Freiheiten nur für vollständig Geimpfte?

Lübbecker Land. Mehr als jeder zweite Deutsche ist bisher mindestens einmal gegen Covid-19 geimpft, rund 44 Prozent sogar zweimal. Mit mobilen Impfteams ist jetzt auch das Impfzentrum in Hille in der Region auf Tour, um auf dem Weg zur Herdenimmunität möglichst viele Impfwillige zu erreichen. Unterdessen werden bereits Rufe nach Einschränkungen für Ungeimpfte laut. Die forderte beispielsweise Peter Heinz, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, weil Ungeimpfte eine Gefahr für die Gesellschaft seien. Die NW hat dazu Meinungen eingeholt. Deekes Quellenhof in Lübbecke, den Heike und Ralf Deeke vor gut eineinhalb Jahren übernommen haben, brummt. &bdquo;Wir sind seit Wochen ausgebucht, sowohl das Hotel als auch das Restaurant", freut sich Ralf Deeke. Auch Familienfeiern seien wieder angelaufen, es gebe praktisch jede Woche eine entsprechende Buchung. Einen Impfnachweis verlangt das Gastronomen-Ehepaar nicht von seinen Gästen. Auch Gäste, die nachweislich geimpft seien, machten es nicht zur Bedingung für ihre eigene Reservierung, dass die anderen Gäste geimpft seien, berichtet Deeke. Persönlich findet er es allerdings &bdquo;unverantwortlich", ein Impfangebot zu verweigern. Er und seine Frau seien doppelt geimpft und die Mitarbeiter auch. "Die Aufklärung ist nicht gut gelaufen" Auch Raumlüftung, ausreichende Abstände und das freiwillige Tragen einer Maske tragen zur Sicherheit bei. Das gelte für die Mitarbeiter wie für die Gäste, von denen zudem mindestens jeder zweite auch freiwillig die Luca-App nutze. &bdquo;Wichtig ist", betont Ralf Deeke, &bdquo;dass wir nicht wieder zumachen müssen. Das wäre eine Katastrophe." Der Rahdener Kinderarzt Wolfgang Adam hält nichts von einer generellen Impfpflicht, von drastischen Strafen oder Ausschluss von Menschen, die sich bewusst nicht impfen lassen oder sich aus verschiedenen Gründen nicht impfen lassen können. &bdquo;Es gibt aber das Hausrecht und somit können beispielsweise Kommunen, Freibäder oder Hotels entsprechende Regeln vorgeben." Die Quote derer, die nicht geimpft sei, liege bei rund 30 Prozent. &bdquo;Dazu gehören mit etwa zehn bis 15 Prozent die Kinder und mit 17 Prozent nicht Impfwillige", erklärt der Kinderarzt. &bdquo;Die Aufklärung ist nicht gut gelaufen, deshalb lassen sich nicht so viele impfen", ist sein Eindruck. Reiseveranstalter prescht voran Es müsse besser vermittelt werden, wie wirksam die Impfstoffe seien und dass es kaum Nebenwirkungen gebe. &bdquo;Wenn zwölf- bis 16-jährige Kinder geimpft werden wollen, muss man mit ihnen und ihren Eltern sprechen", so der 71-Jährige. Mit Moderna und Biontech/Pfizer gebe es gute, geeignete Vakzine. &bdquo;Das Virus ist jetzt auf der Mittelstrecke und wenn wir nicht nicht am Ball bleiben, sind wir spätestens im November wieder da, wo wir schon einmal waren", warnt Adam. Aktuell gibt es bereits einen Reiseveranstalter, der angekündigt hat, dass nur noch Geimpfte oder Genesene in den konzerneigenen Hotels absteigen dürfen, sagt Debora Knost, Teamleitung im First Reisebüro in Lübbecke. Der Veranstalter Alltours verschärfe in der kommenden Wintersaison seine Corona-Maßnahmen – allerdings erst einmal nur für die Allsun-Häuser, sagt die Reise-Expertin. Die gibt es vor allem im Mittelmeerraum. Der ist auch derzeit das beliebteste Reiseziel. Kaum Nachfrage für Nordafrika &bdquo;Griechenland ist der Renner." Für Spanien sei das Buchungsverhalten derzeit etwas verhaltener, da das Land erneut als Risikogebiet eingestuft wurde. Doch damit gingen kaum Einschränkungen einher, so Knost. Man müsse lediglich zusätzlich ein digitales Einreiseformular ausfüllen. Für die Sommerferien haben die meisten kurzfristig ihre Reise gebucht. &bdquo;Der Juni ist extrem gut gelaufen", sagt Debora Knost. Die Menschen seien &bdquo;wie ausgehungert" gewesen. Einzelne Hotels mit Impfpflicht seien sonst nicht im Programm und auch keine explizite Nachfrage danach. Kaum Nachfrage gebe es etwa auch nach den Zielen Ägypten, Marokko, Tunesien sowie auch nach Fernreisen. Dass Ungeimpfte nicht die gleichen Freiheiten wie Geimpfte genießen können, damit wäre Siegbert Wortmann, Chef des IT-Unternehmens Wortmann in Hüllhorst, durchaus einverstanden. &bdquo;Aber nur, sofern nicht in die persönlichen Rechte eingegriffen wird." Das wäre für ihn dann gegeben, wenn Ungeimpfte zum Beispiel nicht mehr überall einkaufen dürften. Dass Ungeimpfte im Supermarkt oder bei Veranstaltungen weiterhin eine Maske tragen müssen, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, kann er sich vorstellen. &bdquo;Das ist ja auch nicht wirklich eine Einschränkung, das machen wir alle ja schon monatelang." Er sieht darin auch keine Stigmatisierung. &bdquo;Denn wer sich nicht impfen lassen möchte, der kann ja auch dazu stehen", sagt der 65-Jährige. Getrennt voneinander arbeiten? Wenn Hotels Ungeimpfte abweisen, weil sie nach der wirtschaftlichen Flaute durch die Pandemie nicht mehr das Risiko eines Corona-Ausbruchs eingehen möchte, habe er auch dafür Verständnis. Oder wenn man ohne die Schutzimpfungen nicht mehr ins Ausland fliegen könne. Der 65-Jährige ist bereits zweimal geimpft und in seiner Firma gab es bereits ein Impfangebot für die Mitarbeiter, das sehr gut angenommen wurde. In seinem Unternehmen gebe es bislang keinerlei Einschränkungen für Ungeimpfte, aber man müsse schauen, wie sich die Infektionslage nun weiterentwickele. Dass Geimpfte und Ungeimpfte getrennt voneinander arbeiten müssen oder Mitarbeiter ohne Impfung die Kantine nicht mehr betreten dürfen, das ginge ihm persönlich zu weit. Vorstellbar sei aber schon, dass Ungeimpfte künftig auch weiter eine Maske tragen müssen, wenn sie von einer Abteilung in eine andere gehen. Und wie soll überprüft werden, wer geimpft ist und wer nicht? &bdquo;Da vertraue ich meinen Mitarbeitern." Siegbert Wortmann glaubt, dass Einschränkungen, wenn es sie denn geben sollte, ohnehin nur einen kleinen Teil der Bürger betreffen würden, weil sich die meisten Menschen doch impfen lassen würden. &bdquo;Was das betrifft, sind wir auf einem guten Weg."

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