Neues Leben in alten Schulen

Lübbecke. Schule, Notunterkunft für Flüchtlinge, Firmensitz - die frühere Realschule an der Jahnstraße - 1929 neu gebaut - hat bewegte Jahre hinter sich. Jetzt ist in die alten Klassenräume, die eine Zeit lang leer standen, nachdem Ende Juni 2017 der letzte Flüchtling verabschiedet worden war, wieder Leben zurückgekehrt. Mehr als 90 Prozent der ehemaligen Nutzungsfläche seien belegt, so der zuständige Dezernent der Stadt Lübbecke, Dirk Raddy. Drei Firmen haben die Jahnstraße 2 als Haupt- oder Nebensitz gewählt: Der Verein für berufliche Bildung (VbB) mit Berufsvorbereitung, Förderunterricht und CNC - Steuerung von Werkzeugmaschinen; das Profilingbüro Olaf Glaser mit Sprach- und Integrationskursen, assistierten Praktika und Bewerbungstraining sowie zuletzt Marlies Gäbe mit Trainingsangeboten in der ehemaligen Aula (Sportzone). Selbst die schwierig zu vermietende Aula ist seit Kurzem belegt Weitere Nutzungsanfragen für die letzten zehn Prozent der Gebäudefläche liegen Raddy zufolge nicht vor. Trotzdem, sagt er, sei die Verwaltung "mit der Auslastung als auch mit der Mieterstruktur sehr zufrieden". Die Bildungsträger seien in den Räumen "ideal untergebracht". Selbst die schwierig zu vermietende Aula habe inzwischen eine "angemessene Nutzung" gefunden. Detlef Kübler ist Weiterbildungsleiter am Standort Lübbecke. Der VbB sei seit 2000 hier und habe Räume im Modehaus Kolck an der Niedernstraße und ab 2003 im Kaufhaus Deerberg an der Langen Straße gehabt, bevor er 2018 in die Jahnstraße umzog. "Wir haben die notwendigen Umbauten mit den eigenen Mitarbeitern nach unserem Bedarf gemacht", berichtet Kübler und bestätigt Raddys Aussage: "Wir als Bildungsträger passen zur pädagogischen Landschaft und so ideal zur Jahn-Realschule. Man habe dort "super Möglichkeiten". Berufsvorbereitung, Aktivierungshilfen, ausbildungsbegleitende Hilfen, Förderunterricht für alle Berufe mit Ausbildungsvertrag und die Ausbildung zur CNC-Fachkraft bieten aktuell insgesamt mehr als 200 Teilnehmern einen Platz, zählt Kübler auf und sagt: "Wir würden gern ausweiten und mehr Flüchtlinge in die CNC-Ausbildung nehmen." Es gebe aber noch zu viele Fragezeichen, etwa zum Aufenthalt und zur Finanzierung. Auch Büsra Özdes, Standortleiterin des Profilingbüros Olaf Glaser, das in Lübbecke 178 Teilnehmer betreut, bestätigt: "Für uns ist der Standort ideal. Die Stadt ist ein angenehmer Vermieter." Durch den Ausbau der Kursangebote habe man mehr Platz benötigt. "Hier können wir alle Maßnahmen und Bildungsangebote unter ein Dach bringen", erläutert Özdes: Für das Jobcenter die Maßnahmen Jobaktiv und Aktivcenter, für die Agentur für Arbeit das Förderzentrum. Außerdem gibt es Sprach- und Frauenkurse. "Wir bilden ein regionales Bildungszentrum mit dem VbB, in dem sich der Verein um Menschen unter 25 Jahren und wir uns um Menschen über 25 Jahren kümmern", erklärt Özdes. Eingezogen ist das Profilingbüro in die Realschule im August 2017. In welcher Höhe die Stadt monatlich Einnahmen aus der Vermietung der Räume erzielt, ist nicht zu erfahren: "Zu vertraglichen Einzelheiten machen wir prinzipiell keine Angaben", so Raddy. Allerdings könne man sagen, dass die Vermietung des Gebäudes für die Stadt Lübbecke insgesamt wirtschaftlich "auskömmlich" sei. Pestalozzischule soll zu einer Kita umgebaut werden Für die vor 55 Jahren gegründete Pestalozzi-Förderschule an der Rahdener Straße, die in diesem Jahr den letzten Schülerjahrgang entlässt, zeichnet sich eine andere Nachnutzung ab. "Wir haben bei unserer Mitarbeiterbefragung einen Bedarf von circa 60 Plätzen ermittelt", sagt Maximilian Lehner vom Lübbecker Unternehmen IMA Holzbearbeitungssysteme. Wie der mögliche Betreiber Kita Concept aus Wuppertal hat IMA sich auf einen Umbau festgelegt und plant aktuell auch nur mit der Pestalozzischule. Das ist ganz im Sinn der Lübbecker Stadtverwaltung. Raddy: "Die Verwaltung schlägt vor, einen Teil des Gebäudes zu einer Kindertagesstätte umzubauen." Beschließen müssten dies der Stadtrat und die zuständigen Fachausschüsse. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch. Eine Umfrage der Neuen Westfälischen im Januar dieses Jahres hatte ergeben: Die meisten Fraktionen gehen davon aus und unterstützen auch, dass das Gebäude zu einer Kindertagesstätte umgebaut wird. Andere Vorschläge kamen hingegen von den Lübbecker Grünen. Die schlugen eine Nachnutzung als Wohnbaufläche für sozialen Wohnungsbau vor. Auch eine Außenstelle einer Fachhochschule sei dort denkbar, meinte Fraktions-Chef Heinrich Stenau. Damit hat die Verwaltung ein Problem. Laut Raddy ist die Fläche baurechtlich nicht für Wohnbebauung qualifiziert. Ein Umbau des Gebäudes zu Wohnraum scheide aufgrund der Gebäudestruktur aus. Ein Abriss und eine baurechtliche Umwidmung der Fläche seien zwar theoretisch möglich, aus Sicht der Stadt aber "wirtschaftlich unverantwortbar". Der abzuschreibende Gebäude-Restwert und die Abrisskosten würden Raddy zufolge grob geschätzt 1,5 Millionen Euro verzehren, noch bevor ein einziger Stein verbaut werden könne. Der zweite Vorschlag der Grünen scheint noch nicht über das Stadium der Ideenfindung hinausgekommen zu sein. Raddy: "Interessensbekundungen oder gar konkrete Anfragen von Fachhochschulen liegen uns nicht vor."

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