Unmut wegen religiöser Treffen - aber Gottesdienste können verboten werden

Lübbecker Land. In Teilen von Innenstädten gilt eine Maskenpflicht, für Handel und Gewerbe gibt es strenge Auflagen und das Gastgewerbe darf schon seit Anfang November keine Gäste mehr vor Ort bewirten. Präsenz-Gottesdienste sollen in Nordrhein-Westfalen aber weiterhin möglich sein. So wollen es NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und sein Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (beide CDU). Unter bestimmten Bedingungen aber wäre ein Verbot dieser Präsenz-Gottesdienste möglich. Rahdens Bürgermeister Bert Honsel (CDU) hatte vor wenigen Tagen scharfe Kritik an der neuen Allgemeinverfügung des Landes NRW geübt. Zudem hatte er Landrätin Anna Bölling (CDU) widersprochen, die gesagt hatte, die neue Allgemeinverfügung des Kreises sei mit allen Bürgermeistern abgesprochen. Mit ihm sei das nicht erfolgt, sagte Bert Honsel. Betriebe kämpfen um ihre Existenz, Kirchen dürfen öffnen Bert Honsel hat Verständnis für die Forderungen von Intensivmedizinern nach einem harten Lockdown, um die Kliniken angesichts steigender Coronafälle und der weiteren Verbreitung der britischen Mutante nicht zu überlasten. Der Ratsvorsitzende verwies aber auch darauf, dass sich in Deutschland seit dem Spätherbst des vorigen Jahres Vertreter der Wirtschaft, insbesondere des Einzelhandels in den zunehmend gebeutelten Innenstädten, des Gastronomie- und Hotelgewerbes und der Tourismusbranche, im Lockdown befänden. Menschen haben Sorge um ihre Existenz Sie kämpften um die wirtschaftliche Existenz und damit um das Überleben und böten seit Monaten Hygiene-Konzepte an, mit denen eine Öffnung der Wirtschaft möglich erscheine. Honsel erinnert daran, dass die betroffenen Gewerbetreibenden wegen der Existenzängste vermutlich oftmals auch gesundheitliche Einschränkungen erlitten hätten – so wie viele Bürger auch psychische Probleme bekämen. Honsel hatte die Erlaubnis für Präsenz-Gottesdienste scharf kritisiert und auf das zunehmende Unverständnis der Bürger verwiesen. Bundesrichter entschieden über Klage gegen Verbot Kreis und Land hatten in der Vergangenheit wiederholt auf das in Artikel 4 des Grundgesetzes genannte Grundrecht der Religionsfreiheit hingewiesen. Dieses Grundrecht ist unstrittig. Ein Präsenz-Gottesdienst ist eine Art, die Religionsfreiheit auszuüben – und unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Verbot rechtlich möglich. So hatte es das Bundesverfassungsgericht am 10. April vorigen Jahres entschieden (1 BvQ 28/20). Im vorliegenden Fall hatte ein Kläger ein Verbot von Präsenz-Gottesdiensten durch die hessische Landesregierung kippen wollen. Die zweite Kammer des ersten Senats wies die Klage allerdings ab – nach einer Abwägung der Folgen. Online-Gottedienst kann Eucharistie nicht kompensieren Der Kläger katholischen Glaubens hatte argumentiert, dass &bdquo;die gemeinsame Feier der Eucharistie nach katholischer Überzeugung ein zentraler Bestandteil des Glaubens ist, deren Fehlen nicht durch – nach wie vor zulässige – alternative Formen der Glaubensbetätigung wie die Übertragung von Gottesdiensten im Internet oder das individuelle Gebet kompensiert werden kann". Vor diesem Hintergrund hatte die Kammer das Verbot von Zusammenkünften in Kirchen nach der Corona-Verordnung des Landes Hessen als überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit gewertet. Warum die Richter gegen den Antrag entschieden Wäre das Verbot des Landes Hessen aber außer Kraft gesetzt worden, hätten sich laut Gericht voraussichtlich sehr viele Menschen in Kirchen versammelt, gerade auch über die Osterfeiertage des vorigen Tages. &bdquo;Damit würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen nach der maßgeblichen Risikoeinschätzung des Robert-Koch-Instituts vom 26. März 2020 erheblich erhöhen, obwohl dies im Falle der Erfolglosigkeit einer Verfassungsbeschwerde durch ein Gottesdienstverbot in verfassungsrechtlich zulässiger Weise hätte vermieden werden können", hatten die Richter am 10. April 2020 entschieden und ausdrücklich festgestellt: &bdquo;Diese Gefahren blieben dann auch nicht auf jene Personen beschränkt, die freiwillig an den Gottesdiensten teilgenommen haben, sondern erstreckten sich auf einen erheblich größeren Personenkreis." Schutz für Leib und Leben hat Vorrang Derzeit warnen Wissenschaftler vor der britischen Corona-Mutante, im vergangenen Frühjahr warnten sie vor dem damals noch weitgehend unbekannten &bdquo;Original". Nach Auffassung der Richter damals hat &bdquo;der Schutz vor diesen Gefahren für Leib und Leben derzeit trotz des damit verbundenen überaus schwerwiegenden Eingriffs in die Glaubensfreiheit Vorrang vor dem Schutz dieses Grundrechts." Nach der Bewertung des Robert-Koch-Instituts sei es in der frühen Phase der Corona-Pandemie darauf angekommen, &bdquo;die Ausbreitung der hoch infektiösen Viruserkrankung durch eine möglichst weitgehende Verhinderung von Kontakten zu verlangsamen, um ein Kollabieren des staatlichen Gesundheitssystems mit zahlreichen Todesfällen zu vermeiden." Verbot muss immer wieder überprüft werden Die Richter verwiesen in ihrer Entscheidung vom 20. April 2020 auch darauf, das Verbot immer wieder vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung zu überprüfen und gegebenenfalls regional auch zu lockern. Die Richter wiesen abschließend darauf hin, dass Gleiches auch für andere Religionsgemeinschaften gelte, die durch das Verbot von Zusammenkünften vergleichbar schwerwiegend betroffen seien, weil für sie die gemeinsame Zusammenkunft ihrer Gläubigen ebenfalls ein zentraler Bestandteil ihres Glaubens sei.

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