Bei Familie Olschewski aus Lübbecke ist die digitale Zukunft schon Realität

Lübbecke. 18 Tonnen hebt der Gabelstapler, den Frank Olschewski im Schichtdienst beim Lübbecker Stahlhändler Besta bewegt. Und auch sonst ist der Blasheimer, der seine Frau Sandra in der Tonnenheider Hochzeitsmühle geheiratet hat, gern bosselt und Mitglied des TuS-N-Lübbecke-Fanclubs &bdquo;Red Devils" war, ziemlich bodenständig. Zu Hause jedoch ist der 44-Jährige völlig anders unterwegs - in einer Welt, die das Vorstellungsvermögen ziemlich auf die Probe stellt, weil sie nicht greifbar, in manchen Punkten nahezu unbegreifbar ist. So ging es auch dem 15-jährigen Sohn von Frank und Sandra Olschewski. Lionel sitzt in seinem Zimmer gerne vor seinen zwei Bildschirmen am PC und spielt - allein oder mit seinen Freunden - Online-Computerspiele. Wenn er zum Beispiel hoch oben auf einem modernen Traktor sitzt und Gülle ausbringt, muss er nur den Kopf ein wenig drehen, um die Perspektive vor sich zu verändern. Übertragen wird diese Bewegung durch seine Kopfhörer. Lenken und bedienen kann Lionel den virtuellen Traktor mit Hilfe dreier Fußpedale unter dem Schreibtisch und eines Lenkrades mit zahlreichen Tasten, das auf der Tischplatte vor ihm steht. PC ist täglich 14 Stunden eingeschaltet Auch wenn er bei Weitem nicht so lange spielt - das Spiele-Equipment in Lionels Zimmer war täglich bis zu 14 Stunden eingeschaltet. Wie viel Strom er damit verbraucht und welche Kosten dadurch entstehen, war dem Teenager nicht klar. Das wollte Frank Olschewski, für den Mathematik schon ein "Steckenpferd" war, als er noch selbst zur Schule ging, ändern: "Ich wollte bei unserem Sohn ein Bewusstsein für das Stromsparen wecken. Lionel sollte ein Gefühl dafür bekommen, wie viel Strom er beim Spielen verbraucht und was das kostet." Seitdem gilt im Hause Olschewski folgende Abmachung: Wenn Lionel seinen Eltern zur Hand geht - etwa die Geschirrspülmaschine ausräumt oder beim Holzhacken hilft - stellt sein Vater ihm dafür einen Teil des Taschengeldes als Krypto-Währung zur Verfügung. Mit diesem Guthaben, seinem Handy und einem QR-Code kann Lionel eine spezielle Steckdose freischalten, einen Prototypen, den sich sein Vater von dem in Hamburg und Berlin ansässigen Start-up "Pagi.io" besorgt hat und testet. Die Spezialsteckdose sei "wie eine digitale Brieftasche in meinem Besitz". Sie leitet exakt so lange Strom durch, "wie ich spielen will", erzählt Lionel - bis das virtuelle Wochenguthaben aufgebraucht ist: ungefähr 4,14 Miota, anders gesagt 4,14 Millionen Iota, das entspricht gut fünf Euro. Aktien waren nicht sein Ding "Aktien hatte ich auch mal, aber das war nicht mein Fall", beschreibt Frank Olschewski, wie er auf die Idee gekommen ist, sich mit Iota zu beschäftigen. Das ist ein Kommunikationsprotokoll mit Kryptowährung für einen Wertetransfer, entwickelt und bereitgestellt von der nach eigenen Angaben nicht gewinnorientierten Iota-Stiftung mit Hauptsitz in Berlin. Natürlich hätte er sich auch für andere digitale Zahlungsmittel wie Bitcoin oder Monero entscheiden können, die ohne Finanzinstitute auskommen. Doch die waren ihm nicht gut genug und auch zu teuer. Bei Bitcoin etwa dauert ihm die Transaktion zu lange, und auch die hohen gebühren stören ihn. Jeden Sonntag sehen sich Vater und Sohn den aktuellen Kurs ihrer Krypto-Währung an. Für die sieht Frank Olschewski ("Ich bin Iotianer und meine eigene Bank.") eine große Zukunft voraus: Wäre sein Auto mit der Kfz-Versicherung gekoppelt, könnte jede einzelne Fahrt versichert werden. Stellt er den Wagen auf einem öffentlichen Parkplatz ab, etwa am Gänsemarkt in Lübbecke, könnte die Parkdauer sekundengenau abgerechnet werden. Sein Fahrrad, ausgestattet mit Sensoren, die die Qualität der Luft messen und jede Erschütterung registrieren, könnte die gesammelten Daten an die Stadtverwaltung übermitteln. Die wüsste dann, wann sie zum Beispiel den Bauhof losschicken muss, um Schlaglöcher in einem Radweg zu beseitigen. Als Gegenleistung könnte die Stadt ihm dann eine Mikrozahlung über das dezentrale Iota-Netzwerk überweisen. »Nachhaltigkeit ist uns wichtig« Angesichts der ungeheuren Datenmengen "muss der Mobilfunkstandard 5G kommen", sagt Telekom-Kunde Frank Olschewski, der gerade einen Vorvertrag mit Greenfiber unterschrieben hat, denn: "Wir wollen das Glasfaserkabel bis ins Haus." Andere Entscheidungen haben er und seine Frau, die ihr Haus vor 15 Jahren in Blasheim gebaut haben, schon längst umgesetzt: Vor der Tür steht ein Elektroauto, auch zwei E-Bikes sind vorhanden, auf dem Dach sorgen Sonnenkollektoren für warmes Wasser, und eine Fotovoltaikanlage für Strom. Der Kaminofen ist an die Heizung angeschlossen, im Garten stellt eine Regenwasserzisterne sicher, dass nicht unnötig wertvolles Trinkwasser verschwendet wird. "Nachhaltigkeit ist uns wichtig", sagt Frank Olschewski. Der Blasheimer, der nebenberuflich eine "nahezu unzerstörbare Passwortplatte" aus Stahl für digitale Zahlungsmittel entwickelt hat, geht davon aus, dass sein Sohn "seinen Lohn irgendwann in Krypto-Währung ausgezahlt bekommt". Und was meint Lionel selbst zu all dem? Er lächelt, dann sagt er liebevoll: "Papa ist schon sehr speziell."

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