Volksfest-Stimmung: Wie Wurstmarkt und der verkaufsoffene Sonntag liefen

Lübbecke. Der Wurstmarkt wandelt sich immer mehr zu einem Markt für besondere Spezialitäten. Neben Schaffleisch und Wildfleisch gab es dieses Mal auch eine große Auswahl an Käse und anderen Leckereien. Am besten geht aber immer noch die leckere Bratwurst. Mit dem Wetter hatten die Organisatoren von Lübbecke Marketing am Samstag kein Glück. Zum Auftakt regnete es Bindfäden, trockene Stellen waren deshalb dicht umlagert.Trotz des Wetters war die Resonanz keineswegs schlecht. Und am Sonntag war es dann bei angenehmen Temperaturen voll im Herzen der Stadt. Lübbecke war das Ziel aus Nah und Fern – und zeitweise war es fast so voll wie auf dem Brockumer Markt. Der hätte am Wochenende gefeiert werden sollen, war aber abgesagt worden.Schweine werden nur für den Hofladen gezüchtet Am Samstag war es in den Geschäften teils voller als draußen. Gefragt waren Spezialitäten, aber auch leckeres Essen wie vom Hof Oevermann. Schon von weitem lockt der Geruch der Stippgrütze, von dem sich auch Birgit Schütte überzeugen lässt. Das wichtigste sei ein gutes Rezept – wie das vom Hof Oevermann: &bdquo;Hier am Stand schmeckt die Grütze richtig gut und wärmt auf“.Ein Lob, das Eric Hoepe vom Hof Oevermann gerne hört. Die Grütze werde traditionell nach einem alten Familienrezept gefertigt, das Fleisch komme vom Hof. &bdquo;Wir bieten hier an, was die Leute kennen und lieben: klassische, handgemachte Fleischwaren von den eigenen Schweinen, die wir rundum selbst verwerten.“ Laut Hoepe ist die Nachfrage nach regionalem Fleisch stark angestiegen, &bdquo;die Leute wollen wissen, wo die Produkte herkommt“.Betrieb will weniger Tiere haltenIn der Metzgerei von Hof Oevermann sei alles komplett regional und selbst gemacht. Das manches ein bisschen teurer ist, kann Hoepe natürlich nicht bestreiten. &bdquo;Wir haben vielleicht eine etwas andere Zielgruppe als die Kunden, die im Discounter Fleisch einkaufen. Bei uns kauft ein, wer gutes Fleisch aus eigener Produktion zu schätzen weiß.“Aktuell werden die Kapazitäten auf dem Hof sogar runtergefahren. &bdquo;Das Ziel ist, dass wir Schweine nur noch für den Hofladen und nicht mehr auch für den Schlachthof aufziehen“, sagt Hoepe. In Zukunft sollten die Schweine auf dem Hof &bdquo;ein noch schöneres Schweineleben“ haben.Wie das Bröseln von Käse verhindert wirdWer sich mit Stefanie Indu vom Feinkostvertrieb Niebuhr aus Gütersloh unterhält, wird mit tiefen Einblicken in die Lebensmittel-Produktion belohnt. Die Händlerin kann zu allem, was sie verkauft, eine Geschichte erzählen: zum Kaminwurz, der tatsächlich eine Zeit im Kamin hängt und zu ihrem Käse, der von Almbauern hergestellt wird. Natürlich hat sie auch Tipps, wie sich die Produkte am besten zubereiten lassen und dass der Käse bei Zimmertemperatur geschnitten werden sollte, &bdquo;weil er sonst bröselt“.Und die Salzkristalle, die im zwei Jahre gereiften Gouda zu sehen sind? &bdquo;Das sind Qualitätsmerkmale, die erst nach einer bestimmten Zeit des Reifens auftreten“, erklärt Indu. Wobei auch in diesem Fall nicht alles Gold ist, was glänzt: &bdquo;Im Supermarkt gibt es Käse, wo diese Salzkristalle künstlich erzeugt sind, damit es so aussieht als wäre er älter.“Lockdown gefährdete die ExistenzDie Waren, die im Feinkostvertrieb aus Gütersloh angeboten werden, seien alle handgemacht, darauf legt Indu großen Wert. &bdquo;Unsere Kunden schätzen das Handgemachte und wollen auf diese Weise auch die kleinen Betriebe unterstützen, die auf hergebrachte Art wirtschaften.“ Richtig gefreut hat sich Indu über die Nachricht, dass der Wurstmarkt in diesem Jahr wieder stattfindet. &bdquo;Wir leben ganz stark von Märkten. Als der Lockdown kam, war das für uns existenzgefährdend“. Das Problem: &bdquo;Weil wir mit kleinen Betrieben zusammenarbeiten, müssen wir die Waren immer ein Jahr früher bestellen und darüber Verträge abschließen.“Auch während Corona kamen regelmäßig neue Lieferungen, die aber keinen Abnehmer fanden. &bdquo;Wir sind dann auf Wochenmärkte gefahren, aber das war eher eine Art Schadensbegrenzung.“ Vieles habe man weggeben müssen und Hilfen vom Staat habe der Vertrieb auch nicht bekommen."Das ist einfach weltfremd"&bdquo;Ein Sachbearbeiter hat uns gesagt, dass wir unsere Waren ja auch woanders verkaufen könnten, etwa an Supermärkte.“ Aber um dort Fuß zu fassen, brauche man Kontakte, außerdem hätten viele Märkte langfristige Verträge mit ihren Lieferanten. &bdquo;Die Vorstellung, dass man da anklopft und die sagen: ,Toll, das machen wir’, das ist einfach weltfremd“, ärgert sich die Händlerin.Seit rund 14 Jahren kommt Indu nach Lübbecke. &bdquo;Mir gefällt es hier gut, das Ambiente und die Menschen.“ Auch der Verkauf sei, mit einigen Höhen und Tiefen, immer gut gewesen."Die Leute wollen in die Stadt"Einigermaßen zufrieden ist auch Peter Schmüser von Lübbecke Marketing. Zwar habe der Regen am Samstag manchen Besucher verschreckt, es sei aber &bdquo;Bewegung auf der Fläche“, &bdquo;die Leute wollen in die Stadt, das haben wir auch schon beim Late-Night-Shopping gemerkt“. Für die Einzelhändler sei das Wurstmarkt-Wochenende ohnehin sehr wichtig: &bdquo;Die Kunden können nach Winterkleidung gucken, aber auch nach ersten Weihnachtsgeschenken“. Entscheidend sei aber, &bdquo;dass durch den Markt noch einmal eine ganz andere Kundschaft nach Lübbecke kommt, auch aus den umliegenden Städten“. Warum verkaufsoffene Sonntage so wichtig sind&bdquo;Die Bedeutung eines verkaufsoffenen Sonntags in Mittelzentren wie Lübbecke ist essenziell“, sagte Britta Goertz vom Schuhhaus Meyer. &bdquo;Dann gibt es eine Kundenfrequenz, wie wir sie in der Woche nie genießen dürfen.“ Diese Frequenz sei der Herzschlag einer Innenstadt. Die Frequenz eines verkaufsoffenen Sonntags sei auch deshalb essenziell, damit die Fachhändler ihre fachkundige Beratung ausüben könnten, sagte Goetz. Derzeit sind in NRW verkaufsoffene Sonntage an Veranstaltungen gebunden. Diese Bindung aufzulösen wäre aus Sicht der Lübbecker Einzelhändlerin gut. &bdquo;Wäre es nicht an ein Fest gekoppelt, dann würden wir der Nachfrage der Kunden gerecht.“ Verkaufsoffene Sonntage könnten dann so stattfinden, dass sie sich am Bedarf der Kunden orientierten. &bdquo;Das ist zurzeit nicht möglich“, merkte Goertz an.Der Einzelhandel wolle die Kunden dort abholen, wo diese es wünschten – etwa dann, wenn Kollektionswechsel anstünden. Derzeit aber gehe das nicht wegen &bdquo;der alten, verstockten Regeln“, verwies sie auf die derzeit geltende Kopplung von Festen und verkaufsoffenen Sonntagen. &bdquo;Wir müssen uns an alte Traditionen klammern, obwohl der Wandel sehr stark ist.“

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