Lübbecke

Leichenfund in den USA gibt Rätsel auf - eine Spur weist nach Lübbecke

Bis heute ist unklar, wer der Tote ist

Exakter Auffindeort: Als die Polizei am 14. Dezember 2000 bei der Leiche eintrifft, hält sie die GPS-Koordinaten fest. Vor 16 Jahren gab es deutlich weniger Häuser im Südwesten von Albuquerque. Die Stadt gehört zu den am schnellsten wachsenden Städten der USA. | © Google Maps

Tyler Larkin
15.09.2016 | 16.09.2016, 16:23

Lübbecke. Die Auffindestelle liegt auf der Rückseite zweier Häuserzeilen. Ein vergessener Streifen Wüste zwischen Neubausiedlungen, ein Niemandsland inmitten der Zivilisation. Wahrlich kein Ort zum Sterben.

Als mehrere Moto-Cross-Fahrer an einem späten Nachmittag vor 16 Jahren dort unterwegs sind, gibt es kaum Häuser in der Umgebung. Am südöstlichen Stadtrand von Albuquerque (US-Bundesstaat New Mexico) gehen sie ungestört ihrem Hobby nach - bis die Leiche vor ihnen auftaucht.

Es ist 18.05 Uhr am 14. Dezember 2000, als die Polizei eintrifft. Sie finden einen jungen Mann vor, der tot auf der Seite liegt. Um ihn herum liegen persönliche Gegenstände aus seinem Rucksack - Taschenlampe, Feuerzeug, Klappmesser, Rasiercreme, Deodorant - aber weder Geldbörse noch Ausweispapiere. Abgleichungen der Fingerabdrücke bringen kein Ergebnis, auch die DNA-Probe läuft ins Leere. Bis heute weiß niemand, wer der Tote ist.

Ladeninhaber starb 2014

Leerstand: Im Rucksack des Toten fand sich ein Hinweis auf den seit 2014 geschlossenen Elektronikladen im Steinweg. - © Tyler Larkin
Leerstand: Im Rucksack des Toten fand sich ein Hinweis auf den seit 2014 geschlossenen Elektronikladen im Steinweg. | © Tyler Larkin

Doch ein Stück Papier aus dem Rucksack legt eine Spur direkt nach Lübbecke. Es stammt aus dem "Electronic Zentrum Lübbecke", einem kleinen Ladengeschäft am Rande der Fußgängerzone, und könnte Teil eines Kassenzettels oder Quittung sein. Die Adresse im Steinweg 2 hilft jedoch nicht weiter. Der Inhaber Rolf Schneider starb 2014, der Laden steht seitdem leer.

Wie wahrscheinlich ist es, dass ein amerikanischer Tourist den abseits gelegenen Laden, dessen Angebot sich vorwiegend an Elektronik-Bastler richtete, bei einem Besuch Lübbeckes betreten hat? Auszuschließen ist es nicht, aber bei dem Toten fanden sich offenbar auch Reisemagazine in deutscher Sprache. Eine Anfrage bei der Kreispolizei Minden-Lübbecke erbringt nichts Greifbares. "Derzeit gibt es keine Langzeitvermissten im Mühlenkreis", sagt Polizeisprecher Ralf Steinmeyer. Abgesehen von Karl Friedrich Meyer natürlich, der im Oktober 2012 spurlos aus Hüllhorst verschwand und wahrscheinlich Opfer eines Gewaltverbrechens wurde.

Das Ergebnis einer Anfrage beim Landeskriminalamt in Düsseldorf, wo Fälle von Langzeitvermissten in Nordrhein-Westfalen zentral bearbeitet werden, steht noch aus. Ebenso die Daten der Polizeidirektionen aus den angrenzenden Landkreisen Osnabrück, Diepholz und Bückeburg.

Zwischen 20 und 25 Jahre alt

Der damalige Bericht des Leichenbeschauers führt detailliert die Daten zum Toten und die Auffindesituation auf. Demnach war der Mann zwischen 20 und 25 Jahren alt, 1,85 Meter groß und 72 Kilogramm schwer. Braune Haare, braune Augen, keine Tattoos oder besondere Merkmale. Er trug eine dunkle Baseballkappe und graue Adidas-Schuhe in Größe 46. Sogar die GPS-Koordinaten der Auffindestelle sind dokumentiert. Nur zur Todesursache findet sich nichts in dem Bericht.

Ein Porträtfoto der Leiche zeigt ein junges Gesicht mit kurzen Haaren und geschlossenen Augen. Die Bekleidung - blaue Jeans, grünes Hemd, darunter ein weißes T-Shirt, weiße Socken - scheint unauffällig. Nur der pinkfarbene Gürtel sticht hervor.

Wie tief die Ermittler der Polizei von Albuquerque tatsächlich in den Fall eingestiegen sind, lässt sich aus der Ferne kaum klären. Doch im Identifizieren von Leichen haben sie Routine. Anfang Februar 2009 entdeckt der Hund einer Spaziergängerin ein menschliches Skelett am westlichen Stadtrand. In den kommenden Monaten tauchen in der gleichen Gegend die Leichen von insgesamt 12 Frauen auf, die zwischen den Jahren 2003 und 2005 verschwanden. Bis auf ein Opfer waren alle drogenabhängige Prostituierte. Der mutmaßliche Serienkiller erhielt den Namen "West Mesa Bone Collector", der Knochensammler von West Mesa, einem Stadtteil von Albuquerque. Bis heute gibt es keine Hinweise auf den Täter.

Da der unbekannte Tote aus dem Dezember 2000 nie identifiziert wurde, liegt er in einem anonymen Urnengrab. Da in den USA keine zentralen Einwohnermelderegister existieren, können Identitäten durchaus auch verloren gehen. In Deutschland dagegen müsste ein junger Mann, der plötzlich vom Radar verschwindet, Spuren hinterlassen.