Fleischlos glücklich? So denken Betreiber von Mensen und Kitas über die rein vegetarische Ernährung

Minden. Das Thema Nachhaltigkeit ist zwar in aller Munde, Kinder interessiert es in der Regel aber nicht die Bohne, ob das, was sie essen, gesund oder ökologisch vertretbar ist. Ihnen muss es schmecken – zur Not mit Ketchup. Und auch vielen Erwachsenen schmeckt das, was sich die Stadt Freiburg aktuell ausgedacht hat, nicht wirklich – Nachhaltigkeit hin oder her. Dort soll in Schulen und Kitas in öffentlicher Trägerschaft ausschließlich ein vegetarisches Einheitsmenü angeboten werden. Der Vorstoß löste eine kontroverse Debatte aus, einige sorgen sich um eine Mangelernährung der Kinder, andere sind überzeugt, dass mit einer rein vegetarischen Ernährung gestiegene Kosten erst recht nicht ausgeglichen werden können, wie es die Stadt Freiburg plant. Auch in Minden wird der Beschluss kritisch betrachtet. Das Mindener Tageblatt hat sich umgehört, was Kitas und Catering-Betriebe zum Thema denken. &bdquo;Kinder sind Fleischesser“ &bdquo;Wir bemühen uns so klimaschonend wie möglich zu arbeiten“, sagt Norbert Borker, Inhaber vom Mindener Catering-Betrieb &bdquo;Erste Sahne“, der rund 80 bis 90 Kitas und Schulen mit Mittagessen versorgt. Das erste Problem sei allerdings, dass das Kochen an sich eine sehr energielastige Angelegenheit sei. &bdquo;Wir können nun mal nicht kalt kochen“, stellt Borker fest. Das zweite Problem sei, dass die Kunden die fleischlosen und damit nachhaltigeren Menüs nicht annehmen würden. Um von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zertifiziert zu werden, bietet der Catering-Betrieb seit einigen Wochen auch den entsprechenden Menüplan der DGE an, der pro Woche vier vegetarische und nur ein fleisch- oder fischhaltiges Gericht beinhaltet. &bdquo;Nicht einer unserer Kunden geht komplett auf die vegetarische Menülinie“, berichtet Borker. Seiner Meinung nach brauche das Umdenken Zeit. &bdquo;Das kann man nicht übers Knie brechen“, meint der Catering-Betreiber, der selbst von einem gesunden Mittelmaß überzeugt ist – schließlich würde auch Fleisch wichtige Nährstoffe liefern und das wichtigste sei, dass die Kinder die Gerichte auch essen. Mensa-Kunden bestellen überwiegend fleischhaltige Menüs Auch Thomas Hus propagiert, nicht öfter als ein bis zwei Mal pro Woche Fleisch zu essen. Das sagt der Geschäftsführer der Mensa Stiftung Minden, die rund 40 Kitas in Minden beliefert, unter anderem auch auf Infoveranstaltungen für Eltern und Kita-Träger. &bdquo;Die waren aber sehr schlecht besucht, da ist wenig Interesse“, so sein Eindruck, der sich mit der Tatsache deckt, dass auch die Mensa-Kunden zum größten Teil die fleischhaltigen Menüs bestellen. &bdquo;Das ist so“, bekräftigt Hus, der seit 30 Jahren im Geschäft ist, und auch meint: &bdquo;Kinder sind Fleischesser, auch wenn man sich das vielleicht anders wünscht.“ Zwar könne man ihnen auch panierte Fleischersatzprodukte unterjubeln, ob das allerdings ökologisch sinnvoller sei, bezweifelt er. Nach seiner Beobachtung habe sich der Fleischanteil im Essen in den vergangenen 30 Jahren mindestens um 50 Prozent reduziert, aber ganz auf Fleisch verzichten wollten die meisten Menschen nicht. Ausgewogen und vielseitig Während der AWO Bezirksverband OWL plant, in seinen Kitas langfristig ausschließlich vegetarische Gerichte anzubieten, um der Nachhaltigkeitsstrategie der gesamten AWO gerecht zu werden, können sich andere Einrichtungen nicht vorstellen, ausschließlich fleischloses Essen anzubieten. &bdquo;So sind wir nicht unterwegs“, sagt zum Beispiel Ulrike Barg, Fachberatung der Kitas vom Evangelischen Kirchenkreis, die sich schon wegen der Entwicklung der Kinder keine rein vegetarische Ernährung vorstellen könne. In den Kitas des Evangelischen Kirchenkreises, die von verschiedenen Anbietern mit Essen versorgt werden, teilweise aber auch eine eigene Köchin haben, setze man auf eine ausgewogene Ernährung. Zum Thema würden regelmäßig Gespräche stattfinden, die Eltern säßen dabei mit im Boot und auch die Kinder könnten mitentscheiden, was auf den Speiseplan kommt. Wichtig sei Ulrike Barg eine saisonale und regionale Ernährung. Auch in den drei Kindergärten des DRK ist eine rein vegetarische Ernährung aktuell kein Thema. &bdquo;Wir versuchen ein vielseitiges und gesundes Mittagessen anzubieten“, sagt Corinna Mertens, die beim DRK für die Kitas zuständig ist. Vor allem die Qualität solle stimmen. Das Thema Ernährung sieht Mertens, auch in Bezug auf die preisliche Gestaltung, in Kindergärten generell kritisch – und das würde ihrer Meinung nach durch einen rein vegetarischen Speiseplan, der höhere Kosten verursachen würde, noch schwieriger werden. Bioprodukte und bewusster Fleischkonsum Nur ein Mal pro Woche Fleisch oder Fisch gibt es in der Elterninitiative Kita Tausendfüßler. Dort kocht eine eigene Köchin, Obst und Gemüse kommen vom Biohof und die Milchprodukte und das Brot werden auch in Bio-Qualität angeboten. &bdquo;Wir haben uns ganz bewusst entschieden, den Fleischkonsum zu reduzieren“, berichtet Petra Rammelberg, pädagogische Leiterin der Einrichtung. Auch in der Elterninitiative Kindergarten Bollerwagen kocht eine eigene Köchin. Sie achte auf eine ausgewogene Ernährung der Kinder und probiere auch mal ganz bewusst Neues aus, wie Leiterin Ira Henneking sagt. Eine rein vegetarische Ernährung sei schon allein deshalb schwierig, da viele Kinder gerne Fleisch essen würden. Ihrer Meinung nach komme es dabei auf das richtige Maß an.

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