen, was der Rechtsstaat alles dürfe und wo er eine Grenze überschreite.

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