Flüchtlinge sollen in diesem ehemaligen Nazi-Gebäude in Lübbecke untergebracht werden

Lübbecke. Es zählt wegen seiner Geschichte zu den herausragenden Gebäuden in der Region. Die Anlage im Wiehengebirge oberhalb der Lübbecker Innenstadt wurde 1938/1939 von den Nazis als Gau-Schulungsburg gebaut. Nach 1945 wurde sie von den Briten genutzt. Das Church House in Lübbecke ist ein Symbol der jüngeren Geschichte. Nun sollen hier Flüchtlinge einziehen. Bürger aus Deutschland und dem Vereinigten Königreich setzen sich weiter dafür ein, dass im früheren Church House ein Stück europäischer Geschichte dokumentiert wird. Wenige Wochen vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges feierten die Hitler-Faschisten die Einweihung der Gau-Schulungsburg oberhalb des Lübbecker Schützenplatzes. Der fanatische NS-Kreisleiter Ernst Meyring war dabei, Alfred Meyer als Leiter des Nazi-Gaus Westfalen-Nord ebenso. Zweieinhalb Jahre später gehörte Meyer übrigens zu den Teilnehmern der Wannsee-Konferenz, bei der der millionenfache Mord an Europäern jüdischen Glaubens beschlossen wurde. Meyring und Meyer wollten die verbrecherische Nazi-Ideologie in der Gau-Schulungsburg Lübbecke nachfolgenden Generationen einpflanzen. Begegnungsstätte für traumatisierte Soldaten Am 4. April 1945 beendeten die Alliierten den faschistischen Terror und befreiten den damaligen Landkreis Lübbecke. Aus der Gau-Schulungsburg der Nazis wurde zunächst ein britisches Offizierskasino, zuletzt war die Anlage in den vergangenen Jahrzehnten bis Juni 2019 als Church House eine Begegnungsstätte, die etwa von traumatisierten britischen Soldaten aufgesucht wurde. Betrieben wurde sie vom Royal Chaplain’s Department. Im September 2019 gaben die Briten den Schlüssel für das Church House an den Bund ab und verließen Lübbecke. Seitdem bemüht sich die Bundesanstalt für Immobilien-Aufgaben (BImA) um den Verkauf des denkmalgeschützten Gebäudes. Um die Möglichkeit zu erhalten, bei Bedarf dort Flüchtlinge unterbringen zu können, hat die Stadt Lübbecke das Church House von der BImA angemietet. Daran erinnert Andreas Püfke, Pressesprecher der Stadt Lübbecke. Aktuell sei der Stadt das Gebäude mietzinsfrei überlassen. Erst wenn die Stadt das Gebäude tatsächlich belegen würde, werde ein marktüblicher Mietzins dafür fällig. &bdquo;Die dafür nötigen Investitionen gingen zu Lasten der Eigentümerin", merkte Püfke an. Nur das Erdgeschoss ist nutzbar Nach einer &bdquo;Inaugenscheinnahme und Prüfung" gehe die Stadt derzeit davon aus, dass ausschließlich das Erdgeschoss genutzt werden könnte, merkte Püfke an. Das würde die Kapazität auf maximal etwa 70 bis 80 Personen beschränken. Für eine Nutzung des Church House wären laut Püfke umfangreiche bauliche Maßnahmen erforderlich. Dabei gehe es &bdquo;weniger um Umbaumaßnahmen im Sinne des Wortes als vielmehr um eine brandschutztechnische Ertüchtigung für die spezifische Nutzung als Unterkunft". Dazu befinde sich die Stadtverwaltung im Austausch mit der Feuerwehr und Sachverständigen für Brandschutz. Selbstverständlich würden bei allen Überlegungen auch die Aspekte des Denkmalschutzes mit in Betracht gezogen, merkte der Stadt-Sprecher an. Fingerspitzengefühl erforderlich Andreas Püfke: &bdquo;Nicht nur aufgrund der baulichen Situation ist das Church House nicht unsere erste Wahl für die Unterbringung von Geflüchteten. Wir sind in den zurückliegenden Jahren sehr gut damit gefahren, die Menschen dezentral und in kleineren Gruppen vorzugsweise Familienverbünden unterzubringen, in eigenen beziehungsweise dafür angemieteten Immobilien." Welchen Einfluss hat die Stadt auf den Verkauf des Church House durch den Bund? Was dies angehe, sei zu unterscheiden zwischen dem eigentlichen Verkauf und der Nutzung beziehungsweise Nutzung der Immobilie, so Püfke. Grundsätzlich könne die BImA als Eigentümerin verkaufen, an wen sie wolle. Wichtiges Kapitel europäischer Geschichte Jede mögliche Nutzung hingegen müsste laut Püfke unter bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Aspekten mit der Stadt abgestimmt werden. &bdquo;Allen Beteiligten ist bewusst, dass dabei vor dem Hintergrund der Entstehungshistorie ein besonderes Fingerspitzengefühl gefragt ist", so der Sprecher der Stadt Lübbecke. Deutsche und Briten engagieren sich dafür, im Church House eine Begegnungsstätte einzurichten. In der könne an diesem besonderen Ort ein wichtiges Kapitel europäischer Geschichte vermittelt werden, wie aus Feinden Freunde wurden – und damit aus Briten und Deutschen Partner und Freunde wurden. Bürger aus Lübbecke und umzu fanden später bei den Briten Arbeit, es gab und gibt deutsch-britische Ehen und Freundschaften. Die Befürworter einer Gedenkstätte an diesem außergewöhnlichen Ort oberhalb Lübbecke würden auch einige wenige Räume und nicht die ganze Immobilie nutzen wollen, um ein darzustellen. Gute Idee ohne Mehrheit Menschen aus dem Vereinigten Königreich wie Diana Goldsworthy engagieren sich dafür, ihre Familienangehörigen hatten durch das Militär Bezug zu Lübbecke. Auch Bürger aus dem Lübbecker Land teilen diese Idee. Eine gute Idee ohne Mehrheit – auch bei Bundespolitikern fand die Initiative bisher kein Gehör. Für die Stadt Lübbecke ist eine Art Gedenkstätte oder Dokumentationszentrum bislang ohnehin kein Thema.

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