Deutlich weniger Teilnehmer bei Protest-Aktion in Lübbecke als angemeldet

Lübbecke. Parents for Future im Altkreis, Fridays for Future, Initiative pro Fahrrad Lübbecke und Runder Tisch Flüchtlinge - das waren die vier Organisationen, die sich am späten Freitagnachmittag anlässlich des bundesweiten Klimastreik-Tages auf dem Lübbecker Marktplatz versammelten. Und die anschließend durch die Innenstadt marschierten, um auf ihre Anliegen mit Schildern und Transparenten aufmerksam zu machen: den Schutz des Klimas und eine wirksame Klimapolitik. Dass statt der bei der Polizei angemeldeten 200 bis 300 Menschen keine einhundert zusammenkamen, machten die Teilnehmer mit Lautstärke wett. Es wurden Trommeln geschlagen und Parolen gerufen wie "Klimaschutz jetzt" und "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns das Klima klaut!". Auffällig war zudem der hohe Altersdurchschnitt der Teilnehmer. Die Jugend fehlte fast völlig. Extrem niedrige Wasserstände Schon im Vorfeld hatten Repräsentanten der beteiligten heimischen Organisationen einige Punkte deutlich gemacht. "Krieg in Europa, Gaspreiserhöhung, Inflation – es gibt derzeit eine Krise nach der anderen", darauf wies Gisela Bokämper-Lindstedt hin, die Initiatorin des Bündnisses und Aktive von Parents for Future im Altkreis. Aber so schlimm diese Probleme und die Folgen für die einzelnen Menschen auch seien: "Es darf uns nicht davon ablenken, dass uns mit der Klimakatastrophe noch das größte Problem bevorsteht", mahnt sie. Das betreffe zwar vor allem die nächsten Generationen. Doch der Klimawandel mache sich auch jetzt schon bemerkbar. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit waren das von anhaltender Trockenheit betroffene Wiehengebirge und extrem niedrige Wasserstände der Weser, aber auch überschwemmte Straßen und Felder in Kommunen wie Lübbecke und Hüllhorst. Fluchtbewegungen werden zunehmen Die Lübbecker Grünen-Politikerin Christiane Brune-Wiemer, die beim Runden Tisch für Flüchtlinge aktiv ist, sagt: "Überflutungen, Starkregen, Rekordhitzeperioden, anhaltende Dürren und Waldbrände erleben wir zunehmend auch in Deutschland." In Südamerika, in Teilen Asiens, Afrikas und sogar in Ländern wie den USA und Australien "sind die Auswirkungen jedoch viel erheblicher", erklärt Brune-Wiemer: "Immer mehr Menschen verlieren durch die Klimakatastrophe ihre Lebensgrundlage und müssen fliehen. Fluchtbewegungen werden daher immer stärker zunehmen“. Brune-Wiemer fordert globales Handeln ein. Erdgeschichtlich eine Explosion Warum ein sofortiges Handeln so dringend ist, erklärt Hans Wessel, der ebenfalls bei Parents for Future aktiv ist, so: "Über Millionen Jahre haben Pflanzen Sonnenenergie gespeichert, die sich darüber in Form von Kohle, Öl und Gas in der Erde abgelagert hat. Diese Energie verbrennen wir seit der Industrialisierung über einen Zeitraum von lediglich gut 100 Jahren. Erdgeschichtlich ist das eine Explosion“, bringt Wessel das Problem auf den Punkt und verweist auf das Pariser Klimaabkommen. In Paris hätten sich 2015 Deutschland und die EU zusammen mit 195 Staaten dazu verpflichtet, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, um zumindest die schlimmsten Auswirkungen einer weiteren Temperaturerhöhung zu verhindern. "Um das aber zu erreichen", fährt Wessel fort, "muss der CO2-Ausstoß auf 0 gesenkt werden, eine Marke, die Deutschland im Jahr 2045 erreichen will". Wessel zweifelt an, dass die aktuellen Klimaschutzmaßnahmen ausreichend sind. Experten gingen nach neuen Schätzungen davon aus, dass selbst das 1,5-Grad-Ziel nicht verhindern könne, dass globale Kipppunkte überschritten werden, die das Klima der Erde für die Menschen unumkehrbar verschlechtern. Wessel: "Ist der Eispanzer Grönlands einmal abgeschmolzen, lässt er sich durch Menschen nicht wiederherstellen", warnt er. Ausbau des öffentlichen Verkehrs Grünen-Politikerin Petra Spona, Sprecherin der in Lübbecke gegründeten Initiative pro Fahrrad, verweist darauf, dass im Verkehrssektor rund 20 Prozent der Treibhausgase in Deutschland produziert würden. "Statt aber durch eine beherzte Verkehrswende eine deutliche Reduktion einzuleiten, hat Deutschland selbst vom Jahr 2020 auf 2021 den Ausstoß im Verkehrssektor noch erhöht", kritisiert sie. Was nötig sei, sei bekannt, sagt sie und nennt "großzügige und systematische Investitionen in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowohl in den Schienenverkehr, als auch in den Busverkehr: "Mehr Bahnstrecken, deutlich höhere Taktung, einfache und günstige Tarife“. Gerade im Nahbereich müsse dafür gesorgt werden, &bdquo;dass die de fakto festgeschriebene Vorherrschaft des Autos zugunsten klimafreundlicher Fortbewegungsmittel, insbesondere dem Fahrrad, gebrochen wird". Politisch und privat aktiv werden "Zeit ist aber das, was wir definitiv nicht mehr haben", betont Gisela Bokämper-Lindstedt. Leider hätten noch nicht alle verstanden, "dass wir auf politischer wie privater Ebene aktiv werden müssen."

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